Nixenmagier
schwimmen ständig hin und her, als würden sie Wache halten.«
»Wache halten? So wie die Wächterrobben?«
Die Wächterrobben bewachen die Grenze zu Limina – dem Ort, den die Mer aufsuchen, um zu sterben. Und sie sind bereit, jeden zu töten, der den Frieden von Limina bedroht. Fast hätten sie auch Roger und seinen Freund Gray getötet. Mir graut, wenn ich daran denke, wie die Graurobben ihn und Gray wie Stoffpuppen durch das Wasser gestoßen haben. »Glaubst du, dass die Haie die Wälder von Aleph bewachen, Conor?«
»Sieht ganz so aus.« Conor späht angestrengt nach oben. Er hat schon immer eine stärkere Sehkraft gehabt als ich. »Sie sehen wie Wächter aus, genau wie die Graurobben in Limina. Aber mach dir keine Sorgen, Saph. Solange wir unter Saldowrs Schutz stehen, können sie uns nichts anhaben.«
Ich gleite näher an Conor heran, folge seinem Zeigefinger mit dem Blick und sehe eine vertraute Gestalt: einen länglichen, geschmeidigen, stromlinienförmigen Körper mit zurücktretendem Unterkiefer. Der Hai durchquert mein Blickfeld, um mit einem kraftvollen Schlag seiner Schwanzflosse kehrtzumachen und zurückzuschwimmen. Ein Stück über ihm erblicke ich ein zweites Exemplar.
»Warum haben sie uns nicht angegriffen, als wir hierher kamen?«
Conor zuckt die Schultern. »Sei einfach froh, dass sie es nicht getan haben.«
Saldowr ist auf dem Rückweg. Er trägt einen Umhang, der dasselbe Tintenblau hat wie eine Muschelschale. Er umfließt seine Gestalt und hat sich über seinen rechten Arm gelegt. Saldowr hält etwas in der Hand, das vom Umhang verborgen wird. Sein Gesicht ist ernst. Seine Augenbrauen sind zusammengezogen, doch glaube ich nicht, dass er zornig auf uns ist. Sein Umhang bauscht sich, tintenblau, schwarz und perlmuttfarben.
Er hält an und blickt uns in die Augen. Dann breitet er die Arme weit aus, worauf der Umhang von seinen Schultern gleitet. In der rechten Hand hält er einen Spiegel. Er ist nur so groß wie meine Hand und besteht aus einem stumpfen Metall, das in etwa wie Zink aussieht. Es gibt keinerlei Verzierungen. Ein ziemlich enttäuschender Anblick. Ich hatte mir etwas viel Bedeutsameres vorgestellt und strecke meine Hand aus, um den Spiegel zu berühren.
»Nicht anfassen!«, ruft Saldowr. Ich zucke zurück, als hätte ich mich verbrannt.
»Ihr dürft schauen, aber nicht anfassen. Einer nach dem anderen. Wer will anfangen?«
»Conor fängt an«, antworte ich rasch. »Er ist der Ältere.«
»Und du die Neugierigere von uns beiden«, murmelt Conor. Saldowr blickt ihn ernst an. Conor streckt sich und tritt vor. Saldowr hält ihm den Spiegel entgegen.
»Sieh hin, aber fass ihn nicht an«, wiederholt er.
Zögernd, mit herunterhängenden Armen, beugt sich Conor über den Spiegel. Ich kann ihn nicht sehen, weil er von Conors Rücken verdeckt wird.
Plötzlich ballt Conor die Fäuste. Sein ganzer Körper ist angespannt. Ich erwarte, dass er jeden Moment die Beherrschung verliert, doch er bleibt ganz ruhig.
Niemand spricht ein Wort. Mein Bruder starrt wie gebannt in den Spiegel, den Saldowr ihm vors Gesicht hält. Die Schatten der wogenden Gräser über unseren Köpfen flackern über seinen Umhang. Ich betrachte die Muster, die dabei entstehen, und falle schon nach wenigen Sekunden in eine Art Trance, als wäre ich hypnotisiert worden.
Nur mit größter Anstrengung komme ich wieder zu Bewusstsein. Ich muss mich vergewissern, dass es Conor gut geht. Wie lange starrt er bereits in den Spiegel? Vielleicht waren es nur ein paar Sekunden, doch kommt es mir wie Minuten oder gar Stunden vor.
Saldowr ist unser Freund. Er würde nicht versuchen, mich oder Conor zu hypnotisieren, das weiß ich genau. Schließlich tritt Conor zurück und steht wieder neben mir. Ich strecke meinen Arm aus und drücke seine Hand, aber er erwidert die Geste nicht. Er versucht, mich anzulächeln, doch seine Augen lächeln nicht. Vielmehr blitzen sie vor Zorn.
»Alles in Ordnung, Con?«
»Später, Saph!« Er ist außer Atem, als hätte er sich gerade ein Wettrennen geliefert. Saldowr lässt die Hand sinken, worauf sich der Umhang wieder um den Spiegel schließt. Will er mich nicht auch gucken lassen?
»Der Spiegel muss wieder verborgen werden«, sagt er ruhig.
»Aber … aber Sie haben ihn Conor doch auch gezeigt.«
»Willst du sehen, was der Spiegel dir enthüllt, mein Kind?«
»Nicht nötig!«, schaltet sich Conor ein. »Saph braucht nicht auch noch hineinzuschauen.«
»Findest du nicht, dass
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