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Nixenblut

Nixenblut

Titel: Nixenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dunmore
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schaut mir immer noch fest in die Augen. »Du meinst Mathew Trewhella.«
    Er kennt den Namen meines Vaters. Oder habe ich ihn einmal erwähnt? Ich kann mich nicht erinnern.
    »Woher kennst du seinen Namen?«
    »Ich habe dir doch gesagt, dass ich vieles höre. Wir wissen eine Menge über die Menschen, die in unserer Nähe wohnen. Er war immer mit seinem Boot unterwegs.«
    »Hast du ihn mit eigenen Augen gesehen?«
    Faro zögert, bevor er antwortet. »Ja.«
    »Wann war das?«
    »Kann mich nicht erinnern. Aber es ist nicht lange her.«
    Doch Faro hat kein menschliches Zeitempfinden. »Nicht lange her« kann auch Monate oder Jahre bedeuten.
    »Wo ist das gewesen?«
    Faro schüttelt den Kopf. »Ich kann’s nicht sagen. Es ist verschwunden.«
    »Aber es ist wichtig, Faro! Du musst versuchen, dich zu erinnern!«

    »Ich kann nicht. Es ist weg.«
    »Gibt es hier irgendjemanden – hier in Indigo, meine ich –, der weiß, was mit ihm passiert ist?«
    Faro schüttelt den Kopf. Eine wellenförmige Bewegung läuft durch seinen ganzen Körper. Es ist nicht nur seine Stimme, die mit Nein antwortet. Seine Haare schlängeln sich wie Seegras.
    »Lass es gut sein, Sapphire«, sagt er. »Ich kann dir nichts erzählen. Ich habe ihn einmal in seinem Boot gesehen, das ist alles. Lass uns diese Strömung verlassen und weiter gen Süden schwimmen. Ich will die Sonne spüren.«
    Obwohl viele Fragen in meiner Seele brennen, darf ich sie jetzt nicht stellen. Aber ich werde sie nicht vergessen. Wenn Faro sie mir nicht beantworten kann, werde ich jemand anderen finden.
     
    Wir schlängeln uns wie Aale aus der Strömung und spüren erst jetzt, wie kalt das Meer ist. Wie weit sind wir von zu Hause entfernt?
    »Nicht sehr weit«, sagt Faro. »Das war eine langsame Strömung. Auf dem Rückweg werden wir eine schnellere nehmen.«
    Wir schwimmen durch den kalten, dunklen Ozean. Faro sagt, wir befinden uns im mittleren Wasser, also ungefähr in der Mitte zwischen dem Meeresgrund und der Oberfläche. Das Wasser ist so tief, dass ich den Grund nicht sehen kann.
    »Wären wir an der Oberfläche, könnten wir kein Land sehen«, sagt Faro. »Schau gut hin, Sapphire, die Strömung da vorne, die nehmen wir.«
    Diesmal haben wir eine kalte Strömung erwischt. Sie umschließt
uns wie ein eisiger, prickelnder Handschuh. Wenn ich in Indigo bin, spüre ich zwar die Kälte, aber sie macht mir nichts aus. Faro sagt, dass sich mein Blut verändert. Es fließt langsamer und wird so wie seins.
    »Pass auf!«, ruft er plötzlich. »Die Strömung ist wild!« Er hat Recht. Sie ist wie die wildeste Achterbahn der Welt. Ich packe Faros Handgelenk, obwohl ich weiß, dass das nicht mehr nötig ist. Aber die Strömung ist zu stark, reißt unsere Hände auseinander; wirbelt mich herum und katapultiert mich in südliche Richtung.
    Ich liebe und hasse es gleichermaßen. Einerseits habe ich das Gefühl, sterben zu müssen, wenn es noch eine Minute länger dauert, andererseits will ich, dass es nie wieder aufhört.
    »Steig aus, Sapphire!«, ruft Faro. »Jetzt!«
    Plötzlich schaukeln wir in warmem, ruhigem Wasser. Die eisige Strömung schießt ohne uns weiter in Richtung Süden.
    »Zeit, die Sonne zu spüren«, sagt Faro.
     
    Die Sonne zu spüren, heißt jedoch nicht, an die Luft zu gehen. Es bedeutet, sich ein paar Meter unter der Oberfläche im lichtdurchfluteten Wasser aufzuhalten. Faro fasst um mein Handgelenk und gemeinsam steigen wir nach oben, der leuchtenden Oberfläche entgegen. Ich habe das Gefühl, dass Faro mehr über Dad weiß, als er mir sagen will. Ich werde es herausfinden. Dass ich ihn immer noch suche, werde ich Faro nicht verraten. Das ist mein Geheimnis.
    »Lass uns schlafen«, sagt er.
    Wir schließen unsere Augen. Ich bin erschöpft von der Reise. Das Wasser rauscht leise in meinen Ohren. Faro hat Recht, es ist ein gutes Gefühl, in der Sonne zu liegen. All
meine Sorgen verflüchtigen sich. Ich strecke Arme und Beine aus und schaukele in der sanften Dünung vor mich hin. Ich will Dad finden, doch im Augenblick bin ich in Indigo, weit, weit weg, in einem Garten aus Tang und Seeanemonen.
    Erinnerungen fluten durch meinen Kopf. Ein Junge und ein Mädchen, Seite an Seite, die ins tiefe Wasser blicken, wo blaue und silberne Fische wie elektrische Pfeile hin und her flitzen. Der Junge hat dunkle Haare, so wie Conor. Ich kann sein Gesicht nicht sehen. Doch wo sich seine Beine befinden sollten, ist die dicke, glänzende Haut einer Robbe. Ich versuche, meine Beine

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