Ninragon - Homunkulus

Titel: Ninragon - Homunkulus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal

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Probleme mit Autoritäten. Darauf musste man achten. Das konnte man sogar zu seinen Gunsten einsetzen: sie beide im Grunde gegenüber den Kinphauren in der gleichen Position.
    Er stand von seinem Schreibtisch auf, trat zum Fenster hin und legte seine Faust auf das kühle Glas.
    Ein blaugraues Gewirr von Dächern erstreckte sich direkt unter ihm, miteinander verschränkt, ineinandergeschoben und verschachtelt, wie hingetupft mit den breiten, farbflirrenden Pinselstrichen dieser jungen, wilden Maler des Südens. Dahinter schoben sich die Klötze von Mietskasernen der post-konardäischen Gründerjahre allmählich zwischen die kleinteiligen Strukturen, und schließlich, weiter zum Fluss hin, Manufakturen, von denen bräunliche Rauchfahnen in den trüben Himmel stiegen. Dann, direkt am grauen, trägen Band des Flusses, dunkel wuchernd wie ein Schimmelfleck, das eng zusammengeschobene, sich übereinander türmende Labyrinth des »Gänsebauchs«, des alten Kerns des Quartiers der Gans.
    Leutnant Vorna Kuidanak war genau die richtige Wahl. Er entfaltete die Faust auf der Phanumscheibe, spreizte die Finger der Hand und fuhr mit ihr die verschwommene Linie des Horizonts entlang.
    Jetzt wo var‘n Sipach endlich seinen Plänen zugestimmt hatte.
    Diese Schlange hatte seinen Ankchoraik-Leibwächter nicht seiner Sicherheit halber mit in sein Büro gebracht. Statt ihn nur vor der Tür zu postieren. Nein, er war eine stumme Drohung, wie er die ganze Zeit dabei gestanden hatte. Du weißt, was dir blüht, wenn du mich hintergehst oder enttäuschst, das war die Botschaft gewesen. Und mit seinen Worten hatte er noch einmal klar und deutlich gemacht, dass er schnelle Ergebnisse bringen müsse. »Sie haben nicht alle Zeit der Welt, Hauptmann Banátrass Kylar.« So hatte var‘n Sipach in seinem gestelzten, überprononciertem Idirisch gesagt.
    Wichtig war, mit var‘n Sipachs Zusage war die Bahn für seine Pläne frei.
    Er würde seine zweite Chance bekommen. Nach dem Debakel im Tragent. Und er würde aus all dieser kinphaurischen Klanspolitik siegreich hervorgehen. Klan Vhay-Mhrivarn, der ihn für das alles als Sündenbock sehen wollte, hatte im Tragent nicht seinen Willen bekommen. Er hatte die Sache überlebt. Keine vom Klansrat abgesegnete Exekution.
    Die Verbindung mit var’n Sipach, dem Adjutanten des Heereskommandanten Vaukhan, dem Bevollmächtigten Beil des Roten Dolches, Klansrichter und -Exekutor des wahren Herrn von Rhun, hatte ihn gerettet. Var’n Sipach hatte ihn unter sein Eisen-Protektorat gestellt.
    Var’n Sipach war ein wahrhaft starker Verbündeter, zwar gefährlich und schwer berechenbar, doch in der Lage ihm Möglichkeiten zu eröffnen, die er auf anderen Wegen als Nicht-Kinphaure, nur schwer durchsetzen konnte.
    Klan Vhay-Mhrivarn sollte sich hüten, ihn als kaltgestellt zu betrachten.
    Sein Blick glitt hinüber zu den Felsenklippen des Engelsberges hin, mit den steinernen Symbolen einstiger vanareischer und idirischer Macht, Gebäuden, die jetzt von den bleichhäutigen Eroberern, seinen Verbündeten beansprucht wurden.
    Leutnant Vorna Kuidanak und ihr Kader würden ihm seine Ernte einfahren. Sie würden genau die schnellen Ergebnisse bringen, auf die var‘n Sipach drängte. Ihr Kader würde beweisen, dass die Pläne, die er mit der Miliz von Rhun hatte, funktionierten. Mit der Miliz von Rhun und dann, wenn alles gut ging, der gesamten Miliz der Städte und Regionen.
    »Die Kutte weiß viele Dinge. Die Kutte ist an vielen Orten.« Das waren die Leitsätze der Kutte gewesen, damals, als hier noch das Idirische Reich herrschte. Eine in bewusste Tiefstapelei gehüllte Drohung.
    Vielleicht war die Miliz kein allmächtiger Geheimdienst, der wie die Kutte an allen möglichen Orten unerkannt lauerte, der seine Informationen aus allen möglichen verdeckten Quellen zusammenzog, aber auch die Miliz konnte an viele Orte gehen, und vieles an Wissen zusammentragen. Sie konnten durch ihren Hintergrund und ihre Verbindungen vor allem Dinge tun, die andere nicht konnten. Die Kader, mit ihren speziellen Missionen und die ortsgebundenen Garden zu ihrer Unterstützung. Sie konnten dorthin gehen, wohin Kinphauren und andere Nichtmenschen nicht gehen konnten. Und dort unerkannt bleiben. Ein Kinphaure würde immer als ein Kinphaure erkannt werden. Selbst die Protektoratsgarde hatte eine bestimmte Witterung, ein bestimmtes Gepräge. Die Miliz dagegen kam aus dem Volk. Die Miliz hatte andere Netzwerke.
    Leutnant Kuidanak und ihr Kader