no_way_out (German Edition)
gebraucht, dem er den Mord in die Schuhe schieben konnte. Dieser Gedanke schien mir noch abwegiger und schräger als der mit den K.-o.-Tropfen. Wenn man seine Frau loswerden wollte, dann verließ man sie oder reichte die Scheidung ein oder beides. So viel war trotz Sirup und Watte klar. Blieb nur ich übrig. Das Monster. Als ich endlich einschlief, glitt ich an einem Schatten hinter einem Fenster vorbei zu den Träumen, die schon auf mich warteten.
philosophin @philosophin
Ich will keine Angst haben vor dem, was ich fühle. Ich will keine Angst haben vor dem, was ich bin. Ich will die Wahrheit. Ich will das Leben.
Ich träumte von Haaren, die mein Gesicht kitzelten, von Lippen an meinem Ohr.
»Wach auf!«
Die Stimme kam von außerhalb meines Traums und sie hatte nichts Zärtliches. Ich blinzelte. Meine Wange klebte auf rauem Sand. Schräg über mir, weit oben an einem dunklen Himmel, hing eine halbe Sonne und leuchtete kalt. Neben ihr tanzten helle Punkte. Sterne. Die Sonne war nicht die Sonne, sondern der Mond, und ich hatte ein Problem. Meine Hände steckten auf meinem Rücken fest. Zusammengebunden.
Etwas riss an meiner Schulter und drückte mich auf den Boden. Ich schrie auf.
»Tut ziemlich weh, nicht wahr?«
Ich schenkte mir die offensichtliche Antwort und blinzelte erneut. Diesmal nicht, um den Himmel zu betrachten, sondern um die Tränen aus den Augen zu kneifen.
Edy beugte sich über mich. »Woher hast du Mams T-Shirt? Und warum ist es voller Blut?«
»Was?«, krächzte ich.
»Hörst du mich?«, fragte sie kalt.
Klar hörte ich sie, ich war ja nicht taub, aber ich kapierte nicht, was passiert war. Sie hatte doch eben noch neben mir gelegen, zitternd, zerstochen und geschwollen. Und sie hatte geschlafen.
»Wirst du mir antworten?«
Ich rollte mich zurück auf die Seite. In einer schnellen Bewegung drehte sie mich wieder auf den Rücken. Diesmal drückte sie mich noch härter auf den Boden. Die tanzenden Punkte hatten ein Höllentempo drauf und verwischten sich zu unscharfen Linien. Ich schaffte es nicht mehr, meine Tränen wegzublinzeln. Sie liefen über mein Gesicht.
»Deine Entscheidung«, erinnerte mich Edy an ihre Frage.
»Ja.« Himmel, tat das weh. »Antworten.«
Edy zog mich in die Seitenlage.
»Woher hast du ihr T-Shirt?«
»Weiß nicht«, krächzte ich. »Jemand … Jemand muss es mir untergeschoben haben.«
»Na klar.« Sie lachte bitter. »Warum hast du meine Mutter umgebracht?«
»Hab … ich … nicht.«
»Das klang auf deiner Flucht ganz anders! Bei deinem Kumpel warst du noch nicht sicher.«
Sie war bei Bewusstsein gewesen, im Kofferraum, unten beim Holzlager! Ich versuchte mich zu erinnern, was Smiley und ich geredet hatten, aber in meinem Gedächtnis klaffte eine Lücke in der Größe des Grand Canyon. In meinem Verstand auch. Sonst wäre ich nicht auf die Idee gekommen, mich von Edy wegrollen zu wollen.
Ein heftiger Tritt gegen mein Bein stoppte mich. Ich krümmte mich zusammen wie ein Embryo. Mir war schlecht. Mit geschlossenen Augen atmete ich stoßweise gegen die Schmerzen an. Blut sickerte in den Verband an meinem Bein. Etwas in der Wunde musste gerissen oder geplatzt sein. Ich hätte es wissen müssen! Edy hatte beim Kämpfen nur einen Trick drauf – den mit dem Kick gegen mein kaputtes Bein. Mehr brauchte sie auch nicht, denn ich fiel jedes Mal darauf herein. Idiot, dachte ich und öffnete meine Augen.
Edy saß neben mir, beinahe so wie auf dem Sprungbrett, die Beine an den Körper gezogen, die Arme eng um sie geschlungen, das Kinn auf den Knien. Und sie trug meine Klamotten. Vielleicht täuschte ich mich. Das bisschen Mond gab nicht gerade viel Licht her. Ich blinzelte. Edy steckte immer noch in meinen Sachen. Nachdem ich eine Weile dagelegen hatte, wusste ich auch, warum. Es war beschissen kalt. Sinn machte die Sache trotzdem nicht. Edy hätte längst abhauen können. Den Mut, den Fluss zu durchqueren, hatte sie. Was also tat sie hier noch?
»Ich habe gehört, was ihr geredet habt, du und dein Kumpel«, sagte sie. »Hast du mich wirklich als Geisel genommen, damit die Polizei einen anderen Mörder sucht als dich?«
Und wenn schon. Es war eine blöde Idee gewesen. Ich hätte ohne sie abhauen sollen.
»Warum glaubst du, dass du meine Mutter nicht umgebracht hast?«
Sie klang, als ob sie es wirklich wissen wollte. War sie deshalb noch hier? Vorsichtig manövrierte ich meine Beine aus ihrer Reichweite, sicherheitshalber, falls ihr meine
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