No Sex in the City
Schloss, aber mehr als ein Gutshaus, errichtet in grauem Stein und scharf gegen das Meer abgehoben, das hinter der Ausbuchtung der Küste wieder zu sehen war. Es war prächtig. Auf zwei Etagen verteilten sich unzählige abweisende Fenster, zum Eingang führte eine breite Treppe hoch.
Als sie näher kamen, erwies sich das Gebäude allerdings als hoffnungslos baufällig. Von den Fensterbänken blätterte die Farbe ab, und Wasser tropfte von den Dachvorsprün-gen. Auf dem Dach fehlten Ziegel, und die große Eingangstür müsste dringend gestrichen werden. Insgesamt sah das Gebäude ziemlich unheimlich aus, ein idealer Schauplatz für Geistererscheinungen.
»Kommen Sie rein«, sagte der Laird und ging auf der Hausrückseite durch eine große Küche mit Resopalmöbeln und einem altmodischen Herd, der sicher schon bes-sere Tage gesehen hatte. »Entschuldigen Sie die Unordnung«, sagte er und sah sich um, als wäre er selbst überrascht. »Meine Hausangestellten ...«, er verlor sich für einen Moment in Gedanken. »Nun, egal. Sie sind alle tot. Tee?«
Katie und Louise sahen sich an und wussten nicht, ob sie es wagen sollten, hier etwas zu sich zu nehmen. Andererseits aßen sie ja auch morgens bei Mrs McClockerty.
»Gern«, sagte Louise.
»Für mich nur ein Wasser«, sagte Katie im selben Moment.
Kennedy kniff die Augenbrauen zusammen. »Unsinn. Trinken Sie Tee.«
Er drängte sie durch die Tür hindurch und suchte lautstark nach Tassen. Katie sah im Vorübergehen einen staubigen Schrank, der fast bis obenhin mit Baked-Beans-Kon-serven und Spaghetti-Nestern gefüllt war.
Die Vorhalle war absolut gewaltig, eine ausladende, nicht ganz vertrauenerweckende Holztreppe führte an drei Wänden entlang ins obere Stockwerk. Neben das Treppengeländer hatte man eine große Standuhr gestellt.
»Gott, schau dir das bloß an«, sagte Louise. »Würde das nicht ein prächtiges Kurhotel abgeben?«
»Ein bisschen Respekt, bitte«, sagte Katie. Das heruntergekommene Gutshaus machte sie aus irgendwelchen Gründen melancholisch.
»Ich habe Respekt vor Kurhotels«, erklärte Louise. »Wo sollen wir uns wohl hinbegeben?«
Zahlreiche schwere Eichentüren gingen von der Vorhalle ab.
»Hinter welcher, würdest du sagen, ist die Leiche am wenigsten wahrscheinlich zu finden?«, fragte Katie nur halb im Scherz. Licht fiel ausschließlich aus den Fenstern im oberen Geschoss herein, und die waren, wenig überraschend, nicht ganz sauber.
Louise schritt mutig voran und drückte gegen die größte Tür, eine mit zwei gewaltigen Flügeln und einem kunstvollen Bogen darüber. Es knarrte.
»Ich habe die Alton Towers auch überlebt«, sagte Louise.
Katie hielt sich dicht hinter ihr und klammerte sich an ihren Arm. Beide taten so, als hätten sie keine Angst.
»Du musst fester drücken«, sagte Katie.
»Mach du doch«, sagte Louise. »Es waren einmal zwei Mädchen, die hatten sich mitten im Niemandsland verlaufen und ließen sich von einem fremden Mann zum Tee einladen ... und sie wurden nie wieder gesehen.«
»Hör auf zu spinnen«, sagte Katie nervös. Sie stemmte sich gegen die Tür.
Die Tür knarrte lauter und öffnete sich langsam. Beide steckten ihren Kopf hinein und machten große Augen.
Der Raum, der sie empfing, war groß, er hatte einen dreckigen Holzboden, und eingestaubte alte Kronleuchter hingen von der Decke. Die Fenster waren so schmutzig, dass man kaum hindurchsehen konnte, und zogen sich die gesamte Wand entlang. Möbel gab es nicht.
»Oh Gott«, sagte Louise.
»Ein Tanzsaal«, flüsterte Katie entzückt.
»Überleg mal, was der in Kensington wert wäre«, sagte Louise. »So viele Nullen kannst du gar nicht zählen.«
Katie hatte den Raum bereits betreten, vollkommen verzaubert. Obwohl er so staubig und heruntergekommen war wie das ganze Haus, spürte man hier noch die Vergangenheit: großartige Nächte, Tanz und Flirt, Seidenfächer und Bowle und weite, wogende Röcke. Vor ihren Augen liefen Szenen a la Jane Austen ab, und obwohl die Realität hier oben sicher eine andere gewesen war, wurde sie von ihrer Fantasie überwältigt, sah sich Tanzkärtchen ausfüllen, was auch immer das war, und sich in Gesten der Höflichkeit ergehen. Dann besann sie sich wieder auf ihren Beruf und erkannte hier den idealen Ort, um eine Fundraising-Party für die Rettung des Waldes zu veranstalten. Allerdings würde das Haus mindestens ebenso viel Hilfe benötigen.
Es zog sie zu den Fenstern. Der Rasen draußen wucherte vor sich hin,
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