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Ninragon - Homunkulus

Ninragon - Homunkulus

Titel: Ninragon - Homunkulus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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legte sie auf die Tischkante, blickte zur Seite weg, zur Schmiedehalle hin.
    »Hört für dich nicht auf mit dem Krieg und mit den Opfern«, sagte er. »Der Krieg geht weiter. Dein Krieg in der Stadt und der Krieg da draußen. Rebellen gegen Spitzohren. Waffen und Blut. Und unsere bleiben auf der Strecke.« Er schlug knapp die Hand auf die Tischkante, dass der Staub im Sonnenlicht zum Fenster herein hochflirrte. »War eine gute Entscheidung, mit der Schmiede. Keine Waffen mehr. Hätten sonst nur noch mehr Blut vergossen. Mehr … Mainchauraik -Blut.«
    Athran-Mainchauraik, das Kinphauren-Wort für die Menschen.
    Es war seine Entscheidung gewesen, als die Kinder kamen, seinen florierenden Betrieb als Waffenschmied aufzugeben. Es hatte vom Zeitpunkt her gepasst. So konnte er zuhause bleiben und sich um Liova und später um Bernim kümmern. Die Aufträge wären danach ohnehin nur noch aus dem Lager der Kinphauren gekommen, und er wollte nicht, dass mit seinen Waffen Menschen getötet wurden. Wozu werden Waffen sonst gemacht?, hatte sie sich gedacht. Vielleicht war das einfacher zu vergessen, wenn man in der Stadt aufwuchs und nie im Krieg war. Aber vielleicht hatten die Kinder ihn ja auch verändert. Ihr sanfter Schmied.
    Ein Klirren ertönte von der Schmiede her.
    Ihre beiden Köpfe fuhren herum. Er stand schon auf.
    »Sind die wieder an den Ketten?« Sie war hinter ihm her.
    In der hallig-hohen, staubdurchflirrten Weite der Halle waren Liova und Bernim dabei, sich an den Kettenstrang zu hängen und sich davon herabbaumeln zu lassen. Bernim quiekte vor Vergnügen. Liova hing straff daran und war gerade dabei, sich weiter nach oben zu ziehen. Von den Kanten des Verschlags im Boden staubte es hoch, als die losen Kettenbündel rasselnd darüber streiften.
    »He, geht davon runter. Ihr könnt euch übel quetschen.« Sie griff sich Liova von der Kette, hob sie auf ihren Arm.
    Klann nahm Bernim beiseite, blickte nach oben ins Gebälk hoch, zog klirrend Seilzug und Räderwerk straff. »Ich hab’ gesagt, geht nicht an die Grube.«
    »Lass sie nicht alleine hier spielen, Klann. Auch wenn Liova auf ihn aufpasst. Liova ist noch klein. Sie kommt einem zwar manchmal älter vor, aber sie ist selber noch ein Kleinkind.«
    Er schaute vom Kettenzug zu ihr her. »Ich weiß. War nur wegen dir.«
    Das hatte sie schon verstanden. Und es zu würdigen gewusst.
    »Ist gut, Klann. Ich weiß, ich bin manchmal eine verdammte Glucke. Aber es kann so viel passieren. Ich sehe das jeden Tag. Und sie sind so verdammt unschuldig. Bei all dem da draußen.« – Für sie mache ich doch diesen Job.
    »Ich weiß«, sagte Klann. Er sah sie mit diesem Blick an.
    Sie sah so viel passieren jeden Tag. Obwohl sie nicht mehr im Krieg war.
    Es war heute wieder viel passiert. Khrival war tot.

4
    Der Engelsberg, das Ziel ihres Weges an diesem Morgen, kam zum ersten Mal in Sicht, als sie in Derndtwall über die Kuppe des Hügelzugs ritt. Während ihres Weges durch die hangabwärts laufenden Straßen zeichnete er sich in der Ferne über dem weiten Häusermeer in der Biegung des Flusses ab. Das Licht war klar und weich an diesem Herbsttag, fast wie ein ins Land des frühen Morgens einströmender Dunst.
    Auch auf dem ersten Teil ihres Weges durch Ost-Rhun blieb der Engelsberg wie eine Wegmarke vor ihr; der Verlauf der Nord-Marginale wies wie ein Pfeil auf ihn hin. Doch dann, als sie in das Labyrinth der engen, dunklen Straßen abbog, verlor sie ihn aus den Augen; er war nur noch in gelegentlichen Ausblicken zwischen Häuserzügen hindurch zu sehen. Erst hinter den Straßen der Innenstadt von Rhun, öffnete sich der Ausblick wieder, und er lag direkt und hochaufragend vor ihr.
    Heute im Licht eines Altweibersommermorgens machte der Engelsberg seinem Namen alle Ehre. Dieser schroffe Hügel mit seinen stellenweise vorspringenden hellen Klippen war schon immer, seit die Stadt Rhun und das Land Vanarand hieß, der Sitz der Macht gewesen. Ursprünglich hatte es dort nur die alte Burg gegeben, doch als das Land idirische Provinz wurde, kamen jene Gebäudeanlagen hinzu, die heute den Charakter des Regierungsberges prägten.
    Sie thronten auf der Kuppe des Berges wie ein Mahnmal von Macht und Herrschaft. Weitläufiges, ineinander geschobenes Mauerngewächs, langgestanzte Reihen spitzer Fenster unter überhängenden, dunklen, schindelgedeckten Dächern, dann wieder zusammengedrängte Gebäudeballungen mit tief sich duckenden Toreingängen, starrend vor speerartigen Türmen,

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