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no_way_out (German Edition)

no_way_out (German Edition)

Titel: no_way_out (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Gabathuler
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Sekunden, flehte ich. Es war sinnlos. Gott kennt kein Erbarmen. Niemand wusste das besser als ich.
    »Ich kümmere mich um sie«, sagte eine Stimme. »Sorg dafür, dass dieser Kerl da das Messer aus der Hand legt.«
    Eine Frau in einer grünen Fleecejacke, schmutzigen blauen Arbeitshosen und Bergschuhen kniete sich neben Edy. Smiley taumelte auf mich zu.
    »Lass das Messer los«, krächzte er.
    Ich verstand nicht, wovon er redete. Ich hatte keine Messer mehr.
    »Lass los.« Smiley legte seine Hand auf meine.
    Erst durch seine Berührung konnte ich meine Hand fühlen. Sie krampfte sich um etwas Klebriges. Ich ließ los. Es klirrte.
    »Er war es nicht«, sagte Smiley zu der Frau.
    »Ach, Smiley.« Sie seufzte. »Die Menschen sind nicht immer gut.«
    »Der hier schon.« Er zögerte. »Was … Was ist mit Edy?«
    »Sie lebt noch.«
    Bevor die Bedeutung dieser Worte in mich einsinken konnte, gab die Frau Befehle durch. »Smiley, im Auto liegt mein Handy. Alarmier den Notruf. Und bring das Erste-Hilfe-Zeug. Unterm Beifahrersitz.«
    Smiley warf einen verzweifelten Blick auf Edy, sprang hoch und raste davon.
    Ich kroch zu Edy rüber. Sie lag da, als ob sie schlafen würde. Aber sie schlief nicht. Denn da war Blut, ganz viel Blut.
    »Hast du ihr das angetan?« Die Frau schaute mich an. Ihr Blick drang in mich ein und ich hatte das Gefühl, sie könne bis auf den Grund meiner Seele sehen. Ich konnte nicht sprechen. Nicht einmal meinen Kopf schütteln.
    »Du warst es nicht«, sagte sie. Ruhig und bestimmt, ohne jeden Zweifel.
    Edy stöhnte.
    »Halt ihre Hand!«
    Fass mich nicht an!
    Ich zögerte.
    »Willst du, dass sie am Leben bleibt?«
    Diesmal schaffte ich ein Nicken.
    »Dann halt ihre Hand. Sprich mit ihr.«
    Vorsichtig griff ich nach Edys Fingern.
    Smiley kam zurück. »Eine halbe Stunde«, sagte er.
    Eine halbe Stunde! Das war viel zu lang. Ich begann zu zittern. Die Frau legte mir ihre Hand auf die Schulter und mahnte mich, mit Edy zu sprechen.
    Ich glaubte nicht, dass ich jemals wieder etwas sagen konnte, doch ich versuchte es. Für Edy. Am Anfang bewegten sich nur meine Lippen, dann krächzte es und schließlich redete ich. Ich redete und redete und redete um Edys Leben. So viel wie noch nie zuvor. Ich erzählte eine ganze Menge Dinge, an die ich mich kaum erinnern kann, aber ich weiß, dass ich Edy von Sina erzählte und ihr versprach, sie nicht loszulassen. Während ich redete, kümmerten sich die Frau und Smiley um Edy. Ich schaute nicht hin. Weil ich dann nicht hätte reden können.
    Irgendwann sagte die Frau: »Ihr müsst jetzt gehen.«
    Ich hatte keine Ahnung, was sie meinte. Edy konnte nicht gehen.
    »Du und Smiley«, erklärte die Frau. »Ihr dürft nicht hier sein, wenn die Ambulanz und die Polizei eintreffen.«
    Ich konnte nicht gehen! Ich durfte Edy nicht loslassen! Ich hatte es ihr versprochen.
    Smiley nahm mich am Arm. »Komm!«, sagte er.
    Ich schüttelte ihn ab.
    Edys Augenlider flatterten.
    »Nicht sterben«, flehte ich.
    Ich glaubte zu spüren, wie ihre Finger gegen meine drückten.
    »Komm jetzt«, drängte Smiley.
    Ich ließ Edy los. Und wollte gleich wieder nach ihrer Hand greifen. Ich konnte nicht weg.
    »Ich passe auf sie auf«, sagte die Frau.
    Sie hatte in meine Seele gesehen. Sie vertraute mir. Wenn sie das konnte, dann musste ich das auch können. Smiley zog mich hoch und zerrte mich nach draußen.
    Vor der Hütte parkte eine Schrottlaube von Auto.
    »Du musst fahren«, sagte Smiley. »Ich kann das nicht.«
    Ich riss die Autotür auf und setzte mich auf den Fahrersitz. Ein paar Sekunden später saß Smiley neben mir.
    »Bereit?«, fragte er.
    »Ich habe sie losgelassen.«
    »Sie wird nicht sterben.«
    An meiner Hand klebte Blut. Alles an mir zitterte und schlotterte. Irgendwie gelang es mir trotzdem, den Zündschlüssel zu drehen und den Motor zu starten. Ich legte den Rückwärtsgang ein und drückte aufs Gas. Es gab einen Ruck, die Räder drehten durch und dann schlingerte der Wagen über den Waldweg, zur Straße hoch.
    »Links«, sagte Smiley.
    Ich bog ab und raste los.
    Wir hörten die Sirenen von Weitem, aber es gab keine andere Straße, auf die wir ausweichen konnten. Auf einer langen Geraden kam uns die Ambulanz entgegen. Keiner von uns bremste ab. Als wir aneinander vorbeischrammten, verabschiedete sich der Seitenspiegel mit einem lauten Knall von uns und der Wagen geriet ins Schleudern. Smiley sagte kein Wort. Ich riskierte einen kurzen Blick zu ihm und sah seine weit aufgerissenen

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