No Sex in the City
»Stadt ohne Weiber«, dann ihre Namen.
Die Wohnung sah merkwürdig aus, so wie jede Wohnung, die eine Zeitlang nicht bewohnt worden war. Post, Rechnungen und all der Mist türmten sich auf dem Boden. Ein einsames Würstchen lag im Kühlschrank. Es roch muffig, und größer geworden war die Wohnung in ihrer Abwesenheit auch nicht. Tatsächlich war es jetzt noch schlimmer. Mrs McClockerty mochte nicht gerade das Ritz führen, aber ihr Haus war groß und hatte in alle vier Himmelsrichtungen eine schöne Aussicht. Hier konnte man vom Küchenfenster aus nach dem Spülmittel des Nachbarn angeln. Keine Aussicht nirgends. Warum war ihr das früher nicht aufgefallen?
»Komm«, rief sie Louise zu. »Wir gehen.«
Louise, die herumlief und gar nichts tat, nickte. Sie würden sich mit Olivia im Chi treffen, einer neuen Cocktailbar, die so trendy war, dass sie sich schon darauf freuten, zwölf Pfund für zwei Zentiliter mit Olive zu bezahlen, dann sofort loszuhusten und vom Barhocker zu fallen. Katie hätte eigentlich ein ruhiges Weinlokal vorgezogen, aber Olivia hatte sie auf die Gästeliste setzen lassen, es würde von Promis nur so wimmeln, und es war verdammt noch mal genau das, was eine hübsche Städterin ihres Alters zu tun wünschen sollte. Von wegen, einem kleinen lokalen Zeitungsbubi schöne Augen machen!
Sie zog ihr bevorzugtes enges D&G-Oberteil an, und als sie vor dem wenig schmeichelhaften Badezimmerspiegel Make-up auflegte, wurde ihr bewusst, dass sie sich schon seit Ewigkeiten nicht mehr geschminkt hatte, zumindest nicht so stark wie jetzt. Sie trug auch noch Glitzer auf, um das Versäumnis wiedergutzumachen. Weil sie Harry nicht zutraute, sich allein im wilden Londoner Norden zurechtzufinden, würde sie ihn an der U-Bahn-Station abholen und sich mit ihm in die Stadt stürzen, und morgen nach der Talkshow würde sie ihm auch noch ein paar Sehenswürdigkeiten zeigen. Als sie ihn gefragt hatte, was er denn gerne sehen würde, hatte er von Stanfords gesprochen, dem Reisebuchladen in Covent Garden. Sie war sicher, dass man sich da noch steigern konnte und die Hauptstadt einiges mehr zu bieten hatte. Heute Nacht würde er schon einmal sehen, wie cool und gestylt die Leute hier waren und dass es keinerlei Grund gab, sich die ganze Zeit so herablassend zu gebärden.
»Mach schon, Louise!«, sagte sie, weil das Mädel immer noch mit Trauermiene herumhing.
»Wird eine lange Schlange davorstehen und wird es überteuert sein und voller Idioten, die sich gegenseitig an den Kopf schmeißen, wie hoch ihr Bonus ist?«
»Ja«, sagte Katie. »Genau, wie du es liebst.«
»Okay«, sagte Louise und zog den Mantel über ihre schäbigste Jeans.
»Willst du so gehen?«
»Wieso? Tut das was zur Sache? Was bedeutet das alles schon?«
Verzweifelt brachte Katie sie dazu, ins Schlafzimmer zu gehen. »Wenn wir traurig sind, ziehen wir uns schön an und gehen aus und haben Spaß, okay? Genau das tun wir jetzt. Du steigst in irgendetwas Hübsches, oder Olivia wird dir einen Tritt verpassen, dass du nächsten Donnerstag erst wieder landest. Und einen Mantel brauchst du auch nicht. Wir sind zurück im Süden, und es ist Sommer.«
Katie ging ins Nebenzimmer, legte Donna Summer auf und mixte Louise einen starken Gin (mit einem Hauch Tonic).
»Trink das!«, befahl sie. »Wenn du London für den Rest deines Lebens meiden willst, nur weil irgendein Penner . Nun, wir alle könnten das tun, aber wir können auch ausgehen und uns amüsieren. Also trink, und Feierabend.«
Louise tat wie befohlen.
»Und denk dran, wie viel mehr Sex du hattest als Olivia, seit du hier weg bist.«
Louise fing augenblicklich an zu strahlen.
Sie trafen sich mit Harry an der U-Bahn-Station Green Park, wo die Schlange zum Club um die Ecke schon fast begann. Er trug einen schweren Fischerpullover, obwohl es in London ziemlich warm, bewölkt, schwül und ungemütlich war. Und außerdem wirkte er vollkommen fehl am Platz.
»Ich möchte ja nicht wie ein Bauerntölpel rüberkommen«, sagte er. »Aber wisst ihr, was ich gerade für ein Taxi bezahlt habe?«
»Über Taxipreise jammern: Bauerntölpelfehler Nummer eins«, sagte Katie. »Wir sind stolz darauf, dass wir das teuerste Verkehrssystem der Welt haben.«
»Fehler Nummer eins, ups? Was ist Nummer zwei?«
Sie sahen einer Zeitung hinterher, die sich zu voller Größe aufblähte und den Gehweg entlangflatterte. Die dreckigen Seiten gewannen an Fahrt, bis sie von jemandem niedergetrampelt wurden. Dann blickten sie
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