Nixenblut
ist«, entgegnet Roger. Dann lachen alle beide.
Dieser Wortwechsel löst bei mir aus verschiedenen Gründen ein komisches Gefühl aus. Wir wissen selbst, dass Mum eine gute Köchin ist. Wir wissen selbst, wie hart sie arbeitet. Deshalb tun wir ja auch alles, um sie zu entlasten. Wir brauchen keinen Roger, der uns das sagt. Dies ist unser Leben, nicht seins, und es geht ihn auch überhaupt nichts an. Außerdem vermittelt er mir das Gefühl, nicht dazuzugehören,
wenn er mit Mum so herumturtelt. Ich versuche, Blickkontakt mit Conor aufzunehmen, doch der ist bereits auf dem Weg aus dem Zimmer.
»Ich muss jetzt die Milch holen, Mum. Bis später.«
»Und ich mache den Tee«, sagt Roger, der offenbar Mühe hat, seinen Blick von Mum abzuwenden.
»Sapphire hilft dir bestimmt, nicht wahr, Sapphy?«, sagt sie, indem sie es sich bequem macht und die Augen schließt. »Jetzt fühle ich mich wie im Paradies. Das Essen ist gekocht und für den Rest des Abends gibt es nichts mehr zu tun. Sapphy, mein Schatz, würdest du Roger helfen, damit er sich in der Küche zurechtfindet?«
Roger und ich latschen in die Küche. Sobald ich mit ihm allein bin, bemerke ich, wie groß er ist. Nicht schwergewichtig, aber kräftig gebaut und hoch aufgeschossen. Er muss den Kopf einziehen, als er die Küche betritt.
Ich bin nicht gerne allein mit ihm, weil ich Angst habe, was er mir für Fragen stellen könnte, also plappere ich einfach drauflos: »Die Teebeutel sind in der Dose da oben und der Wasserkocher ist da drüben. Er stellt sich nicht mehr von selber ab, weil er kaputt ist, aber Mum kauft einen neuen, wenn sie ihr nächstes Gehalt bekommt. Wenn Sie ihn bis zur fünf mit Wasser füllen, reicht es für eine Kanne …«
»Ich hab schon mal einen Wasserkocher gesehen«, entgegnet Roger leichthin. Er beobachtet mich. Er will etwas sagen … mich etwas fragen … ich muss weg.
Doch ich komme nur bis zum Kühlschrank, als mich seine beiläufige Frage trifft: »Wie weit kannst du schwimmen, Sapphire?«
»Äh, ich weiß nicht, ziemlich weit. Das heißt so weit auch wieder nicht. Kommt drauf an, wie ruhig das Wasser ist.«
»Deine Mutter hat mir erzählt, dass ihr nicht außerhalb der Bucht schwimmen dürft.«
»Ja, das stimmt, wegen der Strömung. Nur vom Boot aus dürfen wir auch weiter draußen schwimmen.«
»Hat dich … in letzter Zeit mal jemand mit dem Boot mitgenommen? Ich meine, in den letzten ein oder zwei Tagen.«
»Nein«, antworte ich entschieden und blicke Roger fest in die Augen, weil dies keine Lüge ist. »Ich bin nicht mit dem Boot gefahren, seit … seit …« Ich kann es nicht sagen. Nicht zu Roger.
»Seit wann?«, bohrt er nach. Zorn flammt in mir auf. Roger tut so, als wäre er mein Vater. Aber er hat kein Recht, mir solche Fragen zu stellen.
»Seit Dad mich in der Peggy Gordon mitgenommen hat«, antworte ich. Mein Gesicht brennt, aber ich werde nicht weinen. Ich will nicht zulassen, dass Roger mich weinen sieht.
»Ach so …« Roger schweigt eine Weile. Dann sagt er so förmlich, als wäre ich eine Erwachsene: »Tut mir Leid, Sapphire. Ich wollte dir nicht zu nahe treten.«
Seine Miene sieht bekümmert aus. Für einen Augenblick glaube ich, dass es ihm wirklich Leid tut. Doch im Grunde will ich das nicht glauben, sonst müsste ich vielleicht anfangen … Roger zu akzeptieren.
»Ist schon okay«, nuschele ich.
»Nein, ist es nicht«, sagt Roger mit Nachdruck. »Gar nichts ist okay und ich weiß das. Dein Dad ist gestorben und ein Jahr später tauche ich plötzlich auf… das ist für keinen von uns eine einfache Situation. Hast du mal darüber nachgedacht, wie schwierig es für deine Mutter ist?«
»Dad ist nicht tot!«, schreie ich wütend. Roger starrt mich
an. »Er ist nicht tot«, wiederhole ich leise, doch mit all der Kraft, die ich aufbringen kann. Wie viel Ärger könnte uns erspart bleiben, wenn Roger mir glauben würde.
»Du bist eine eigenwillige junge Lady«, sagt er langsam, »und ich wünschte, ich könnte in deinen Kopf hineinsehen. «
»Tja, manchmal wünschte ich auch, ich könnte Gedanken lesen. Übrigens kocht das Wasser. Gießen Sie den Tee auf, während ich die Becher abwasche?«
Ich bin mir nicht sicher, ob ich so leicht davonkomme, aber ich scheine Glück zu haben. Schweigend setzen wir unsere Tätigkeiten fort. Doch bevor wir den Tee zu Mum hineintragen wollen, sagt Roger: »Sadie, dieser Hund, mit dem du spazieren warst, der gehört den Nachbarn, oder?«
»Ja.«
»Was ist das für
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