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Nixenfluch

Nixenfluch

Titel: Nixenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dunmore
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Täuschern macht. Er lässt sie sich schmecken. Das wird ein Spaß, ich verspreche es euch. Erst der Mer-Junge, dann du, myrgh kerenza , und dann, nachdem du dir alles mit angesehen hast, bist du dran, kleiner Sänger! Und du gehst mir aus dem Weg, wenn ich es dir sage.«
    Die Vogelbeeren. Die Stimme des Kraken klappert in meinen Ohren wie eine Klaue. Ich muss an die Vogelbeeren denken. Die Vogelbeeren beschützen mich. Halten alles Übel von mir fern.
    Es ist das Einzige, was ich noch tun kann. Die Erde und Indigo miteinander zu verbinden. Du musst es versuchen, Sapphire.
    Ich lasse meine Hand ganz langsam nach unten gleiten, um die Aufmerksamkeit des Kraken nicht auf mich zu ziehen. Er kann jeden Moment zum Angriff übergehen, doch zunächst will er uns noch ein bisschen verhöhnen. Ich stecke meine Hand in die nasse, enge Öffnung meiner Jeanstasche. Meine Finger berühren die glühenden Beeren. Das Salzwasser hat ihnen nichts anhaben können. Sie haben sich nicht vollgesogen, sondern sind immer noch heiß und trocken. Nur mit Mühe kann ich einen Aufschrei unterdrücken, als ich sie berühre, doch ich glaube, der Krake hat nichts bemerkt.
    Meine Finger schließen sich um die Beeren. Sie sind so heiß, als hätten sie im Feuer gelegen. Doch in der Tiefe gibt es kein Feuer. Das muss eine Täuschung sein. Ich habe mir nicht wirklich die Finger verbrannt. Ich beiße mir auf die Lippen und verdränge die Übelkeit und den Schmerz.
    Sei nicht so eine Memme. Wenn du die Vogelbeeren loslässt, hast du gar nichts mehr.
    Ich ziehe die geschlossene Hand aus der Tasche, in der sich die Vogelbeeren befinden. »Krake«, sage ich. »Krake!« Ich komme mir vor wie ein Torero, der dem Stier ein rotes Tuch entgegenhält. »Sieh mal, ich hab hier was für dich.«
    Diesmal erstarrt der Krake nicht, kommt aber zur Ruhe. Seine Augen glühen wie im Fieber. »Etwas für mich?«
    »Ja.«
    »So wie deinen Spiegel Spiegel Spiegel Spiegel Spiegel …?«
    »Es ist kein Spiegel.«
    Ich öffne die Hand, in der die Vogelbeeren liegen, und halte sie ihm entgegen. Das Gewicht der Tiefe drückt die brennenden Beeren in meinen Handteller.
    Der Krake schaut mit seinen Nacktschneckenaugen, seinen Garnelenaugen und all den anderen Augen seines Körpers.
    »Das kommt nicht aus der Tiefe«, grummelt er. »So etwas darf es in der Tiefe nicht geben.«
    »Uns auch nicht«, entgegne ich und schaue ihn an. »Menschen können in der Tiefe nicht existieren, Krake. Mer ebenfalls nicht. Doch trotzdem sind wir hier.«
    »Saldowr hat euch das nicht gegeben. Ich beiß dir die Finger Finger Finger Finger Finger ab, wenn du das behauptest.«
    »Das ist nicht aus Saldowrs Schatzkammer. Es ist nicht aus Indigo. Man muss es vor der eigenen Schwelle einpflanzen, Krake. Dann kann nichts Böses mehr über diese Schwelle kommen.«
    Ein furchtbar enttäuschtes Seufzen dringt aus den vielen Bäuchen des Kraken.
    »Ich hätte euch alle töten sollen«, stöhnt er. »Ich hätte euch töten sollen, als ich die Chance dazu hatte.«
    Conor, Faro und ich befinden uns in einer Linie, während ich die Hand mit den Beeren ausstrecke. Sie schützen uns besser als jeder Verteidigungswall. Die blutroten Beeren scheinen in goldenem Feuer gebadet worden zu sein und verströmen jetzt einen hellen Schein, der die Tiefe erleuchtet. Der Krake ächzt gequält.
    »Nimm sie weg! Du darfst sie nicht zum Leben erwecken. Nein nein nein nein nein nein . Gib sie mir, und ich werde sie in tausend tausend Stücke zerbrechen. Der Krake will sie haben, der Krake will sie haben …«
    »Nein, der Krake bekommt sie nicht!«
    Der Krake sieht an sich hinunter, an seiner Schneckenspur, die sich durch das Wasser zieht, dem Tentakel ohne Körper und der kopflosen Garnele. Er hebt seine missgestaltete Klaue, die nun mächtig zittert.
    »Der Krake mag das nicht«, stöhnt er. »Oh nein nein nein nein nein nein nein. Der Krake mag das Licht nicht.«
    Seine Stimme hat sich verändert. Bosheit und Hass sind verschwunden. Es klingt wie das Wehklagen von jemand, der einen unwiederbringlichen Verlust erlitten hat. »Oh nein nein nein nein nein«, jammert der Krake. »Zeig mir nicht das Licht. Der Krake wollte nie jemand wehtun. So böse Sachen tut der Krake nicht. Ich will das nicht sehen.«
    Faro verschränkt die Arme und wirft dem Kraken einen kalten Blick zu. »Er sieht sich selbst«, sagt er.
    In höchster Anspannung beobachten wir den Kraken, der sich abermals verändert. Seine vielen Gestalten fallen von ihm ab

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