Ninragon - Homunkulus
Alltagskleidung. Ich trage nicht einmal Klansfarben. Warum sollte ich keine kinphaurische Kleidung tragen? Dies ist eine Stadt unter der Herrschaft der Kinphauren.«
»Weil sie jetzt in der Miliz sind. Hier gelten eigene Regeln. Und weil ich ihr Kaderführer bin. Sie tun das, was ich sage. Oder Sie fliegen aus dem Kader raus. So einfach ist das.« Sie schenkte ihm ein knappes Nicken und wandte sich zum Gehen. »Willkommen in den Kadern der Stadtmiliz Rhun.«
Sie sah die anderen grinsen. Doch er, Choraik, musste ja hinter ihr her kommen. Sie drehte sich auf der Stelle um, bevor er ihr wieder die Hand auf der Schulter legte, wie auf der Treppe des Gouverneurspalastes. Dann müsste sie hier vor versammelter Mannschaft etwas Hässliches mit ihm tun.
Sie sah die Frage, und sie sah den Grimm in seinen Augen.
»Sie bleiben hier.« Sagte sie hart und kalt und trocken, damit er’s kapierte. »Für diesmal. Das nächste Mal erscheinen sie in anderem Aufzug.« Er wollte etwas sagen, es zuckte wieder in seinem Gesicht, aber er hielt sich zurück. »Sie bleiben hier und halten sich unauffällig. Und sehen zu, dass man sie nicht beachtet. Und sie nicht heute noch in einem Spital landen. Mit ihrer kinphaurischen Kleidung. In einer Stadt unter kinphaurischer Herrschaft.«
Damit ließ sie ihn stehen, ohne ihn noch ein weiteres Mal anzublicken.
»Alles klar?« Sie ging am Rest ihrer Truppe vorbei, wusste, dass sie sich an ihre Fersen heften würden.
»Zumindest geht er da nicht mit rein«, meinte Mercer, »und hängt uns auf der Pelle und sieht uns ständig über die Schulter.«
»Würde ihm und seinen Herren auch nicht gefallen, was er da drinnen sieht.« Sie hörte zwei Stimmen hinter sich in Erwiderung trocken lachen.
Sie traten aus dem Schatten ins Freie und eilten mit raschen Schritten über das Brachland auf das Rattenloch zu, die zusammengeklappten Armbrüste mit den Gurten eng an den Körper gezogen, eine gut eingespielte, eingeschworene Truppe.
Die Jungs bei der windschiefen Bretterbude sahen sie, machten ein paar Schritte in ihre Richtung hin. Mercer, Chik, warfen ihnen grimmige Blicke zu, ließen ihre Hände zum Stahl an ihrer Hüfte herabgleiten. Die Jungs in Meutenfarben hielten Abstand.
Mit einem schmerzhaften Stich kam ihr der Gedanke an Khrival in den Sinn. Von dem hätte ein knapper Seitenblick genügt. Das hätte diese Frischlings-Revierhunde hier im Zaum gehalten.
Dann blitzte in ihr unvermittelt das Bild von Choraik auf, hager, Züge hart wie eine Klinge, dunkle Kinphaurenkleidung, Eis im Blick. Dachte einen Moment lang: Vielleicht doch. Vielleicht passte es doch.
Ja, aber heute nicht. Heute auf gar keinen Fall. Das war kein Auftritt, was er da hingelegt hatte. So kam man ihr nicht. Wenn, dann wurde so etwas vorher abgesprochen. Den musste sie sich erst einmal stramm machen. Damit es auch im Team mit den anderen zusammen funktionierte. Oder er flog raus, und, was soll’s, dann kam es eben hart auf hart mit Banátrass. Er war schließlich auch nur ein Vorgesetzter.
Sie kamen in den Schatten des Rattenlochs, mussten über Balken, Schutt und Möbeltrümmer hinwegsteigen. Ein Rattenfürst stand im Schatten einer Eingangstür, sah sie, trat auf sie zu. Er erkannte Danak, die auf das kalte Metall des Turms an ihrem Rock tippte.
»Hi, Breck.«
»Hi, Danak.«
»Der Meister da?«
Der hagere Mann nickte, wollte sich vor sie schieben.
»Ich kenne den Weg. Brauchst dir nicht die Mühe zu machen.«
Er wich vor ihr zurück, und sie marschierte hinein ins höhlenartige Dunkel des Gebäudes.
Der Vastacke hielt Hof in einem langen, pfeilergetragenen Saal, der ursprünglich als ein großes Geschäftslokal geplant war. Da war ein großer Tisch aus schwerem Holz, der auch für das Festgelage an einem Fürstenhof gereicht hätte, da war ein breiter, mächtiger Lehnstuhl, der schon etwas von einem Herrschaftssitz hatte und noch einige andere Stühle verstreut im Kreis.
Doch der Vastacke saß selten. Dazu war er zu rastlos, und dann wäre auch seine beeindruckende Erscheinung nicht so wirkungsvoll zur Geltung gekommen.
Niemand nannte auch den Vastacken direkt ins Gesicht den Vastacken. Er trug diese verächtliche Bezeichnung für sein Volk zwar wie einen Ehrentitel, aber niemand sah ihm in die Augen und nannte ihn so. Und kam körperlich unversehrt davon.
Alle Köpfe drehten sich bei Danaks Eintreten zu ihr hin, und der Vastacke überragte sie wie ein Pfahl in der Flut. Das hager durchgeformte, auberginefarbene
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