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Nixenfluch

Nixenfluch

Titel: Nixenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dunmore
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warum?«
    »Weil ich gehofft habe, dass es da einen Präzedenzfall gibt.«
    »Riesentintenfische und Pottwale tragen manchmal heftige Kämpfe miteinander aus«, sagt Faro düster. »Ich hab mal den Körper eines Wals an der Oberfläche gesehen, den mehrere Tintenfische angegriffen hatten. Man konnte immer noch die Abdrücke der Tentakel und die Bisswunden erkennen.«
    Die Stimme des Wals lässt ihren Gaumen vibrieren. »Ich bin fertig, Kleine.«
    Wir machen uns auf eine heftige Erschütterung gefasst, doch zunächst setzen wir uns sanft, fast unmerklich in Bewegung. Sonarechos kommen von allen Seiten. Wir müssen uns bereits im Tiefseegebirge befinden. Aber die Geräusche schmerzen nicht so sehr in den Ohren, wie dies auf dem Hinweg der Fall war. Vermutlich liegt das daran, dass ein ganzer Berg von Fleisch zwischen uns und den Geräuschen liegt.
    Langsam und vorsichtig sucht sich der Wal seinen Weg durch die schroffen Unterwasserfelsen. Die Passage, in der wir uns jetzt befinden, muss sehr schmal sein, denn trotz all des Walspecks um uns herum ist es dröhnend laut geworden.
    Irgendwann wird aus den Hammerschlägen wieder ein leises Pochen. Offenbar haben wir die Passage überwunden. Noch ein bisschen weiter, dann kann der Wal aufsteigen.
    Plötzlich erhöht sich unser Tempo. Wir werden nach hinten, dann nach vorn geschleudert. Ich verliere den Kontakt zu Conors Hand. Der Wal rollt hin und her, mein Magen zieht sich zusammen. Ihr Körper bebt, als würde sie sich den Weg durch riesige Wellen bahnen. Erneut rollt sie zur Seite, bevor sie von einem mächtigen Stoß erschüttert wird. Ich verliere den Halt, krache gegen ihren gerippten Gaumen, lande auf der Zunge und werde als Nächstes gegen die Säulen ihrer Zähne geschleudert. Ein weiteres Beben geht mir durch Mark und Bein und lässt meine Zähne klappern.
    »Sie wird angegriffen! Das muss ein Riesentintenfisch sein!«, höre ich Faros Stimme, doch ich kann ihn nicht erreichen, weil wir auseinandergerissen wurden. Sie scheint um ihr Leben zu kämpfen. Doch wie soll sie kämpfen, ohne ihre Zähne zu benutzen? Sie müsste ihre Kiefer öffnen, um sich verteidigen zu können. Doch dann würden wir aus ihrem Mund herausgeschleudert werden.
    Der nächste Ruck. Als wäre man im Bauch eines Flugzeugs, das in einem Kriegsfilm durch die Luft taumelt, nachdem es angeschossen wurde. Ein ums andere Mal geht der Tintenfisch zum Angriff über. Wie lange kann sie noch durchhalten, ohne ihre Zähne zu benutzen?
    »Halt durch … halt durch, meine Kleine«, höre ich das verzerrte Dröhnen ihrer Stimme.
    »Du musst kämpfen, lieber Wal! Du darfst dich nicht töten lassen!«
    »Aber nein, kleiner Nacktfuß. Halt dich fest, gleich geht’s nach oben.«
    Riesentintenfische leben nur in den Felsspalten der Tiefe. Sie können einem Wal nicht nach oben folgen. Aber was passiert, wenn sie sich mit ihren Tentakeln schon an ihm festgesaugt haben?
    Wir befinden uns inmitten des Kampfes, wissen aber nicht, was genau passiert. Wir können nur raten, was dort draußen in der Tiefe vor sich geht. Sicher versucht der Tintenfisch, seine Arme so weit wie möglich um unseren Wal zu schlingen. Sie drischt vermutlich mit ihrer Schwanzflosse auf den Gegner ein. Das Wasser um uns her muss in wildestem Aufruhr sein, während unser Wal verzweifelt darum kämpft, sich für einen Augenblick zu befreien, in die Höhe zu steigen und endgültig den Fängen des Riesentintenfischs zu entkommen.
    Plötzlich erstirbt jede Bewegung. Sie liegt regungslos da, während wir in ihrem Mund ausharren. Sie wird doch nicht … Warum bewegt sie sich nicht? Sie ist tot, denke ich voller Grauen. Der Riesentintenfisch hat sie umgebracht. Sie ist tot und wir sind dafür verantwortlich. Sie ist doch nur in die Tiefe zurückgekehrt, um uns …
    Aber dann beschleunigt sie so kraftvoll wie ein Flugzeug auf der Startbahn und rast in voller Fahrt nach oben.

Sechzehntes Kapitel

    I n ihrer Flanke, dort wo der Riesentintenfisch seine Zähne in ihr Fleisch geschlagen hat, strömt das Blut aus tiefen Wunden. Ihr Körper ist von den Abdrücken der Tentakel übersät, manche davon haben ihr regelrecht die Haut abgezogen. Sie sieht aus wie ein ramponiertes Schiff, das sich nach schwerem Kampf in den heimischen Hafen zurückkämpft.
    Sie hat uns die ganze Zeit geschützt und kein einziges Mal den Mund geöffnet.
    »Wir verdanken dir so viel, lieber Wal. Ohne deinen Mut hätte der Tintenfisch uns alle in Stücke gerissen.«
    Ich schwimme neben

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