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no_way_out (German Edition)

no_way_out (German Edition)

Titel: no_way_out (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Gabathuler
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Zeichen. Der angeschwemmte Schuh war einfach nur ein angeschwemmter Schuh. Ich holte ihn mir und schlüpfte hinein. Zwei Stiefel. Ich hatte wieder zwei Stiefel. Vollgesogen mit Wasser. Einer mit und einer ohne Schnürsenkel.
    Schnürsenkel. In meinem Brei blubberte es leise. Eine Blase stieg auf. Ich war nicht sicher, ob sie mir etwas sagen wollte. Selbst wenn. Ich wollte nichts hören. Die Sonne brannte auf mich herab und wärmte mich auf. Smileys Spezialtrank entwickelte die gleiche Wirkung von innen her. Die Pillen sorgten dafür, dass sich mein Kopf nicht mehr anfühlte wie eine Folterkammer, sondern nur noch wie ein lauter Rummelplatz. Auf einer der Achterbahnen raste Edy in die Tiefe und hielt dabei ihre Arme in die Luft. Sie waren mit einem Schnürsenkel zusammengebunden. Am linken Handgelenk zeichnete sich deutlich eine weiße Linie ab. Schnürsenkel. Endlich begriff ich, was die Breiblase wollte.
    Ich hatte Edy gefesselt zurückgelassen! In dieser Wildnis war sie verloren mit zusammengebundenen Händen! Sogar in meinem benebelten Zustand war mir klar, dass ich sie suchen und losbinden musste.
    Das Laufen in den Schuhen fiel leichter als vorher, obwohl mein Fuß immer wieder aus dem Stiefel ohne Schnürsenkel glitt. Für den Rest sorgte der Spezialmix, den ich mir reingezogen hatte. Er schlug die Schmerzen in die Flucht, wenigstens für eine Weile.
    Das mit der Flucht schien auch Edy eingefallen zu sein. Die Felsplatte, auf der ich mit ihr gekämpft hatte, war leer. Auf der anderen Seite des Flusses bewegte sich nichts.
    War Edy weg? War sie noch hier? Ich drehte mich um meine eigene Achse. Mit mir drehte sich die ganze Schlucht. Das machte es ziemlich schwierig, etwas zu erkennen. Also blieb ich stehen und wartete, bis die Schlucht auch anhielt und die Landschaft um mich herum klar wurde.
    Hinter dem Uferstreifen erstreckte sich eine raue Buschlandschaft, durchzogen von sandigen Flächen voll Treibholz. Weiter hinten lag dichter Wald, über den schroffe Felswände ragten. Durch die Bäume waren die Umrisse eines Gebäudes zu erkennen. Aus den Wipfeln neben dem Haus flogen Vögel auf. Ich grübelte, ob das ein Smiley-Zeichen sein konnte. Dann fiel mir eine ganz logische Erklärung ein. Vögel flogen auf, wenn sich etwas bewegte. Edy! Sie war noch hier.
    Ich lief wieder los. In Richtung Vögel und Haus. Smiley hatte gesagt, es sei nur ein paar Meter vom Fluss entfernt. Da hatte ihn die Erinnerung ganz schön getäuscht. Und meine? Täuschte sie mich oder verdrängte ich sie? Es war nicht gerade der ideale Zeitpunkt für solche Gedanken, aber sie waren nun mal da und wollten gedacht werden. Hatte ich Jakes Lady umgebracht und wollte mich nicht daran erinnern?
    Die meisten Menschen glauben, sie würden nie jemanden umbringen. Ich wusste, dass es zumindest einen gab, den ich früher oder später umgebracht hätte. Dass ich es nicht getan hatte, lag nicht an mir. Jemand war mir zuvorgekommen und hatte den schwarzen Mann mit einem Auto von einem Zebrastreifen gefegt. Der Fahrer war nie gefunden worden. Wahrscheinlich ein Unfall mit Fahrerflucht, aber für mich war es eine gequälte Seele gewesen, die ihren Frieden im Auslöschen ihres Peinigers gesucht hatte. Der Gedanke hatte etwas Tröstliches. Ich hatte den schwarzen Mann gehasst und ihm den Tod gewünscht.
    Jakes Lady hatte ich nicht gehasst. Warum hätte ich sie umbringen sollen? Das war es, was ich an der ganzen Sache nicht verstand. Gut, mein Verstand funktionierte nicht wirklich. Seit mich Jake angefahren hatte, setzte er aus und ein, als würde jemand wie wild einen Schalter drücken. Es gab Momente, in denen ich kaum denken konnte, und andere, in denen ich alles glasklar sah. So wie jetzt. Trotz der Tabletten und des Spezialgesöffs. Oder vielleicht gerade deswegen. Ich war voll da und ich verstand nicht, warum ich Jakes Lady umgebracht haben sollte, wenn ich sie doch nicht gehasst hatte. Sie war nervig gewesen, anstrengend, aufdringlich, peinlich, traurig, armselig. Mehr nicht.
    Ein Abendessen noch, dann hätte ich die Fliege gemacht und hätte sie und ihr Elend hinter mir gelassen. Es gab keinen Grund, sie umzubringen, nicht einmal einen, mit ihr zu schlafen. Nichts ergab einen Sinn. Trotzdem war ich neben Jakes toter Lady aufgewacht. Blutverschmiert und nackt. War ich ausgetickt, wie vorhin auf der Felsplatte bei Edy? Hatte Jakes Lady mich etwas gefragt, das ich nicht hören wollte? Fickst du mich oder bringst du mich um? Was hatte ich getan? Was um

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