Noah & Echo - Liebe kennt keine Grenzen
geliebt? Hatte er das? »Wie konntest du mich einfach im Stich lassen?«
Auf einmal verschwand alle Wut aus seinem Gesicht. Er wirkte bleich und alt. »Es tut mir so leid. Du hast ja keine Ahnung, wie leid es mir tut.«
Ich schniefte und kämpfte gegen die Tränen an. Ich würde auf keinen Fall vor ihm heulen. Die Genugtuung, mich zerbrechen zu sehen, würde ich ihm nicht geben. Aber ich brauchte Ruhe. All die Stimmen und Albträume mussten aufhören. Ich hatte niemanden. Keinen Menschen. Und zum Teufel mit ihnen, wenn sie mich auch noch um das betteln ließen, was mir ein paar Stunden Schlaf und Frieden bescheren konnte. »Ich will meine Schlaftabletten. Ich bin müde, und ich will schlafen. Eine einzige Nacht endlich mal schlafen.«
Ashley legte Dad eine Hand auf die Schulter. Mich sah sie nicht an. »Ich hole sie. Der Arzt hat gesagt, du kannst bis zehn Milligramm erhöhen.«
»Ich bin in meinem Zimmer.« Ich ging hinaus, und es war mir egal, ob ich je noch einmal ein Wort mit meinem Vater wechseln würde.
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Noah
Letzte Nacht rief Echo an, während ich bei der Arbeit war. Sie hinterließ nur eine Nachricht: dass sie eine Schlaftablette nehmen und bis zum Morgen nicht an ihr Handy gehen würde. Sie klang … am Boden zerstört.
Angespannt wartete ich vor dem Unterricht bei ihrem Schließfach, doch sie tauchte überhaupt nicht auf, und ich wurde schier wahnsinnig. Drei Nachrichten. Ich hatte ihr drei verdammte Nachrichten hinterlassen. Himmel, ich hinterließ normalerweise gar keine Nachrichten, und ihr hatte ich drei geschickt. Wo war sie bloß?
Ich saß in Informatik, starrte auf ihren leeren Platz vor mir und sehnte sie herbei. Mr Fosters Geleiere wollte kein Ende nehmen, der Sekundenzeiger auf der Uhr brauchte für jeden Ruck dreimal so lange wie sonst. Meine rechte Hosentasche vibrierte. Sowohl Isaiah als auch Rico warfen mir einen Blick zu, als sie das Summen hörten.
Als ich auf das Display schaute, machte mein Herz einen Sprung. Echo.
»Noah?«, sagte Mr Forster.
Verflucht. »Ja, Sir.« Mein Handy hörte auf zu vibrieren, als die Mailbox ansprang.
»Höre ich da ein Handy?«
»Ja«, rief Isaiah. »Tut mir leid, Sir. Ich hab vergessen, es abzustellen.«
Mr Foster schaute zwischen Isaiah und mir hin und her. Ganz offenbar kaufte er es uns nicht ab, hielt dann aber doch Isaiah fordernd die Hand hin. »Du kennst die Regeln. Am Ende des Schultags kannst du es wieder bei mir abholen.«
Isaiah händigte ihm ohne Widerrede sein Handy aus. Auf dem Rückweg zu seinem Platz zwinkerte er mir kurz zu. Ich nickte dankbar. Womit hatte ich einen solchen Bruder verdient?
Nachdem Mr Foster seinen langweiligen Monolog wieder aufgenommen hatte, raunte er mir zu: »Bestell ihr einen Gruß von mir.«
Ich stürzte mit dem Klingeln aus dem Klassenzimmer und drückte in Rekordzeit die Kurzwahltaste. Mein Herzschlag stotterte bei jedem Klingeln.
Verdammt. Geh ran
. Ihre liebliche Stimme drang durch die Leitung. »Ich bin’s. Ihr wisst ja, was zu tun ist.«
»Du bringst mich um, Baby.« Ich legte auf.
Ich erreichte mein Schließfach, warf meine Bücher hinein und hörte die Mailbox ab. Isaiah schlenderte zum anderen Ende des Gangs und lehnte sich an die Wand. Sekunden später gesellte sich Beth zu ihm, die noch unangezündete Zigarette in der Hand. »Was ist los?«
»Echo hat in der letzten Stunde angerufen, aber er konnte nicht rangehen. Jetzt ist er sauer«, gab Isaiah ihr zur Antwort.
»Bin ich nicht«, gab ich gereizt zurück. Doch, war ich.
Isaiah zuckte die Achseln und verkniff sich ein Grinsen.
Echo hatte eine kurze, nichtssagende Nachricht hinterlassen. »Hallo, ich schätze, ich versuch’s dann später wieder. Liebe dich.«
Verdammt, Echo. Gib mir ein bisschen mehr.
Mittagessen und noch drei Stunden. Das würde ich nicht überleben. »Ich hole mir was zu essen. Wir sehen uns in der Cafeteria.«
»Warte, wir kommen mit«, rief Beth. »Ich kann später eine rauchen.«
Ich nahm nichts mit in die Cafeteria, und so ging ich gar nicht an unseren Tisch, sondern stellte mich direkt in die Schlange. Echos kleine Prinzessinnen-Freundinnen versammelten sich gerade an ihrem Tisch, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass es ihr irgendwo jenseits der Schulmauern dreckig ging. Ich musste zweimal hinsehen, als mich ein Blick aus blauen Augen traf.
Lila tippte panisch auf ihrem Handy herum und rief: »Noah!« Ihre gesamte Clique starrte sie fassungslos an.
»Lila?«, fragte Grace
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