Noah & Echo - Liebe kennt keine Grenzen
schlug die Tür so laut hinter sich zu, dass Ashley am Tisch einen Satz machte und ihre Zeitschrift zu Boden fiel. »Was ist passiert?«
Ich riss mich los. »Ich sag dir, was passiert ist. Ich kam auf die Welt. Ein paar Jahre später fanden meine genialen Eltern heraus, dass meine Mutter bipolar war. Während sie darum kämpfte, mit ihrer Situation klarzukommen, hast du dich klammheimlich in unser Leben geschlichen und sie genau in dem Moment rausgedrängt, als sie kapierte, dass sie ihre Medikamente nehmen muss.«
Ashley blinzelte und blickte Hilfe suchend zu meinem Vater. »Owen, was ist passiert?«
Sie hatte mich verletzt. Ashley hatte zwar nicht die Splitter in meine Arme getrieben, aber sie war kein bisschen weniger verantwortlich dafür. Mein Blut klebte an ihren manikürten Händen. »Wie oft wollte er ans Telefon gehen, und du hast ihn gebeten, es nicht zu tun? Hast du ihn dazu verführt, länger bei deinem blöden Treffen zu bleiben, oder hast du ihm einfach gesagt, dass ich die Mühe nicht wert war?«
Ihr gemeiner Mund formte sich zu einem Oh, und der knallrote Lippenstift leuchtete grell in ihrem plötzlich kreidebleichen Gesicht. Ekel breitete sich in mir aus. »Sag ehrlich, Ashley, als sie mich fast verblutet und leblos ins Krankenhaus einlieferten, warst du da erleichtert, als sie dir gesagt haben, dass ich womöglich nicht durchkomme? Hast du dich schon gefreut, dass ich endlich aus deinem Leben verschwinde? Wo Aires doch schon tot war und meine Mutter endgültig aus dem Spiel? Ich war ja die Einzige, die dir noch im Weg stand!«
Sie schüttelte mehrmals den Kopf, und eine einzige falsche Träne kullerte über ihre Wange. »Nein. Ich habe dich immer geliebt. Dich und Aires und deinen Vater. Ich habe mir nichts sehnlicher gewünscht, als deine Mutter zu sein.«
Meine Selbstkontrolle hing nur noch an einem hauchdünnen Faden. Er riss so laut und deutlich, dass ich glaubte, alle müssten es gehört haben. Meine Augen wurden so groß, dass ich Angst bekam, sie würden herausfallen. »Du bist so ein …«
»Sei still, Echo«, donnerte mein Vater und schob sich zwischen Ashley und mich. »Du bist auf mich wütend, nicht auf sie. Lass Ashley aus dem Spiel.«
Ich schrie ihn an. »Ich soll sie aus dem Spiel lassen? Aber sie ist doch mittendrin! Sie mischt kräftig mit. Oder hat sie vielleicht zu dir gesagt, du sollst den Anruf annehmen? Hat sie zu dir gesagt, dass euer erbärmliches Treffen oder was auch immer ihr gerade zu tun hattet, nicht so wichtig wäre wie deine eigene Tochter?«
Er sagte nichts, nur sein Kiefer zuckte. Ich hatte die Wahrheit herausgefunden. Die Wahrheit, die mir beide hatten vorenthalten wollen. Meine Mutter hatte immer gesagt, dass die Wahrheit mich befreien würde. Aber ich fühlte mich nicht frei. Das Gefühl, total im Stich gelassen worden zu sein, vergiftete mein Blut wie schwarze Schlacke, die alles überschwemmte. Die beiden konnten ihre Sünden nicht mehr länger verbergen. Ich hatte mich erinnert, und ich verlangte Buße.
Mein Vater verharrte in stoischer Stille. Er hatte meine Seele getötet, nun wollte ich seine dafür. »Mom ist daran zerbrochen, dass du sie wegen des Kindermädchens verlassen hast. Und dann hast du dir das Sorgerecht für uns unter den Nagel gerissen, und sie stand mit nichts da. Du warst ihr Ein und Alles. Ihr blieb nichts mehr, wofür es sich zu leben lohnte, kein Grund, die Medikamente zu nehmen. Du hast sie an dem Punkt verlassen, wo sie dabei war, die Kurve zu kriegen.«
Seine Augen verengten sich. »Sind das deine Worte, Echo, oder die deiner Mutter? In einem Punkt hast du recht: Ich habe alles getan, um das Sorgerecht für dich und deinen Bruder zu bekommen. Ich habe die besten Anwälte engagiert, schon Wochen bevor ich deiner Mutter die Scheidungsklage schickte, um sicherzustellen, dass sie sich niemals das Sorgerecht mit mir würde teilen können. Das Einzige, was mir im Nachhinein leidtut, ist, dass ich ihr ein Besuchsrecht eingeräumt habe, das sie dazu nutzte, diese Lügen zu verbreiten und dir wehzutun.«
Mom hatte immer gesagt, Aires und ich wären nur Spielbälle für ihn. Dass er uns benutzte, um ihr wehzutun. »Du meinst wohl, es tut dir leid, mich behalten zu haben! Es tut dir leid, dass ich herausgefunden habe, dass du Ashley immer allem und jedem vorziehen wirst!« Ich schrie so laut, dass sich meine Stimme fast überschlug. Ich bebte am ganzen Körper, und Hitze schoss mir in die Wangen und den Nacken. Hatte er mich je
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