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Nixenblut

Nixenblut

Titel: Nixenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dunmore
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merke, was ich tue, habe ich mir den Salzstreuer geschnappt und lasse einen Streifen Salz auf meine Handfläche rieseln. Ich befeuchte den Zeigefinger der anderen Hand mit der Zunge und tippe ihn in das Salz. Dann probiere ich. Es schmeckt so wundervoll, dass ich gleich noch mehr nehme. Salz. Das ist es, was ich brauchte. Kein Wunder, dass das Essen nicht schmeckte und das Wasser genauso wenig. Es fehlte das Salz.
    »Herrgott, was machst du da, Sapphire? Tust du etwa Salz in dein Wasser?«
    Ich nehme einen langen, erfrischenden Schluck.
    »Du darfst kein Salzwasser trinken! Das ist nicht gut für dich!«
    Mum nimmt mir das Glas weg. Macht nichts. Ich werde später mehr trinken, wenn sie nicht guckt.

    »Mum, wie heißen noch diese kleinen braunen Fische, die manchmal auf der Pizza drauf sind?«
    »Anchovis.«
    »Haben wir welche?«
    »Die schmecken dir sowieso nicht. Ein oder zwei auf einer Pizza sind okay, aber sie sind viel zu salzig, um sie allein zu essen.«
    »Aber haben wir welche?«
    »Kann sein, dass ich noch eine Dose im Schrank habe. Jetzt iss doch bitte wenigstens eins von deinen Würstchen auf.«
    Conor schaut mich an. Mum schaut mich an. Ich schneide ein Würstchen in kleine Stücke und versuche zu kauen.
    »Es geht nicht, Mum. Die schmecken scheußlich.«
    »Ach, mein Schatz, du bist wirklich krank. Und wie blass du aussiehst. Vielleicht hast du dir eine Magenverstimmung eingefangen. Aber ich muss heute Abend zur Arbeit. Leider kann niemand meine Schicht übernehmen. Vielleicht könnte ich Mary noch mal bitten, ein Auge auf euch zu haben …«
    »Ich bin nicht krank. Mir geht’s gut, Mum, ehrlich.« Ich will nur diese Würstchen nicht essen.
    »Ruhig, Saph!«, raunt mir Conor warnend zu. Ich gebe mir alle Mühe, um die wütenden Worte, die mir auf der Zunge liegen, herunterzuschlucken. Natürlich muss Mum zur Arbeit, aber ich will nicht, dass Mary auf mich aufpasst. Ich bin doch kein Baby mehr. Ich will auch nicht, dass Conor hinter mir herspioniert. Alle wollen mich nur von dem abhalten, was ich am liebsten tun würde.
    Mum geht zur Spüle und kümmert sich um den Abwasch. Normalerweise erledige ich das morgens und Conor abends. Mum ist müde. Sie arbeitet so hart. Ich springe auf und beginne,
das Geschirr abzutrocknen. Mum sollte sich mit einer Tasse Tee hinsetzen.
    Ich betrachte ihren Rücken, während sie die Bratpfanne schrubbt. Alles fühlt sich mit einem Mal so anders an, so vertraut. Dies ist mein Zuhause. Mums Radio läuft, so wie immer. Sie trägt ihre alte Jeans und ein weißes T-Shirt. Ihr Haar ist zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Das bedeutet, dass sie erst später zur Arbeit gehen wird.
    Ich bin in der Küche und esse ein spätes – sehr spätes – Frühstück mit meiner Mum und meinem Bruder. Ein ganz normaler Ferientag. Vielleicht habe ich nach all dem Hin und Her ja doch Appetit bekommen. Ich mag die Würstchen zwar nicht, aber gegen einen Toast mit Marmite wäre eigentlich nichts einzuwenden. Ich mache Mum und mir einen Becher Tee. Wenn sie mit dem Abwasch fertig ist, wird sie mir gegenüber am Küchentisch sitzen, ihren Tee trinken und mir lustige Geschichten über die Gäste des gestrigen Abends erzählen. Was sie gesagt und wie viel sie getrunken haben und wie viel Trinkgeld Mum bekommen hat. Ich liebe es, von all den komischen Dingen zu hören, die im Restaurant so passieren. Einmal hat ein Gast sogar nach ihr mit den Fingern geschnippt, doch Mum hat ihn bloß gefragt : »Haben Sie Ihren Hund verloren?«
    »Mum«, beginne ich, doch in diesem Moment dreht sie den Wasserhahn voll auf. Das Rauschen des Wassers übertönt meine Stimme.
    Und plötzlich höre ich ihn wieder, den verführerischen Klang, der zugleich süß und scharf klingt, wie ein Messer, das tief in dich eindringt. Es ist wie die Musik, die ich hörte, als ich in den Spiegel sah, doch diesmal formt sie sich zu deutlich vernehmbaren Worten. Der Gesang wird lauter
und lauter, und die Behaglichkeit von Mums Gegenwart entschwindet wie ein Traum, bis sie überhaupt nicht mehr wichtig erscheint.
    Ach wäre ich doch in Indigo
und teilte die salzige See
in den tiefsten Fluten,
wo weder Liebe noch Leid
mich bedrücken …
    »Was ist los, Saph?«, flüstert Conor.
    »Hör doch zu, Con. Hörst du es nicht auch?«
    Conor lauscht. Ich warte darauf, dass der Gesang auch an seine Ohren dringt, und beobachte sein angestrengtes Gesicht, doch er scheint nicht das Geringste zu hören.
    »Ach wäre ich doch in Indigo

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