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no_way_out (German Edition)

no_way_out (German Edition)

Titel: no_way_out (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Gabathuler
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des Sets gehörten. Reiche Leute tickten definitiv anders. Die hatten nicht nur Versicherungen gegen alles, die sicherten sich auch sonst doppelt ab. Hektisch suchte ich nach etwas, das helfen könnte. »Antiallergikum«, las ich Edy vor.
    Sie hielt ihre Hand in die Höhe und streckte drei zerkratzte, aufgeschwollene Finger mit abgebrochenen Nägeln hoch. Ich begann zu ahnen, wie sie die Schnürsenkel losgeworden war. In dieser Tusse steckte nebst einer ungeheuren Portion Wille auch ziemlich viel Kraft und Mut. Ich drückte Edy drei Tabletten in die Hand. Sie spülte die Dinger mit einem Schluck von Smileys Trank hinunter.
    Nach kurzer Zeit atmete sie gleichmäßiger und dämmerte langsam weg. Trotzdem machte mir ihr Zustand Angst. Ich wusste nicht, ob man an Wespenstichen sterben konnte, aber ich konnte nichts anderes tun, als neben ihr zu wachen und ihren Körper zu kühlen.
    Ich zog meine T-Shirts aus der Tasche. Darunter war auch eins, das mir vorher nicht aufgefallen war. Es gehörte mir nicht. Obwohl es endlos lang im Wasser gelegen hatte, konnte man die Blutflecken immer noch sehen. Blutflecken! Mit einem Schrei warf ich das T-Shirt hinter einen Busch. Dafür war jetzt keine Zeit. Ich musste auf Edy aufpassen. Sie nicht sterben lassen.
    Immer wieder lief ich zum Fluss, tauchte T-Shirts ins Wasser und legte sie auf die geschwollene Haut. Sogar im Gesicht. Vielleicht wäre die Salbe besser gewesen, aber ich traute mich nicht, Edys Körper damit einzureiben. Sie wollte nicht, dass ich sie anfasste. Ihr den Kopf anzuheben war eine Sache, ihr mit den Fingern über die Haut zu streichen, eine ganz andere. Zumindest im Gesicht und an ihrem Oberkörper. Bei den Armen beschloss ich, eine Ausnahme zu machen. Ich strich eine Wundsalbe auf die aufgescheuerten Handgelenke, ohne die weiße Linie zu berühren, und wickelte einen leichten Verband darum.
    Zwischen den Gängen zum Fluss suchte ich nach einem Ersatz für den fehlenden Schnürsenkel. Dabei fand ich in Smileys Tüte total aufgeweichte Brote und ein paar Schokoriegel. Obwohl ich keinen Hunger hatte, würgte ich einen hinunter. Ich zog mir das letzte verbliebene T-Shirt über, zurrte den Bändel aus dem Kapuzenpullover und fädelte ihn in den Stiefel. Ganz langsam, während ich darüber nachdachte, wie und warum das T-Shirt von Jakes Lady in meine Tasche gelangt war. Ich kam zu keinem Ergebnis.
    Am Schluss blieb die Wunde am Bein. Der Verband war voller Blutflecken. Es dauerte ewig, bis ich ihn gelöst hatte, denn immer wieder riss verheilender Schorf mit oder er blieb an offenen, entzündeten Stellen kleben. Entweder war Doc Walter ein lausiger Doc oder ich hatte dem Bein zu viel zugemutet. Es sah nicht gerade gut aus. Ich versorgte die Wunde und gönnte mir danach zwei Schmerztabletten.
    All diese Dinge hielten mich wach und machten mich gleichzeitig müde. Irgendwann war ich zu erschöpft, um aufzustehen, zum Fluss zu laufen und T-Shirts ins Wasser zu tauchen. Ich brauchte eine Pause, einfach eine kurze Pause. Mir fiel die Salbe gegen Insektenstiche ein. Sie war besser als nichts. Und mehr hassen als jetzt schon, konnte mich Edy nicht mehr.
    Ich drückte die Salbe auf meinen Zeigefinger. Über Edys Gesicht zu fahren, erinnerte mich an meine perverse Aktion auf der Felsplatte, mit der ich mich für ihre Spinnennummer gerächt hatte.
    »Tut mir leid«, flüsterte ich.
    Edy stöhnte leise.
    Ich zuckte zurück. »Edy?«, fragte ich.
    Sie reagierte nicht. Trotzdem traute ich mich nicht, nach dem Gesicht die Haut beim Ausschnitt einzucremen. Auch wenn Edy mich sowieso hasste.
    Ich starrte über das Buschland ins Nichts und dachte darüber nach, wie eine Narbe am Handgelenk zu einer Person passte, die durch Flüsse watete und gegen Wespen und durchgeknallte Monster wie mich kämpfte. Ich wollte aufstehen, gleich, nur noch eine Minute, und mit den T-Shirts zum Fluss gehen, aber ich packte es nicht mehr. Mein Kopf fühlte sich wattig an, mein Körper wurde schwer. Das Gefühl weckte Erinnerungen. Ich saß bei Jakes Lady und trank Bier. Bier, das Jake mir gegeben hatte. Danach war es dunkel geworden. Wie dicker Sirup flossen die Fragen durch die Watte in meinem Kopf. War Jake weggegangen? Hatte seine Lady mir K.-o.-Tropfen verabreicht, um mich doch noch ins Bett zu bekommen? Ziemlich abwegig und schräg, fand ich, trotz Sirup. Blieb Jake. Nur, das ergab noch weniger Sinn als K.-o.-Tropfen von Jakes Lady. Außer Jake hätte seine Frau umbringen wollen und jemanden

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