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Nixenblut

Nixenblut

Titel: Nixenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dunmore
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nicht, dass du mich daran hindern kannst.«
    Ich bin Conor aus reinem Instinkt gefolgt. Meinem Bruder, der sich in Gefahr begibt. Ich muss ihm folgen, ihn aufhalten.

    Nichts anderes ist von Bedeutung.
    Doch für ihn ist noch etwas anderes von Bedeutung.
    »Ich muss Roger warnen.«
    Roger. In Indigo scheint jeder Mensch weit, weit weg zu sein. Selbst Mum, sogar unser Zuhause. Doch als Conor diese Worte ausspricht, tritt Roger mit aller Deutlichkeit in mein Bewusstsein. Ich sehe, wie er in unserer Küche steht und mir von seinem Black Labrador Rufie erzählt.
    »Rufie war das Beste, was mir in meinem ganzen Leben passiert ist, nachdem wir aus Australien zurückkamen.«
    Roger hat Mum umzustimmen versucht, was Sadie angeht. Er hätte das nicht tun müssen, aber er hat es trotzdem getan. Vielleicht hat sie ja doch die Wahrheit gesagt, als sie versicherte, dass wir Roger nicht egal sind.
    »Versuch nicht, mich aufzuhalten«, sagt Conor.
    »Das will ich nicht. Ich werde dir helfen.«
    »Schwöre!«
    »Ich schwöre!«
    Das war der merkwürdigste Schwur, den ich je geleistet habe. Im Wasser schlagen wir unsere Hände zusammen und kämpfen uns weiter vorwärts – dorthin, wo das Meer von den Robben aufgewühlt wird. Wir schwimmen am zerklüfteten Rand des Riffs entlang und achten darauf, die Grenze nicht zu überschreiten. Auf der einen Seite ist die Ruhe von Limina, auf der anderen Seite die wütend brodelnde See, darin die Graurobben. Plötzlich sehe ich einen großen Bullen nach oben schießen, der Oberfläche entgegen, gefolgt von weiteren Robben. Wir blicken zu ihnen empor. Jetzt ballen sie sich so dicht zusammen, dass nicht der kleinste Lichtstrahl zwischen ihnen zu erkennen ist. Ich kann sie nicht mehr zählen und immer weitere kommen hinzu.

    Was hat das zu bedeuten?
    Schulter an Schulter bilden sie eine massive Wand, die sich schließlich auflöst. Die einzelnen Tiere schwimmen auseinander, verlassen die Oberfläche und kehren nach Indigo zurück.
    Aber was ist das? Dieser schmächtige Körper, der so fremdartig zwischen den starken, geschmeidigen Robben wirkt? Eine weitere schmale Gestalt wird sichtbar, die sich überschlägt und wie ein schwarzes Stöckchen hin und her fliegt …
    »Oh, mein Gott!«, ruft Conor. »Sie haben sie.«
    Jetzt sehe ich, was Conor bereits erkannt hat. Diese dürren Körper, die aussehen wie schwarze Stöckchen, sind zwei Taucher in ihren Neoprenanzügen, mit Sauerstoffflaschen auf dem Rücken. Die Robben haben sie gepackt, werfen sie in die Höhe und wirbeln sie durch das Wasser. Wenn einer der Taucher nach unten sinkt, wird er von der nächsten Robbe sofort wieder nach oben gestoßen. Ihre Köpfe baumeln hin und her, als wären sie leblose Puppen.
    »Sie spielen Fußball mit ihnen.« Ich kann nicht glauben, was ich da sehe. Es ist ein albtraumhaftes Spiel. In Zeitlupe taumeln die Taucher durch das Wasser, ehe ihnen die Hinterflosse einer Robbe den nächsten Schlag versetzt.
    »Sie spielen mit ihnen …«
    »Nein!«, stößt Conor zwischen den Lippen hervor, die sich langsam blau färben. »Das ist kein Spiel. Sie stoßen sie in eine ganz bestimmte Richtung.«
    Er hat Recht. Die Robben treiben die Taucher nicht wahllos vor sich her. Jeder brutale Stoß bringt sie ein Stück weiter in unsere Richtung. Die Robben kommen auf uns zu. Was haben sie vor?

    Die scharfkantigen Spitzen des Riffs sind wie Zähne, die alles auseinander reißen, was mit ihnen in Berührung kommt. Wenn ein Taucher dagegenprallt …
    »Sie wollen sie gegen die Felsen schmettern«, sagt Conor.
    »Sie bringen sie um, Con!«
    »Ja, komm …«
    Seine Finger schließen sich um mein Handgelenk, doch jetzt ist er es, der uns antreibt. Wir schießen durch das schäumende Wasser, den Robben entgegen.
    Sie bemerken uns, bevor sie uns sehen. Als sie sich umdrehen, vergessen sie für einen Moment die Taucher, die sofort nach unten sinken. Der mächtige Robbenbulle blickt uns an, unter seiner glänzenden Haut spielen die Muskeln.
    Jedes Detail seines Aussehens brennt sich in mein Bewusstsein ein. Seine Augen und Schnurrhaare, die massige Geschmeidigkeit seines Körpers, die schwellenden Muskeln, seine Kraft. Und der Zorn eines Wächters. Der Zorn, der ihn antreibt.
    Der Bulle kommt näher. Er türmt sich vor uns auf, bis ich nichts anderes mehr sehen kann als ihn. Mit gesenktem Kopf scheint er den Abstand zwischen sich und uns zu berechnen, bereit zum Angriff.
    Bis zu dem Tag, an dem ich die Grenze nach Limina überschreite,

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