Ninragon - Homunkulus
ihr, dass der gute Vai Gau Nan sich bei den niedrigen Decken bücken und durch die Enge des Ganges zwängen musste.
Die Jinsai-Höhlen, wo die Abhängigen an ihren Pfeifen hingen und sich die Droge reinzogen, hatten sie hinter sich. Das kam schon irgendwie wie Routine, und nichts was sie da von ihrer Show abziehen konnte, hatte den Vastacken wirklich aufgebracht. Wenn er seinen Verstand gebrauchte, dann wusste er, dass er Danak und ihren Kader besser wieder ungeschoren ans Tageslicht kommen ließ. Dass sie am Leben blieb, war das einzige, was zwischen ihm und einer harten Eingreiftruppe stand, die die Gärten einer gnadenlosen Säuberungsaktion unterziehen würden. Und so etwas konnte einen Ort schnell wie ein Kriegsgebiet aussehen lassen, wie jeder wusste, seit die Duerga-Kompanie der Spitzohren in Kaiverstod aufgeräumt hatte.
Danak, ihren Kader hinter sich, dann der Vastacke und seine Leute, fing an, Türen aufzustoßen. Enge, kleine Löcher dahinter. Augenpaare blickten sie erschrocken an. Körper drängten sich zueinander hin. Familien, Vater, Mutter, Kinder, manchmal nur eine Mutter, an die sich ihre Würmer klammerten. Vier, fünf, sechs, sieben dieser Löcher hintereinander. Sie spürte, wie ihr die Galle bitter den Hals hochstieg. Zerlumptes Volk, elend, Schutz und Wärme beieinander suchend. Wahrscheinlich gerade eben mit dem blanken Leben davongekommen und dankbar dafür. Und sie zahlten.
Kriegsflüchtlinge, das war heutzutage ein großes Geschäft. Rein in die von Kinphauren gesicherten Bereiche des Protektorats oder raus, beides brachte Kohle. Schleuserbanden, die versprachen, sie durch die Wächterstreifen der Kinphauren ins freie Niemandsland zu schmuggeln. Die andere Gruppe, die gerade der unüberschaubaren Kriegshölle in diesem Niemandsland und den Todesstreifen entkommen waren, denen wurde ihr letztes Geld abgepresst für üble, menschenunwürdige Unterkünfte und das fadenscheinige Versprechen der Sicherheit; Sicherheit wahrscheinlich am ehesten vor denen, die selber die Hand aufhielten.
So etwa beim elften, zwölften Verschlag stieß sie auf ein Vastachi-Paar mit Kind. Ein schlankes, auberginehäutiges kleines Mädchen, das mit seinen dünnen, langen Beinen ihrer Art aussah, wie ein noch unbeholfenes Fohlen auf der Weide. Alle drei in Decken eingehüllt zum Schutz gegen die ihnen unzuträglichen Temperaturen. Der Vastacke schreckte also auch vor seinem eigenen Volk nicht zurück. Irgendwie war es nicht besonders tröstlich auf diese Art zu erfahren, dass Rassismus nicht zu den Motivationen seines Handelns gehörte. Die drei hier hatten wahrscheinlich keinerlei Bande zu der kleinen Vastachi-Kolonie Rhuns, um von dieser aufgefangen zu werden. Normalerweise hielt diese Gruppe von Auswanderern aus der weit entfernten Viel-Rassen-Stadt Abyddhon eng zusammen. Wer konnte schon ahnen, was für ein Schicksal diese drei hier hinter sich hatten? Wer konnte das bei all den anderen ahnen?
Danak schnaubte die Nase hoch und kniff ein wütendes Brennen aus den Augen fort, wand dann den Kopf, dass die Nackenwirbel knackten und drehte sich zum Vastacken hin.
Jetzt war sie wirklich bereit.
Aus der Show und dem eingespielten Gehabe, den gezielten aggressiven kleinen Ausbrüchen war sie jetzt wirklich raus. Bei ihr kochte etwas heiß zwischen Nasenwurzel und Stirn. Ihre Lippe zuckte, so wie sie es sollte.
Sie ließ sich von der Welle ergreifen, die ihren Körper hochpulste, keuchte zweimal schwer und sah den Vastacken an. Sie ließ sich von dem Gefühl tragen.
»Muss das hier sein?« Kurzes Kopfzucken deutete zur Seite der Verschläge. »Muss man wirklich so tief sinken, um noch Profit zu machen?«
Der Vastacke hielt ihren Blick, konnte nicht nachgeben. »Danak, du hast kein Recht. Du gehst zu … du gehst über die Linie.«
Sollte er doch sagen, was er wollte.
»Ich lass dich auffliegen«, sagte sie, und noch einmal mit stahlharter Schärfe in der Stimme, »Ich lass die auffliegen.«
Die Nüstern des Vastacken wölbten sich im Rhythmus seines Atems; er hielt hart ihren Blick. Sie sah, wie es in ihm arbeitete, ein paar Sekunden lang.
»Das würdest du nicht tun«, sagte er. »Das willst du nicht tun. Du weißt, was dann passiert.«
»Wieso?« Sie schickte ihm ein kurzes Zucken ihrer Mundwinkel, aus dem er machen konnte, was er wollte. »Es passiert doch sowieso. Die Firnwölfe drängen vor, und dann musst du Zähne zeigen oder weichen. Wenn die Firnwölfe kommen, dann musst du Blut vergießen.«
Sie
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