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no_way_out (German Edition)

no_way_out (German Edition)

Titel: no_way_out (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Gabathuler
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seine nassen Haare. Auf das Dach des Fahrradunterstands, in den wir uns geflüchtet hatten, klatschten Regentropfen. Ich setzte mich auf den Boden und streckte vorsichtig mein verletztes Bein. Das Rennen hatte ihm nicht gutgetan. »Weiß nicht.«
    Ich fühlte, wie die Schere auf Widerstand traf, wie sie eindrang, sah die Tropfen auf der Hose und wusste, dass ich einen neuen Traum haben würde.
    »Der Stich wird ihn nicht umbringen.« Es war ein ziemlich sinnloser Versuch von Smiley, mich aufzumuntern. Er merkte es und nahm einen zweiten Anlauf. »Wenn er ein Bulle ist, dann weiß er, was läuft. Das wäre doch gut, oder?«
    »Wenn. Er könnte auch einer von Jakes Männern sein.«
    »Ja.« Smiley setzte sich neben mich. »Oder einfach einer von diesen Gerechtigkeitsleuten.«
    Daran mochte ich gar nicht erst denken.
    Ein Auto näherte sich. Im Licht seiner Scheinwerfer konnte ich den Schriftzug lesen, den jemand an die Innenwand gesprayt hatte.
    FUCK STAND YOUR GROUND
    Smiley hatte das Graffiti auch bemerkt. » Stand your Ground . Hab darüber gelesen. Ist so ein Gesetz bei den Amis. Wenn du jemanden umgebracht hast, musst du einfach sagen, dass du dich bedroht gefühlt hast, und dann passiert dir nichts.«
    Ich kannte das Gesetz. In der Szene war die Geschichte von einem schwarzen Jungen in Florida rumgegangen, der von einem dieser selbst ernannten Sittenwächter erschossen worden war. Als der Junge tot am Boden lag, stellte man fest, dass er keine Waffe bei sich hatte, sondern ein Getränk und ein paar Süßigkeiten.
    Wenn bei uns so was eingeführt würde, wäre ich zuoberst auf der Liste der Bürgerwehren und Selbstverteidiger. Jeder konnte mich umnieten und behaupten, er hätte sich von mir bedroht gefühlt. Die Leute würden dem Killer gratulieren. Ein Stück Abschaum weniger auf diesem Planeten.
    Der Wagen entfernte sich. Nur noch der schwache Schein einer Straßenlampe, der durch den schmalen Spalt zwischen Wand und Dach des Fahrradunterstands fiel, sorgte für ein klein wenig Licht.
    »Wir hätten Daniel ins Krankenhaus fahren sollen«, murmelte Smiley. »Dann wären wir jetzt schon dort.«
    Ich war nicht sicher, ob ich das richtig verstanden hatte. »Du willst immer noch ins Krankenhaus und Edy besuchen?«
    »Ja. Was denn sonst?«
    Abhauen zum Beispiel, dachte ich. »Daniel könnte dort sein«, sagte ich. »Mit einer ganzen Bullentruppe oder einer Horde von Jakes Männern.« Ich hoffte, das würde Smileys Entschlossenheit bremsen.
    »Möglich.« Es schien ihn nicht sonderlich abzuschrecken. »Bist du dabei? Oder zischst du ab in deinen Süden?«
    Süden, wollte ich antworten, doch das Wort kam nicht über meine Lippen. Weil es unter meiner Haut pochte. Weil ich Edy etwas versprochen hatte und weil ich ihr gesagt hatte, dass sie mir vertrauen konnte. Weil man dem Leben vielleicht wirklich nur tot entkam. Oder als lebender Toter. Ein Zombie. Ich wollte keiner mehr sein. »Krankenhaus«, sagte ich.
    Wir traten aus dem Unterstand hervor. Smiley streckte seine Arme aus und drehte die Handflächen nach oben. »Spürst du das auch?«
    Wenn er die Vibrationen meinte, die mein Angstzentrum erschütterten: Ja. Aber die meinte er bestimmt nicht.
    »Der Regen hat aufgehört«, verkündete er. »Das ist ein gutes Zeichen.«
    Ein praktisches Zeichen wie ein Richtungsschild wäre wesentlich hilfreicher gewesen. Margot hatte von einem Krankenhaus am Ring gesprochen. Ein Ring in einer Stadt war für Smiley und mich etwas, das sich rund um das Zentrum zieht, und da wir irgendwo am Rand der Stadt waren, entschieden wir, dass der Ring zwischen uns und den hohen Gebäuden in der Stadtmitte sein musste.
    Was uns völlig logisch schien, war in Wirklichkeit etwas komplizierter. Keine der Straßen, die wir auf dem Weg zurück ins Zentrum querten, war mit Ring oder Ringstraße angeschrieben, aber wenigstens hatte das Gewitter, das vorhin niedergegangen war, die Menschen in die Häuser getrieben. Smiley und ich hatten die Straßen beinahe für uns alleine. Trotzdem bewegten wir uns sehr vorsichtig und verschwanden in Seitengassen, wenn jemand auf uns zukam.
    Was immer Margot mit meinem Bein gemacht hatte: Es hatte geholfen. Ich hinkte immer noch, aber es tat weniger weh. Vielleicht bildete ich mir das auch nur ein und es war das Adrenalin, das die Schmerzen ausblendete. Ich musste literweise davon im Blut haben.
    »Eins dieser neuen Handys wäre jetzt nicht schlecht«, meinte Smiley, als wir zum unzähligsten Mal eine größere Straße

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