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Nixenblut

Nixenblut

Titel: Nixenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dunmore
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wieder. Sieh mal, Gray versucht schon, die Augen zu öffnen.«
    »Darum weine ich doch gar nicht.«
    »Warum dann?«
    »Glaubst du, dass die Luft und Indigo sich ewig hassen werden?«
    Conor geht in die Hocke und runzelt die Stirn. »Ich weiß es nicht. Sie sind so verschieden. So strikt voneinander getrennt. Sie verstehen sich nicht, weil sie sich nie begegnen. Die Menschen bleiben an der Luft – auf der Erde – und die Mer bleiben in Indigo.«
    »Bei uns ist das anders.«
    »Wie meinst du das?«
    »Wir tun beides. Wer leben an der Luft und wir können in Indigo leben.«
    » Du kannst das.«
    »Du doch auch. Und vielleicht sind wir nicht die Einzigen. Es könnte auch andere Menschen geben, die in der Lage sind, die Grenze zu überschreiten, wir kennen sie nur nicht. Vielleicht gibt es auch Mer, die das können.«
    »Ja, vielleicht«, sagt Conor langsam. »Aber lass uns jetzt nicht weiter darüber reden, Saph. Für heute habe ich von Indigo genug. Ich muss den Anker lichten und den Motor
starten. Was für ein Glück, dass Roger mich neulich mitgenommen hat. Ich glaube, ich kann mich noch erinnern, wie alles funktioniert.«
    »Guck mal! Rogers Hand bewegt sich.«
    Ich schiebe meine Hand unter die Rettungsdecke und berühre Rogers kalte Finger. Sie drücken schwach meine Hand.
    Ich beuge mich über ihn und sage: »Es wird alles gut. Ihr hattet einen Unfall. Conor und ich sind bei euch.«
    Roger versucht, seinen Kopf zu heben, doch es scheint ihm Schmerzen zu bereiten. Stöhnend lässt er ihn wieder zurücksinken. Er muss am ganzen Körper lädiert sein, wie ein Boxer, der aus dem Ring steigt.
    »Es wird alles gut«, wiederhole ich. »Ihr werdet euch wieder erholen. Bleib ganz ruhig liegen und ruh dich aus.«
    In diesem Moment spritzt eine Woge über die Reling. Die salzige Gischt schlägt mir ins Gesicht. Ich richte mich auf und schaue über den Bootsrand.
    Da sind sie, Faro und Elvira. Elviras wunderschöne dunkle Haare umfließen sie im Wasser. Faro wirft mir einen fragenden Blick zu. »Sind sie am Leben?«
    »Ja«, antworte ich.
    Faro lässt hörbar die Luft entweichen. Ich bin mir nicht sicher, ob es ein Seufzer der Erleichterung oder des Bedauerns ist. Doch nein, bestimmt wird er nicht ihren Tod gewollt haben.
    Plötzlich macht Faro etwas, das ich schon früher gesehen habe, aber nur im tiefen Wasser. Jetzt tut er es an der Oberfläche. Er rollt sich zusammen, stößt sich mit seiner kraftvollen Schwanzflosse ab und macht einen perfekten Salto, einen zweiten, einen dritten …

    Das Wasser schäumt und spritzt, während Faro herumwirbelt. Nach dem dritten Salto richtet er sich auf, hebt seine Schwanzflosse und lässt sie mit solcher Kraft aufs Wasser schlagen, dass mir erneut ein Schwall von Salzwasser ins Gesicht spritzt.
    Ich trockne lachend mein Gesicht mit der Hand. Faro steht aufrecht im Wasser und lacht ebenfalls.
    »Mach’s gut, kleine Schwester«, sagt er leichthin und taucht ab. Ich lehne mich abwartend über den Bug. Bestimmt taucht er gleich wieder auf. Er wird doch nicht einfach so mir nichts, dir nichts verschwinden.
    Aber die Oberfläche bleibt glatt. Nicht das leiseste Kräuseln ist zu sehen.
    Elvira. Wo ist Elvira?
    Ich drehe mich um. Conor beugt seinen Oberkörper über das Wasser. Elvira hat sich ein Stück nach oben gezogen. Stumm blicken sie sich an, ihre Gesichter so nah beieinander, dass sie sich fast berühren. Dann lässt sie sich langsam ins Wasser gleiten. Ihre Schultern tauchen ein, ihr Hals und schließlich ihr Gesicht, umgeben von einer Flut von Haaren.
    Sie ist verschwunden. Conor und ich bleiben zurück und starren ihr nach. Erst nach einer ganzen Weile, als wir uns umdrehen, begegnen sich unsere Blicke.
    Unser Boot schaukelt sanft in der Dünung. Hoch über unseren Köpfen schwebt eine Möwe. Sie sieht uns an und schreit ihre Neuigkeiten über das Meer. Erzählt Indigo von den jüngsten Ereignissen. Wenn ich mir Mühe gäbe, könnte ich verstehen, was sie sagt. Aber dazu bin ich viel zu müde.

Dreiundzwanzigstes Kapitel

    I ch habe mich nicht einmal bei dir bedankt, Faro. Du hast mir geholfen, Conor an die Oberfläche zu bringen. Ohne dich und Elvira hätten wir Roger und Gray niemals ins Boot hieven können. Du hast uns also gerettet, auch wenn es nicht deine Absicht war.
    Ich hatte keine Zeit mehr, mich zu bedanken oder mich von dir zu verabschieden. Das Meer hat dich verschluckt. Es gibt so vieles, das ich dir sagen will, aber jetzt geht das nicht, weil Roger und Gray langsam

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