No Sex in the City
Spaß in London war vor allem eines - laut. Alles in London war laut, die U-Bahn, der Verkehr, die Bars, das angeberische Gebrüll der jungen Aufsteiger. Manchmal stand Katie der Sinn nur noch nach Ruhe und Frieden.
Mit Louise zusammenzuleben war kaum zum Aushalten. Katie wollte ihr eine mitfühlende Freundin sein. Wirklich. Sie war nicht eine von diesen Leuten, die andere zu sich einluden und dann Hinweise fallen ließen, wie man eine Pfanne putzt und welche Handtücher für welche Zwecke da sind. Louise sollte sich nicht noch schlechter fühlen. Ihre allgemeine Einstellung zur Welt schien sich trotzdem nicht zu bessern.
Katie wandte sich dem Stapel Arbeit auf ihrem Schreibtisch zu. Heute hatte sie es mit einer neuen Diät zu tun, bei der schokoladenumhüllte Erdnüsse und Käse sämtliche Mahlzeiten ersetzen sollten. Hatte man jedes für sich einst als Kalorienbombe angesehen, so hatte man jetzt herausgefunden, dass beides in Kombination und wenn man alles andere beiseiteließ, einen erstaunlichen Einfluss auf die Gewichtsreduzierung hatte. Wie ein Lauffeuer hatte sich der CCPC plan ausgebreitet - so hieß die Diät in wissenschaftlicher Manier. Katies Aufgabe war es, die hier und da aufkommenden Schauergeschichten um Aknerisiko und mögliche Herzprobleme herunterzuspielen. Sie hatte echt zu tun.
Kurz schweiften ihre Gedanken zu der Frage ab, was sie wohl als PR-Frau für eine Forstverwaltung zu tun haben würde. Ihr wurde klar, dass sie nicht die leiseste Idee hatte. Vielleicht gab es viel Baumschwund in der Weihnachtszeit. Nein, Quatsch, das wäre eine Aufgabe für die Polizei. Vielleicht sollten Camper herbeigelockt werden ... in einen Wald im tiefsten Schottland? Nein, eher nicht. Nur die Unerschrockensten würden überleben, und sie wollte nicht am Kältetod aller anderen schuld sein ... obwohl ... Sie sah auf die neuesten CCPC-Unterlagen und seufzte.
Miko schleppte sich in den Raum, ihr wunderschönes Gesicht war eine wütende Grimasse. »Wie viel besser sehe ich aus als du, was hatten wir gesagt?«
»Fünfzig- bis hundertmal so gut?«
»Warum hat er dann nicht angerufen?«
»Weil du einen missratenen Charakter hast?«
» Glaub ich kaum.«
»Weil du Angst hast?«
»Wir schreiben das Jahr 2005. Alle Frauen haben Angst.«
Sie betrachtete ihre blutroten Kunstnägel. »Glaubst du, dass ich mit den Nägeln ein wenig übertreibe?«
»Säufst du nachts menschliches Blut?«
»Sieh mich an. Ich trage XXS. Ich saufe überhaupt nichts.«
»Nun, da wären wir wieder beim Charakter ...«
»Olivia will dich sprechen«, erklärte Miko kurz.
»Wie geht es dir? Ich hoffe doch, gut? Was hast du heute Morgen zum Frühstück gegessen?«
Oh Gott, Olivia hatte ihre Ich-bin-hier-der-Chef-Tour drauf.
Katie hatte die letzten vier Schokoladenkekse gegessen. »Zwei Bananen und ein Smoothie«, sagte sie.
Olivia zog eine Augenbraue hoch, aber nur ganz leicht. Die Haut wirkte verdächtig straff. »Smoothie? Du weißt, dass so etwas Milch von Kühen enthält?«
»Gleich von mehreren?«, fragte Katie.
»Wir müssen nicht allzu spitzfindig sein. Jetzt aber .« Sie legte ihre Arme in einer Weise auf den Schreibtisch, dass ihre unglaubliche Offenheit und Aufgeschlossenheit perfekt zum Ausdruck kamen. Das war nicht gut. »Du wirst es nicht glauben ... es ist wirklich ungeheuer komisch.«
Katie ging in Habachtstellung. Kam jetzt eine dieser magenumstülpenden Warenproben zum Vorschein, die sie immer ins Büro geschickt bekam und ahnungslosen Juniorkollegen andrehte, um ihre Brechreflexe zu testen?
»Ja?«
In Olivias Büro klirrten lauter Kristalle vor sich hin, wenn man auch nur den kleinen Finger rührte, und sie sandten verschiedene Farben in alle Raumecken aus. Jahre nach der großen Feng-Shui-Welle klammerte sich Olivia immer noch wie besessen daran fest.
»Wir haben«, sagte sie und riss die Augen auf wie eine Kindergärtnerin, »einen neuen Kunden!«
»Toll«, sagte Katie. »Gut gemacht.« Hoffentlich war es Shampoo. Ihr Haar war in letzter Zeit so müde und spröde - ihrer Stimmung nicht ganz unähnlich. Außerdem hatte sie vor dem Spiegel ein graues Haar ausgezupft.
»Und es geht um ein Gebiet, das nichts mit dem zu tun hat, was wir sonst so machen.«
Jetzt war sie gespannt. Wow, vielleicht war es was mit Promis? Sie sah sich schon als einer dieser Bluthunde der PR-Branche mit einer Berühmtheit dasitzen und zudringliche Journalisten niedermachen, wenn sie mit Drogenproblemen und Ehebruch
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