Ninragon - Homunkulus
Khrival ging mit ihr. Gemeinsam hatten sie sich dann bei der Stadtmiliz Rhun beworben und sich schließlich den Turm an den Rock geheftet.
Vieles hatte sich seither verändert.
Eine gewaltige Nichtmenschenarmee war in das Herz Niedernaugariens eingefallen. Der Orden des Einen Weges und seine Geheimloge waren in den Aufstand getreten und hatten ihre wahren Farben gezeigt, indem sie sich auf die Seite der Kinphauren und ihrer Nichtmenschenallianz geschlagen hatten. Das bisher von jedem Gebildeten als unmöglich Geglaubte war geschehen: Menschen übten Magie aus.
Es gab sie tatsächlich, das, worüber jeder Gebildete die Nase gerümpft und was er als tiefsten Aberglauben gebrandmarkt hatte. Magie existierte, und der Orden des Einen Weges hatte sich für ihr Geheimnis und das Versprechen der Macht an die Kinphauren verkauft.
Etwas Weiteres bisher als unmöglich Geglaubtes war geschehen. Das Idirische Reich war besiegt worden. Die idirischen Kräfte mussten sich aus den Provinzen im Norden zurückziehen. Die neue Frontlinie zwischen Idirium und der Nichtmenschenallianz verlief jetzt weit südlich von Rhun.
Die Länder des Nordens waren nun nicht länger idirische Provinzen, sondern standen unter dem Namen »Niedernaugarisches Protektorat« unter Nichtmenschenherrschaft. Die Stadt Rhun wurde jetzt schon seit über drei Jahren von einem den Kinphauren willfährigen Gouverneur regiert.
Wer von der Reichsgarde nicht geflohen war, wurde geächtet und gejagt. Die Provinzgarde war aufgelöst worden. Einige von ihnen flohen ins freie Idirische Reich oder gingen in den Untergrund. Wer auch unter den neuen Herren im Dienst verbleiben wollte, ging entweder in die von den Kinphauren neu gebildete Protektoratsgarde oder in die Milizen der Städte und Regionen.
Histan Vohlt war so jemand gewesen, der als ehemaliger Leutnant der Provinzgarde in den Anfangstagen der neuen Ordnung der Stadtmiliz Rhun beigetreten war. Er musste zwar eine Herabstufung vom Leutnant zum Korporal hinnehmen, doch dass er dieses Opfer hingenommen hatte, war verständlich: Die neue Protektoratsgarde hatte nur noch wenig mit der alten Provinz- oder Reichsgarde zu tun, welche ihre Aufgabe darin gesehen hatten, die Sicherheit der Bevölkerung zu wahren. Die Protektoratsgarde hingegen war das unbarmherzige Instrument der neuen Herren.
Nur die Milizen waren zum größten Teil unangetastet geblieben. Selbst die neuen Herren brauchten Organisationen, die Ruhe und Ordnung in den von ihnen eroberten Gebieten aufrechterhielten. Unter welchen Herren auch immer, so sagte Danak sich, sie konnte noch immer dem Auftrag folgen, dem sie und Khrival sich damals verschworen hatten. Manchmal musste sie dafür Vorgesetzten vors Bein treten, aber das war schon immer so gewesen.
Jetzt war Khrival tot und ihr alter Milizhauptmann Vyrkanen (der inzwischen wohl zwei vollkommen blaue Schienbeine sein eigen nennen musste) war seines Amtes enthoben und durch einen den Kinphauren genehmeren Kandidaten ersetzt worden. Durch Kylar Banátrass, der ein Mitglied eben jener Loge des Einen Weges war.
Zu ihm war Danak, nachdem sie das Gelände der Ruine der Haikirion-Kirche verlassen hatte, gerade unterwegs.
Das Präsidium der Miliz von Rhun lag in dem alten Teil der Stadt, den man »die Gans« nannte, nicht in ihrem Kern sondern etwas abseits, direkt an der Grenze zu den Quartieren Rhun-Zentrum und Ost-Rhun. Das Gebäude war eines jener alten Stadtburgen, auch Kastelle genannt, die seit jeher den Charakter der Hauptstadt von Vanarand geprägt hatten. Dieses hatte vor langer Zeit einmal der Familie derer von Druvaran gehört, und so nannte man das Präsidium in der Bevölkerung noch heute zumeist nur die Druvernsburg. Kantig und schroff ragte sie mit ihren abweisenden Mauern und hohen Türmen aus dem sie umgebenden, miteinander verwachsenen Durcheinander von Gebäuden unterschiedlichster Epochen hervor.
Danaks Kutsche holperte über das Kopfsteinpflaster des dem Präsidium vorgelagerten Druvernplatzes. Sie selber holperte mit ihr und spürte so weniger das eigene Zittern. Durchgerütteltwerden war gut, die Bewegung alleine; sie hätte es kaum ausgehalten, still und steif hier im Wageninneren zu hängen, während alles in ihr kochte. Nachdem sie den Auftrag mit professioneller Ruhe zu Ende gebracht und es geschafft hatte, niemanden merken zu lassen, wie ihr vor Wut und Schmerz die Knochen gingen.
Krieg dich in den Griff! Einigermaßen zumindest. Dem neuen Milizhauptmann erst mal den
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