Noah & Echo - Liebe kennt keine Grenzen
geeigneten Schule beworben. Du könntest versuchen, zum nächsten Frühjahr zugelassen zu werden. Ich habe ziemlichen Einfluss in der Kunstszene. Ich könnte dir eine Empfehlung schreiben.«
Eine Empfehlung schreiben? Ich kam mir vor, als hätte ich eine weiße Leinwand im Kopf, während ich versuchte, ihrem Gedankengang zu folgen. Ich hatte sie doch laut und deutlich nach dem Kontaktverbot gefragt, oder? »Ich will aber auf keine Kunsthochschule.«
Sie lief rot an, und ein Unterton von Verärgerung schlich sich in ihre Worte und Gesten. »Echo, du bist nicht der Typ für ein Wirtschaftsstudium. Lass dich nicht von deinem Vater zu einem Leben drängen, das du nicht willst.«
Ich hatte vergessen, wie sehr ich unter dem permanenten Gezerre zwischen den beiden gelitten hatte. Was für eine Ironie, dass ich mein ganzes Leben lang versucht hatte, es beiden recht zu machen – meiner Mutter mit der Kunst, meinem Vater mit Wissen –, aber dass mich am Ende beide fallen ließen. »Ich habe in all meinen Wirtschaftskursen Bestnoten.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Nur weil ich mir was zu essen koche, macht mich das noch lange nicht zur Köchin.«
»Wie bitte?«
Mom schaute mich geradewegs an. »Ich will damit sagen: Du bist genau wie ich.«
Nein, bin ich nicht
, schrie eine kleine Stimme in meinem Kopf. »Ich male«, sagte ich laut, wie um klarzustellen, dass das unsere Gemeinsamkeit war.
»Du bist eine geborene Künstlerin. Genau wie ich. Dein Vater hat mich nie verstanden, daher kann ich mir auch nicht vorstellen, dass er dich versteht.«
Nein, Dad verstand mich nicht.
»Lass mich raten«, fuhr sie fort. »Er liegt dir ständig in den Ohren. Was du auch tust, es ist nie gut genug, jedenfalls nicht für seine Ansprüche, und deshalb treibt er dich an, bis du das Gefühl hast, gleich zu explodieren.«
»Ja«, sagte ich flüsternd und wandte den Blick ab. Das kannte ich nicht an ihr: Klar, sie hatte hin und wieder über meinen Vater geschimpft, und sie hatte immer gewollt, dass ich den Weg einschlug, den sie sich für mich vorstellte, und nicht den, den Dad sich wünschte. Aber das hier fühlte sich anders an. Es hatte was Persönliches.
»Das überrascht mich nicht. Er war als Ehemann eine Enttäuschung, wie sollte er da als Vater etwas anderes sein.«
»Daddy ist nicht so übel«, murmelte ich. Auf einmal hatte ich das Bedürfnis, ihn zu verteidigen, während ich der Frau, die mir gegenübersaß, allmählich überdrüssig wurde. Ich hatte mir keinen Augenblick lang vorgemacht, dass dieses Treffen einfach werden würde, aber dass es so seltsam verlaufen würde auch nicht. »Was ist in der Nacht zwischen uns beiden passiert?«
Sie ließ die Kette aus Kleeblüten fallen und wich erneut meinem Blick aus. »Ich war eine Weile weg. Zuerst nicht freiwillig, aber dann, als mir klar wurde, was passiert war, was ich getan hatte, da … bin ich dort geblieben. Die Ärzte und das Personal waren sehr nett, vorurteilsfrei. Und ich nehme seitdem gewissenhaft meine Medikamente.«
Ich spürte ein dumpfes Pochen in meinen Schläfen. Sie nahm ihre Medikamente, und die Welt war wieder in Ordnung. Na gut, dann gab es jetzt eben Stunk. »Das habe ich nicht gefragt. Sag mir, was mir zugestoßen ist.«
Meine Mutter rieb sich die Stirn. »Dein Vater hat immer erst überprüft, wie es mir ging, bevor er dich bei mir ließ. Ich brauchte das. Es war Owens Aufgabe, sich um mich, Aires und dich zu kümmern, und er hat versagt, bei uns allen.«
Was sollte das jetzt heißen? »Inwiefern hat er bei Aires versagt?«
Sie kniff die Augen zusammen. »Er hat ihm erlaubt, zur Armee zu gehen.«
»Aber das war genau das, was Aires sich wünschte. Du weißt, dass das immer sein Traum war.«
»Das war nicht sein Traum. Das hat ihm diese Hexe eingeredet, die dein Vater geheiratet hat. Sie hat deinem Bruder die Ohren vollgequatscht mit den ganzen Geschichten von ihrem Vater und ihren Brüdern und ihren tollen Laufbahnen beim Militär. Ihr war es doch egal, ob er dabei umkam. Aires war ihr egal. Ich habe Aires gesagt, dass er nicht gehen soll. Ich habe ihm gesagt, wie sehr mich seine Entscheidung trifft. Ich habe ihm gesagt …« Sie stockte. »Ich habe ihm gesagt, dass ich nie wieder mit ihm reden würde, wenn er nach Afghanistan ging.« Ihre Stimme brach. Ich wollte auf einmal nur noch weg, doch ich war zu keiner Bewegung fähig.
Eine eigenartige gespannte Ruhe kam plötzlich über mich. »Das waren deine letzten Worte zu Aires?«
»Dein
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