No Sex in the City
spielen. Meistens lief es darauf hinaus, dass wir uns gegenseitig verprügelt haben. Weißt du, dass es im Sommer hier erst gegen halb elf dunkel wird?«
»Tatsächlich?«
Er nickte. »Wir blieben so lange draußen, wie wir die Mücken ertragen konnten. Dann waren wir ausgehungert, und seine Mutter hat uns durchgefüttert. Ich habe praktisch bei ihnen zu Hause gelebt.« Er sah traurig aus. »Ich war doch noch so klein. Du kannst dir nicht vorstellen ... Sie bekam eine Glatze und so. Ich hatte vielleicht eine Angst. Ich war total verstört. Er ist nicht der Einzige, der sie vermisst. Ich habe versucht, mich zu entschuldigen und ihm zu sagen, wie leid mir das alles tut, aber du weißt ja, wie Jungen sind. Sicherlich hab ich es nicht richtig rübergebracht, und danach habe ich nur gedacht, leck mich, wenn du nicht mal eine Entschuldigung annehmen kannst. Dann bekam er diese idiotische Stelle bei der Forstverwaltung, seine Freundin verließ ihn, er ging seinen Weg, und ... na ja, seither sind wir irgendwie zerstritten.«
Bei den letzten Worten wirkte er beschämt. Katie sah die beiden plötzlich als Zehnjährige durch den Wald tollen und Cowboy und Indianer spielen - oder hier oben vielleicht eher Schotten und Engländer.
»Denkst du nicht, es wäre an der Zeit, dass ihr das wieder hinkriegt?«, fragte sie vorsichtig.
»Wie bitte? Jetzt, da mein Vater seinen kostbaren Wald roden will? Nicht sehr wahrscheinlich.«
»Vielleicht könntet ihr euch gegen ihn verbünden.«
»Klar, das wäre meiner Beziehung zu meinem Vater sehr zuträglich.« Iain sah gequält aus. »Ich hänge doch dazwischen ... zwischen allen Stühlen. Und dabei versuche ich nur, mich korrekt zu verhalten.«
Jetzt verschwanden in Katie die letzten Zweifel, und sie sah Iain warmherzig an. Er wirkte so hilflos, wie er da so stand, dass sie hinüberging und die Arme um ihn legte.
»Alles wird gut«, sagte sie.
»Das weiß ich«, sagte Iain. »Es macht mich nur wahnsinnig. Wütend«, erklärte er, als er ihre Miene sah. »Was glaubst du, warum ich hier arbeite? Um ein ruhiges Leben zu haben? Ha!«
»Was hast du vor?«, fragte Katie.
»Ich werde den Leuten aus dem Weg gehen und das Telefon nicht abnehmen, wenn meine Eltern anrufen. Ich habe darüber nachgedacht und glaube, dass diese Taktik von äußerster Reife zeugt.«
»Weglaufen?«
»Bei Louise funktioniert es auch.«
»Das stimmt.« Katie dachte einen Moment nach. »Aber wir haben so viel vor! Die Party, der Kampagnenfond und, wie du weißt, die Sache mit den blauen Hintern. Du wirst sie alle treffen.«
»Nun, ich wüsste nicht, wieso ich meinen Vater treffen sollte, er wird ja wohl kaum in den Kampagnenfond einzahlen. Und deinen Mr Barr sehe ich sowieso ständig, das lässt sich kaum vermeiden. Es wird schon nicht knallen, keine Sorge. Wir pflegen eine gewissermaßen frostige Höflichkeit.«
»Frostige Höflichkeit. Mmh. Das ist eine gute Basis, um daran zu arbeiten«, sagte Katie.
Iain sprang sofort darauf an. »Arbeiten! Genau darüber müssen wir reden.«
»Wie meinst du das?«
»Du bist für eine Radiosendung heute eingeplant. Deswegen habe ich dich antreten lassen.« Er sah fast schuldbewusst aus.
»Du hast mich nicht antreten lassen. Ich bin wegen der Anzeige gekommen.«
»Ich weiß. Entschuldigung. Ich hätte dich eher anrufen sollen.«
»Würde ich auch sagen.«
»Trotzdem, hör zu. Du bist heute Abend im Radio. Ich wollte dich gerade anrufen.«
»Wie? Was für ein Radio?«
»Du bist doch Medienfrau, oder? Du bist doch ständig im Radio.«
»Nein, ich bringe andere Leute ins Radio. Du hast überhaupt keine Ahnung von meinem Job«, erklärte Katie, die jetzt Angst bekam.
»Aha, egal. Heute Abend halb acht. Es ist in Ullapool, ich fahre dich hin, wenn du willst. Soll ich dich um sieben abholen?«
Er nahm Katies Anzeige und musterte sie, ein Auge halb geschlossen. Katie durchschaute das zu Recht als Redaktionsgehabe.
»Nein, nein, nein!«, sagte sie. »Ich war noch nie im Radio. Was soll ich denn da tun?«
»Fragen von Fergus McBroon beantworten. Das ist überhaupt kein Problem für dich.«
Katie bekam Panik. Die Vorstellung, vor anderen Leuten zu sprechen, vor allem vor Leuten, die sie nicht sehen konnte, die aber zu Hause saßen und über sie urteilten, machte ihr Angst.
»Aber ... was, wenn ich aus Versehen Scheiße sage?«
»Sag es einfach nicht.«
»Was, wenn man mir mitteilt, ich sei auf Sendung, und mir vor lauter Panik ein >verdammte Hacke, was soll der
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