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Ninragon - Homunkulus

Ninragon - Homunkulus

Titel: Ninragon - Homunkulus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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die sich bisweilen zu Nestern drängten, sich wie schwarzes Dornengestrüpp in den mild durchklarten Himmel bohrten.
    Heute saßen fremde Eroberer hier auf der Kuppe an der Flussbiegung, dem Thron der Macht. Die Kinphauren waren in den Gebäuden des idirischen Provinzparlaments eingezogen. Die Überreste der alten Burg hingegen ragten wie ein träger, dunkel sich kauernder, erkerbewehrter Klotz am Rand dieser Anlage vor. Dorthin war Danak unterwegs.
    Danak stand jetzt vor dem Eingang zur alten Burg und blickte sich um.
    Sie trug heute Uniform, kein Zivil wie an einem üblichen Arbeitstag, wenn sie nicht unnötig auffallen wollten, sondern das Schwarz und Messing der Garde mit dem Turm am Rock, dem Abzeichen der Miliz: ein stilisierter Turm mit der Rhunskrone.
    Ihr Blick ging hinüber zu den massigen Portalpfeilern in dem schweren Wall, die den Eingang zum eigentlichen von den Kinphauren in Besitz genommenen Gebäudekomplex bildeten. Wächtergeister waren in diese Steinklötze eingelassen worden, fratzenhafte Steinbildnisse, die mit ihrer kalten, bohrenden Macht jedem Unbefugten den Weg ins Zentrum der Herrschaft verwehrten. Kinphaurenmagie. Sie war mit den Eroberern gekommen. Wie die Orben und die Wächterstreifen, die die Flucht ins Niemandsland verhindern sollten. Ein Großteil der Gebäudefluchten dort hinten, so wusste sie, stand ohnehin die meiste Zeit leer, da die Kinphauren es vorzogen, jeder Klan für sich, in den über die Stadt verteilten, von ihnen übernommenen Kastellen zu hausen. Ihre Aufmerksamkeit wandte sich wieder dem Gebäude vor ihr zu, dem Ziel ihrer morgendlichen Reise.
    Schon bevor Danak vor der alten Burg, dem heutigen Gouverneurspalast abgestiegen war und die Zügel ihres Pferdes einem herbeieilenden Pagen gereicht hatte, hatte sie erkannt, dass heute in diesem Gebäude etwas Ungewöhnliches vorging.
    Da war zum einen diese Kutsche.
    Irgendwie war es, als ob diese Dinger sie verfolgten. Diese war größer und herrschaftlicher. Ansonsten der gleiche Typ Wagen wie der gestern im Hof des Milizpräsidiums. Fast wie die Wagen der Kutte damals, mit dunklem Phanum verglaste Fenster, etwas andere Formen, genauso elegant, nur fremdartiger. Kinphaurenformen.
    Anders als gestern saß der Kutscher hier nicht wartend auf dem Bock. Er stand daneben, in Habachtstellung mit dunklem Drachenhaut-Kürass. Mit ihm noch zwei andere, gleich gekleidet und gerüstet, Kinphaurenschwert auf dem Rücken. Schwarz-rote Uniformen. Zu welcher Abteilung gehörten die? Klansschild? Dann müssten sie ein Klanswappen tragen, aber sie konnte keines erkennen. Dann vielleicht Verschworene eines Hauses, vielleicht Klingenstern, oder Bannerklingen?
    Hoher Besuch, das war klar. Aber wer mochte das sein? Und wenn der Besuch von drüben, vom Regierungssitz der Spitzohren her kam, warum sich dann die Mühe machen, die kurze Strecke in einer Kutsche zurückzulegen? Aus Sicherheitsgründen? Oder wollte die Person unerkannt bleiben?
    Sie sah sich um, noch auf der Straße stehend, Hände in die Hüften gestemmt, während der Page ihr Pferd fortführte. Der übliche Betrieb auf den Stufen vor dem Eingang. Aber etwas war anders. Wer aus dem Gebäude herauskam, wirkte irgendwie beklommen. Im Schatten des Eingangs, unter dem pfeilergetragenen Vordach, da, zwei Uniformierte standen seitwärts, an die Säulen gedrängt, fast in den Schatten versunken, die Gesichter bleiche Flecken unter den Helmen. Weitere Kinphaurenwachen.
    Na gut, dann würde sie sich das Ganze mal anschauen; hinein musste sie sowieso.
    Nein, die Wachen an der Kutsche trugen keine Klansfarben. – Keinerlei Klansfarben! Auffällig neutral. Besonders für Spitzohren, die doch immer genau herzeigen mussten, welchem Zweig, welcher Splittergruppe sie speziell angehörten. Merkwürdig.
    Forschen Schrittes stürmte sie die Freitreppe herauf; man sah sich nach ihr um. Sie war klar, sie war scharf wie eine Klinge. Frisch im Hauch des Morgens, der ihr um die Wangen blies. Gestern war gestern, das gehört weggepackt.
    Sie hatte sich an diesem Morgen über das Becken mit eiskaltem Wasser gebeugt, das Gesicht eingetaucht, beim Auftauchen die zerspritzende Wasserfläche angebrüllt und geprustet – huuah! – noch mal rein und nochmals, und sich dann so lange selber Ohrfeigen verpasst, bis sie nur noch rohes, wildes Jetzt spürte. Bis sie bereit war, für das, was vor ihr lag. Und beinah das vergessen konnte, was hinter ihr lag.
    Sie ging auf den Eingang zu. Kommt schon, bringt es auf’s

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