Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
no_way_out (German Edition)

no_way_out (German Edition)

Titel: no_way_out (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Gabathuler
Vom Netzwerk:
ließ. Schnell schüttelte ich den Gedanken ab. Der Typ riskierte gerade eine ganze Menge, indem er uns durch die Gegend fuhr.
    Am Rand der Altstadt bog Daniel in eine Einfahrt mit einem hohen, schmiedeeisernen Tor, das sich wie von Geisterhand öffnete, als wir darauf zufuhren. Ich erhaschte einen Blick auf ein Messingschild. Arztpraxis stand drauf, plus ein Name, für den die Zeit zum Lesen fehlte.
    Daniel parkte den Wagen direkt vor der Tür. Von meinem Rücksitz aus konnte ich nicht das ganze Gebäude sehen, aber es war genug, um zu erkennen, dass es seit mindestens dreihundert Jahren an diesem Ort stand und jede Menge Würde und Stil hatte. Ein Haus für Reiche. Das letzte Mal, als mich ein Doc in so einem Haus verarztet hatte, war danach die Hölle über mich hereingebrochen.
    Schwerfällig wuchtete ich mich aus dem Wagen. Sofort nahm mich Daniel am Arm. Sein Griff war fest und bestimmt. Instinktiv versuchte ich, mich ihm zu entziehen. »Alles okay, Kumpel«, beruhigte er mich, und so, wie er es sagte, klang es nach der Wahrheit. Ich wurde nicht schlau aus ihm und beschloss, auf der Hut zu bleiben.
    »Ich mach das«, erklärte Smiley entschieden. »Du kannst ihn loslassen.«
    Auch Smileys Griff war fest, aber auf eine andere Art. Ich brauchte eine Weile, bis ich begriff, woran es lag: Ich vertraute ihm.
    Kurz bevor wir das Haus erreichten, öffnete Margot die Tür. Sie hatte den Radlerdress durch eine elegante Hose und eine Bluse ersetzt. Die Kleider passten perfekt zu ihr und dem Haus: edel, aber nicht protzig.
    »Kommt herein.« Sie trat beiseite.
    Smiley manövrierte mich an ihr vorbei.
    »Wow«, flüsterte er ehrfurchtsvoll.
    Der mit sichtbar teuren Teppichen belegte Dielenboden sah frisch poliert aus und roch auch so. Auf antiken Kommoden und Tischen standen Blumenvasen und an den Wänden hingen gemalte Porträts irgendwelcher Leute, wahrscheinlich Margots Ahnengalerie, alles beleuchtet von hellem Sonnenlicht, das durch große Fenster hereinflutete.
    Wir folgten Margot zu einer schlichten Tür am Ende des Ganges und betraten eine Praxis, wie ich sie noch nie gesehen hatte. Nicht kühl und abweisend, sondern irgendwie warm. Ich wusste nicht, wie man so etwas hinbekam, hätte auch nicht genau sagen können, woran es lag, aber ich konnte mir vorstellen, dass Margots Patienten gerne zu ihr kamen.
    Smiley deponierte mich in einem alten Ledersessel und steuerte direkt auf das Skelett in der Ecke zu. Margot wechselte leise ein paar Worte mit Daniel. Mein Blick blieb an einem Schwarz-Weiß-Foto hängen, das nicht zu den Porträts im Gang passte, auch nicht zu der Wärme in dem Haus. Es war das Bild eines Typen, ungefähr in meinem Alter. Auf den ersten Blick sah er aus wie ein Student, nette Kleidung, nette Frisur, nettes Lächeln. Aber die Augen waren die eines Menschen, der auf der Kante stand und in einen furchterregenden Schlund blickte. Ich fragte mich, wie es in diesem Schlund aussah. Welche Monster darin wohnten. Margots Stimme holte mich aus den Augen des Typen zurück in ihr Praxiszimmer.
    »Das ist Leon. Alles in Ordnung mit dir?«
    Ich nickte.
    Sie zeigte auf eine Kabine mit einem weinroten Vorhang und befahl mir, Hose und T-Shirt auszuziehen.
    »Nicht nötig«, sagte ich schnell. »Es reicht, wenn Sie sich das Bein ansehen.«
    »Tu, was sie sagt«, meldete sich Smiley, der dabei war, das Skelett in seine Bestandteile zu zerlegen, wobei er die einzelnen Teile sorgfältig auf der freien Fläche eines riesigen Arbeitstisches anordnete. »Die Klamotten stehen dir sowieso nicht.«
    Ich zögerte.
    »Er ist mein Sohn«, sagte Margot.
    Ein paar wirre Sekunden lang dachte ich, sie spreche von Smiley, doch dann wurde mir klar, dass sie den Jungen auf dem Foto meinte.
    Gerechtigkeit für Leon , hörte ich Smiley in meinem Kopf sagen. Ich begann zu ahnen, warum diese Frau ihren Ruf und ihre berufliche Existenz riskierte, um zwei kriminellen Ausreißern den Arsch zu retten, und zum ersten Mal begann ich, so etwas wie Vertrauen in sie zu fassen.

 
    Walter T. @Eidgenoss
    @JoJoCan Haltet endlich die Klappe, ihr Sozialromantiker. Zwei Kriminelle weniger. Gut so.
     
     
     
    Ich zog mich aus und stellte fest, dass nicht nur mein Bein einen Arzt brauchte. Zu den Wunden, die ich mir beim Zusammenstoß mit Jakes Jaguar geholt hatte, waren die Spuren des Kampfes mit Jakes Männern und vom Sprung von der Brücke hinzugekommen. Ziemlich wacklig trat ich aus der Kabine und legte mich mithilfe von Margot auf die Liege.

Weitere Kostenlose Bücher