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Nixenblut

Nixenblut

Titel: Nixenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dunmore
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mich verplappert. Fast hätte ich hinausposaunt, dass Faro meine Gedanken lesen kann.
    »Was könnt ihr?«
    »Ach, nichts.«
    »Was könnt ihr?«
    »Es ist nichts, Conor. Jetzt schau mich nicht so an. Es ist nur, dass er… ich meine, dass wir… unsere Gedanken lesen können. Er sieht meine Gedanken und ich sehe seine. Das ist wie bei den Fischen, die in den Schwärmen ihre gemeinsame Erinnerung bewahren. Hast du das gewusst?«
    »Ich kann nicht glauben, was ich da höre, Sapphire. Du – bist – kein – Fisch. Du bist auch nicht teilweise ein Fisch. Begreif das endlich! Du bist meine Schwester und du lebst in Senara Churchtown, West Penwith, Cornwall, auf der Erde, im Universum. Nicht in diesem verdammten Indigo!«
    »Schade, dass Mum dich nicht fluchen hört.«
    »Schwimm doch gleich zu ihr und erzähl es ihr. Vorausgesetzt, du bist der menschlichen Sprache noch mächtig. Mum kann deine Gedanken nicht lesen, so wie Faro. Sie ist ein Mensch.«
    »Conor, lass uns nicht …«
    »Was?«
    »Lass uns nicht streiten.«
    »Ich streite doch gar nicht.«
    »Ich auch nicht.«
    Nase an Nase, nicht streitend, wissen wir nicht, was wir
noch sagen sollen. Doch auch schweigend weiß ich, dass sich etwas verändert hat. Conor ist wieder mein Freund. Das hört sich vielleicht merkwürdig an — warum sollte mein Bruder nicht mein Freund sein?
    »Wie dem auch sei, Saph«, sagt Conor nach einer Weile, »ich werde wieder mit Roger hinausfahren. Ich will wirklich tauchen lernen. Roger will einen Kurs für mich organisieren. Er hat einen Kumpel, der das umsonst macht, weil er ihm noch einen Gefallen schuldig ist. Roger macht wirklich interessante Dinge. So was will ich später auch machen.«
    »Es ist gefährlich«, sage ich, bevor mir klar wird, dass ich Conors Worte wiederhole. »Die Mer wollen das nicht. Und in ihrer eigenen Welt – in Indigo – sind sie mächtig. Wir nicht.«
    »Ja, ja, ich weiß. Würdest du bitte aufhören, wie das Staatsfernsehen von Indigo zu klingen. Hör zu, Roger will doch niemandem Schaden zufügen. Er arbeitet nicht für eine Ölgesellschaft oder so etwas. Er weiß sehr viel über Meeresökologie. Das Meer liegt ihm am Herzen. Du solltest mal mit ihm darüber reden.«
    »Fahr nicht mit ihm raus, Conor.«
    »Warum denn nicht? Du bist doch selbst ständig mit Dad aufs Meer rausgefahren und nie ist etwas passiert. Und mir auch nicht. Wo soll da der Unterschied liegen?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe so ein Gefühl, als ob … als ob gleich das Wetter umschlägt, obwohl die Sonne noch scheint. Der Sturm braut sich schon über dem Meer zusammen und man spürt den Druck in seinem Kopf.«
    »Okay, ich verspreche dir, dass ich zu Hause bleibe, wenn auch nur das kleinste Anzeichen auf schlechtes Wetter hindeutet«, sagt Conor.

    Doch ich habe nicht von schlechtem Wetter gesprochen. Ich meinte eine andere Art von Sturm. Ach, wenn ich für meine Angst doch nur die richtigen Worte fände, damit Conor mich versteht.
    »Und Roger macht das genauso. Er ist sehr vorsichtig. Als Taucher muss man das sein. Komm, Saph, lass uns wieder nach unten gehen.«
    Jedenfalls wird Conor in nächster Zeit nicht mit Roger hinausfahren, also bleibt mir noch etwas Zeit, ihn zu überzeugen.
    »Beeil dich, Saph, Mum wartet auf uns.«
    »Tut sie nicht. Sie ist glücklich, Roger für sich allein zu haben. Außerdem würde ich an deiner Stelle noch die Jeans wechseln.«
    »Warum?«
    »Weil du Mum gesagt hast, dass sie nass ist. Außerdem ist es von Vorteil, wenn sie weiterhin glaubt, dass zumindest einer von uns die Wahrheit sagt.«

Siebzehntes Kapitel

    I ch fürchte die ganze Zeit, Roger könnte doch sagen, dass er mich unter Wasser gesehen hat. Ich kann nicht mehr als ein halbes Stück Kuchen essen, obwohl es einer von Mums besten ist und obwohl sie versucht, mich aufzupäppeln. Nachdem Roger zwei riesige Stücke verdrückt hat, fragt ihn Mum, ob er noch eine Kanne Tee möchte.
    »Bleib du sitzen und ruh dich aus, Jennie. Ich mach das schon.« Dann wendet er sich Conor und mir zu. »Eure Mutter ist eine erstaunliche Frau«, erklärt er und hört sich dabei an wie der Darsteller einer Fernsehserie. »Die zuvorkommendste Kellnerin der ganzen Stadt und die großartigste Köchin, die ich kenne – das war jedenfalls der beste Walnusskuchen, den ich je gegessen habe, Jennie.«
    »Ist das alles, wofür ich gut bin? Kuchen backen und Gäste bedienen?«, fragt Mum mit glucksender Stimme.
    »Ich glaube, du weißt, dass das nicht der Fall

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