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Nixenfluch

Nixenfluch

Titel: Nixenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dunmore
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abgöttisch geliebt wird. Ich habe mich mit Rainbow angefreundet. Und Granny Carne hat mir die Vogelbeeren gegeben. Sie hat sie nicht Conor gegeben, obwohl in ihm so viel mehr Erde ist als in mir.
    »Hast du das ernst gemeint, dass du mich begleiten willst?« Faros Stimme dringt kaum noch an mein Ohr, doch Conor hat sie verstanden.
    »Nein, hat sie nicht«, antwortet er mit Schärfe. »Sie geht jetzt nach Hause, wo sie hingehört. Komm, Saph, wir sind fast da.« Conor beschleunigt das Tempo, bis er uns beide überholt hat.
    Ich will jetzt keine großen Diskussionen. Außerdem müsste ich schreien, damit Conor mich versteht. Er prescht jetzt so vehement der Küste entgegen, als könne er es gar nicht erwarten, nach Hause zu kommen.
    Faro und ich sind ins Hintertreffen geraten. Das Wasser ist immer noch tief und salzig genug, um zu Indigo zu gehören. Indigo hat seine Arme um mich geschlungen. Vielleicht weiß man erst im Moment des Abschieds, wie sehr man jemand oder etwas liebt.
    Unter uns erkenne ich Sand, das Wasser leuchtet türkis.
    »Faro?«
    »Ich bin hier.«
    Wir haben keine Eile. Wir sind in der Tiefe gewesen und lebend zurückgekehrt. Die Stimme des Kraken ist verstummt. Das reicht für den Moment. Faro lächelt mich an.
    »Wir müssen ein Armband aus unseren Haaren machen«, sagt er.
    »Was?«
    »Das tun die Mer als Zeichen der Freundschaft. Wir schneiden uns beide eine Haarsträhne ab und flechten sie so eng ineinander, dass sie vom Wasser nicht mehr getrennt werden können. Es gibt die verschiedensten Webmuster. Wir müssen uns eines aussuchen, das zu uns passt.«
    Ich betrachte Faros lange Haare, die seine Schultern umspielen. Ihre Farbe ist meiner Haarfarbe ziemlich ähnlich. Wenn man unsere Haare ineinander webt, wird es kaum möglich sein, sie noch voneinander zu unterscheiden.
    »Womit willst du dir eine Strähne abschneiden?« Ich kann mir nicht vorstellen, dass es Scheren in Indigo gibt.
    »Mit dem Rand einer Venusmuschel.«
    »Dafür haben wir jetzt keine Zeit, Faro.« Doch mir gefällt die Vorstellung. Dann wird ein Teil von mir immer in Indigo sein.
    »Dann eben das nächste Mal.« Faros Augen leuchten vor Eifer. »Lass uns die Armbänder auf jeden Fall vor der Versammlung anfertigen, Sapphire. Dort werden wir sie dann tragen. Es wird ein Zeichen sein. Sowie sie einen von uns für die große Reise auswählen, müssen sie auch den anderen auswählen.«
    Faros Selbstbewusstsein ist manchmal schier unerträglich. Er verwandelt jedes »Falls« in ein »Sowie«. Aber irgendwie gefällt mir das auch. Ich liebe diesen Gedanken, dass alles möglich ist und wir selbst unser einziges Hindernis sind.
    »Aber bist du sicher, dass du mich dabeihaben willst, Faro? Vielleicht hast du ohne mich eine größere Chance.«
    »Größere Chance!«, stößt Faro spöttisch aus. »Warum so zaghaft, kleine Schwester? Wir werden unsere eigenen Chancen erschaffen.«

Zwanzigstes Kapitel

    N iemand geht zu unserer Bucht. Na gut, hin und wieder, aber eben nicht sehr oft. Der Abstieg ist zu steil, deshalb lässt sich auch kaum etwas mitnehmen, und die Flut kommt äußerst schnell. Fast alle anderen bevorzugen die Morvrinney Bucht, die ungefähr anderthalb Kilometer entfernt liegt.
    Doch jetzt ist jemand da. Eine Person steht auf dem flachen weißen Sand bei den Felsen, während Conor und ich die Wasseroberfläche durchdringen. Zunächst nehme ich keine Notiz von ihr, weil ich vollkommen damit beschäftigt bin, nach Atem zu ringen. Ich war zu lange in Indigo.
    »Alles okay, Saph?«
    Ich drehe mich auf den Rücken und ziehe schmerzhaft die Luft ein. Meine Lungen fühlen sich wie Papiertüten an, die jemand zu kleinen Bällen zusammengeknautscht hat. Sie wollen sich einfach nicht wieder ausdehnen.
    »Wird bestimmt gleich besser«, tröstet mich Conor.
    »Ich weiß, ich …«
    »Nicht reden.«
    Ich lasse mich treiben, bis meine Atmung sich beruhigt hat. Sobald ich ein wenig besser aussehe, sagt Conor mit warnender Stimme: »Da ist jemand in der Bucht, Saph. Wir müssen vorsichtig sein.«
    Wir drehen uns auf den Bauch und steuern den Strand an. Wer auch immer da steht, er kann zumindest Faro nicht gesehen haben, der diesmal nicht mit in die Bucht geschwommen ist. Es mag ein bisschen merkwürdig erscheinen, im April ein ausgiebiges Bad im Meer zu nehmen, aber so sind wir nun mal. Das Problem besteht vielmehr darin, dass dieser Jemand aller Wahrscheinlichkeit nach Mum kennt, weil nur Einheimische den Weg hierher finden.
    Langsam

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