No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition)
in der Regel bei Urheberrechtsverletzungen nicht herangezogen werden, da es subsidiär zu den vorrangigen Vorschriften des Urheberrechts ist. Dementsprechend kann man eine Verletzung des Urheberrechts grundsätzlich nur nach den speziellen gesetzlichen Regelungen des Urheberrechts geltend machen. Würde man im deutschen Recht aber die Spezialgesetze zum Urheberrecht abschaffen, so wären die Urheberrechte als »sonstiges Recht« im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB (unerlaubte Handlung) geschützt. (Mit Dank an Mike Westkamp für die Erläuterung.)
2.
Unbefriedigende
Alternativen
und Schlimmeres
Allgegenwärtig schädlich
Das Urheberrecht ist mittlerweile so allumfassend und bestimmend geworden, dass es nicht verwunderlich ist, wenn seine Glaubwürdigkeit und Legitimität immer mehr infrage gestellt wird. Also wird zunehmend nach Alternativen gesucht, die wir in diesem Kapitel behandeln möchten. Wir stellen verschiedene Herangehensweisen vor, die allesamt darauf abzielen, in Sachen Urheberrecht das Steuer herumzureißen. Die erste wird von verschiedenen Wissenschaftlern und Aktivisten verfolgt, die gern in die gute alte Zeit zurück möchten. Ihr Argument lautet, das Urheberrecht sei an sich gar keine so schlechte Idee, es sei nur völlig aus dem Ruder gelaufen, also müsse man es wieder auf ein normales Maß zurückschrauben. Zum Zweiten stoßen wir bei den nichtwestlichen Ländern auf ein Bedürfnis, Wissen und Kultur des eigenen Landes vor Diebstahl aus dem Westen zu bewahren. Diese Länder würden den individuellen Charakter der Rechte des geistigen Eigentums gern ins Kollektive wenden. Eine dritte Herangehensweise hat verschiedene Modelle der Steuerfinanzierung von Kunst und Kultur im Blick, die geeignet sein könnten, das System des Copyrights zu ersetzen oder zu vereinfachen. Wie können Abgaben effektiver erhoben und Ausschüttungen gleichmäßiger verteilt werden? Auch wird immer mehr Kritik an den Verwertungsgesellschaften laut, die ziemlich bürokratisch sind und bei denen viel Geld für eine teure Verwaltung hängen bleibt. Eine vierte Herangehensweise an das heutige Urheberrecht lässt sich in zwei ganz verschiedene, ja sogar gegensätzliche Richtungen unterteilen. Beide zielen darauf ab, Regeln einzuführen, die auf dem Vertragsrecht basieren, wodurch das heutige System des Urheberrechts in den Hintergrund gedrängt, ja komplett verbannt wird. Dem Nutzer eines künstlerischen Werks wird ein Vertrag darüber angeboten, in welcher Weise das Werk genutzt werden darf. Mithilfe von digitalem Rechtemanagement (DRM) wird sichergestellt, dass dieser Vertrag auch eingehalten wird. Zumindest ist das die Idee dahinter. Aber wie sehen nun die beiden unterschiedlichen Strömungen aus? Da sind zunächst die Creative Commons, deren Anhänger sicherstellen wollen, dass Kunst und Kultur dem Publikum möglichst unkompliziert zur Verfügung stehen. Um das zu erreichen, wurde ein Baukasten mit Standardlizenzen entwickelt, die dem Werk sozusagen angeheftet werden, während das private Eigentum daran weiterhin durch das Urheberrecht geschützt ist. Wie man es auch kehren und wenden mag, es bleiben Verträge. Die andere Strömung wird von den großen Kultur- und Medienunternehmen getragen. Diese schließen über ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen restriktive Lizenzverträge ab, bei denen sie ihr Publikum mit allerlei Einschränkungen gängeln. Ein gutes Beispiel dafür ist der iTunes-Store.
Offensichtlich entwickelt sich die Diskussion über das Urheberrecht, auch unter dem Einfluss der Digitalisierung, derzeit in unterschiedliche Richtungen. Die großen Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft wollen die Nutzung von Kunst und Kultur am liebsten bis ins kleinste Detail regeln, beherrschen und kontrollieren. Andere, kritische Urheberrechtsexperten und Verfechter der Creative Commons, wollen genau das Gegenteil. Nämlich die Auswirkungen des Urheberrechts abschwächen und dafür sorgen, dass das Gemeininteresse wieder mehr einbezogen wird.
Dies sind also die Alternativen, wie sie bislang formuliert und in die Praxis umgesetzt wurden. Und dann sind da noch die Millionen von Bürgerinnen und Bürgern, die das Copyright komplett ignorieren und ihre Dateien einfach rauf- und runterladen. Nicht gerade zur Freude der Industrie, die alles dafür tut, den Leuten einzuschärfen, wie wichtig das Urheberrecht ist. Mit Erfolg? Eher nicht. Weder Aufklärungsmaßnahmen noch Propaganda scheinen zu helfen (vgl. Litman
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