Noah & Echo - Liebe kennt keine Grenzen
hatte keine Ahnung …«
»… dass ich schon so früh da sein würde«, fiel ich ihm ins Wort. Joe sah mich müde an, widersprach mir aber nicht. Vielleicht ließen sie mich ja eine Weile mit meinen Brüdern zusammen sein, wenn ich mich kooperativ zeigte. »Aber ich habe nicht viel Zeit, Bruderherz.«
Jacobs Strahlen trübte sich ein wenig. »Hast du gewusst, dass unsere Mom und unser Dad diese Häuser gebaut haben?«
Ich blinzelte.
Unsere Mom und unser Dad
. »Ja. Ich war damals ungefähr so alt wie du. Ich hab Dad bei jeder einzelnen Verandaschaukel geholfen.«
Moms Lächeln erschien wieder auf Jacobs Gesicht. »Das war bestimmt cool.«
»Darauf kannst du wetten.«
Joe winkte Carrie, herzukommen. Ein Anflug von Beunruhigung huschte über ihr Gesicht, bevor sie langsam näher kam. Tyler flutschte wie ein Fisch aus ihrem Griff und rannte mit vollem Karacho gegen meine Beine.
»Hey, kleiner Bruder.«
Tyler begrüßte mich mit einem strahlenden Lächeln. Keine blauen Flecken. Keine Stiche. Nur pure Freude. Ich wuschelte ihm das Haar.
»Hey, Mom«, sagte Jacob. »Hast du gewusst, dass Noah unserer Mom und unserem Dad geholfen hat, die Häuser hier zu bauen?«
Ihr Lächeln wirkte gezwungen. »Tatsächlich?«
»Ja, weil Noah ist nämlich der Allertollste.«
Ihre Mundwinkel sanken nach unten, doch sie rang sich erneut ein Lächeln ab.
»Willst du mit uns spielen kommen?«, fragte mich Jacob.
Tyler klammerte sich an mein Bein und stellte sich mit beiden Füßen auf meinen Schuh. Ich räusperte mich. »Ich muss nachher zur Arbeit und davor noch was essen.« Auch wenn das heute nicht stimmte und meine Arbeit obendrein darin bestand, zu kochen.
»Komm mit zu uns essen«, sagte Tyler.
Er redete mit mir. Mein jüngster Bruder hatte zum ersten Mal seit der Beerdigung meiner Eltern etwas zu mir gesagt. Ich schaute hilflos Carrie und Joe an. Ich versuchte hier, mich ganz korrekt zu verhalten. Genau das Gegenteil von dem, was meine Brüder im Moment wollten, und damit rissen sie mir schier das Herz entzwei.
»Komm mit uns nach Hause zum Abendessen«, platzte Carrie heraus.
Joe berührte ihren Arm und sagte ganz ruhig: »Bist du sicher?«
Carrie schaute ihn an. »Du hattest recht, Joe.«
»Noah, möchtest du mit zu uns kommen und mit deinen Brüdern zu Abend essen?«, fragte Joe.
»Yippie!«, rief Jacob und reckte die Faust in die Höhe. »Warte, bis du mein Zimmer und mein Fahrrad gesehen hast!«
Tyler hing immer noch an meinem Bein. »Gern, danke, Sir.«
Ich stopfte mir tapfer das Schinken-Käse-Sandwich und die Pommes hinunter und trank meinen Eistee, obwohl ich höllisch nervös war, als ich mit allen zusammen auf Carries und Joes Terrasse saß. Halb wartete ich darauf, dass gleich die Bullen auftauchen und Carrie mit dem Finger auf mich zeigen würde, weil ich irgendeine gerichtliche Verfügung missachtet hatte. Um meinen Arsch abzusichern, hatte ich von unterwegs Mrs Collins angerufen und ihr alles erzählt. Sie hatte mich drei Mal ermahnt, auf meine Ausdrucksweise zu achten.
»Komm, Noah, ich zeig dir mein Zimmer.« Jacob zerrte an meiner Hand und sah fragend Carrie und Joe an, ob es in Ordnung wäre. Joe nickte.
Es war das größte Haus, das ich je gesehen hatte. Von außen sah es viktorianisch aus, aber innen war alles topmodern und vom Feinsten. In der Küche Arbeitsflächen aus Granit und Edelstahlarmaturen, Parkettböden im ganzen Erdgeschoss und eine Diele so groß wie Dales ganzer Keller.
Jacob erzählte ohne Punkt und Komma von Schule und Basketball, während wir die breite Treppe hinaufstiegen. »Tylers Zimmer ist gegenüber von meinem, und das von Mom und Dad den Gang runter. Wir haben sogar zwei Badezimmer nur für Gäste! Zwei! Mom und Dad haben gesagt, wenn ich einen Monat lang keine Albträume mehr habe, dann kann ich Freunde zum Übernachten einladen. Ich kann es kaum erwarten …«
Er führte mich in ein großes Zimmer, und ich blieb im Türrahmen stehen. Es sah aus wie die Grundschulversion von
Pimp My Room
. Ein Stockbett säumte die Wand, unten lag eine Doppelmatratze, und von oben führte eine Rutsche herunter. Jacob hatte einen eigenen Fernseher und Spielzeug. Unmengen von Spielzeug.
Ein Bilderrahmen auf Jacobs Kommode stach mir ins Auge. Ich bekam plötzlich keine Luft mehr. Jacob redete munter weiter, aber ich hörte nichts mehr, als ich das Bild in die Hand nahm. Ich stieß die Worte förmlich hervor, aus Angst, mir würde die Stimme brechen: »Weißt du, wer das
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