Noah & Echo - Liebe kennt keine Grenzen
Münzwechsler.
»Meine Mutter hatte eine Schwäche für griechische Sagen. Ich bin nach der Bergnymphe Echo benannt.«
Auf einmal machte auch Aires’ Name Sinn. Ich schob zwei Vierteldollarmünzen in den Automatentisch, und die Bälle kamen herausgerollt. Echo warf sie auf den Pooltisch. » 8 - oder 9 -Ball?«
»Acht.« Neun war komplizierter. Ich nahm mir vor, selbst nur mit sechzig Prozent zu spielen, damit sie ihren Spaß haben würde. »Wie geht die Sage?«
Sie legte die Kugeln ins Rack und hob das Dreieck ab. »Da gibt’s mehrere. Du machst das Break.«
Ich hatte schon öfter Mädchen wie sie kennengelernt, die Schiss hatten, zu breaken, weil sie nicht mehr als ein paar Bälle aus dem Pulk sprengen konnten. Aber besser, sie machte den Anstoß und konnte dabei vielleicht eine Kugel versenken, als nachher gar keine mehr. »Ladies first.« Ich konnte es kaum erwarten, bis die Partie um war, damit ich ihr beibringen konnte, wie man richtig breakte. Ich sah es schon vor mir: ihr Körper über den Tisch gebeugt, während ich hinter ihr stand und mich an sie presste. Mein Jeans spannte auf einmal.
»Dann mach dich auf deine Beerdigung gefasst«, zirpte sie, und ich musste über ihr strotzendes Selbstvertrauen schmunzeln. Echo wirbelte das Queue herum wie ein Krieger, der in die Schlacht zog, die Augen konzentriert auf die weiße Kugel gerichtet. Sie beugte sich über den Tisch. Mein Blick hing an ihrem knackigen Hintern. Als sie zielte, ähnelte sie nicht mehr dem verletzlichen Mädchen aus der Schule, sondern eher einem Scharfschützen.
Das satte Krachen, mit dem die Kugeln auseinanderrollten, erwischte mich eiskalt. Die Bälle versanken schneller in den Taschen, als ich mitzählen konnte. Echo ging um den Tisch herum, wirbelte wieder das Queue durch die Luft und begutachtete die verbliebenen Kugeln wie ein Vier-Sterne-General eine Landkarte.
Verdammt, das Mädchen konnte spielen.
»Halbe«, sagte sie an. Sie beugte sich zu ihrem zweiten Stoß über den Tisch. Ich hatte ihre herrlichen Brüste direkt in meinem Blickfeld, aber ich wollte mehr als nur hinschauen, ich wollte …
»Vergiss nicht, deine Zunge wieder reinzustecken, sonst vertrocknet sie dir noch.« Sie versenkte zwei Kugeln mit einem Stoß.
»Tut mir leid, du bist einfach zu heiß.« Es gefiel mir, wenn sie austeilte. »Die Sage?«
Nachdem sie noch zweimal eingelocht hatte, ging ihr nächster Stoß leer aus, und ich war an der Reihe. Sechzig Prozent Einsatz würden jedenfalls nicht reichen, um es mit ihr aufzunehmen. Himmel, ich wusste nicht mal, ob hundert Prozent reichen würden.
Ich bearbeitete den Tisch, während Echo sich auf einen Hocker setzte. »Zeus hatte ständig Affären mit irgendwelchen Nymphen auf der Erde, was Hera, seine Gattin, natürlich nicht gerade erfreute. So schickte er Echo, eine schöne Waldnymphe, um Hera abzulenken und zu unterhalten, damit er sich in Ruhe seiner eigenen Unterhaltung widmen konnte. Hera kam natürlich dahinter und bestrafte Echo, indem sie ihr die Stimme raubte und sie dazu verdammte, nur noch die Worte zu wiederholen, die andere sagten. Danach verliebte sich Echo in irgendeinen Blödmann, der ihre Liebe nicht erwiderte. Echo wanderte todtraurig durch die Wälder und weinte so lange, bis nichts mehr von ihr übrig war außer ihrer Stimme, die bis heute die Erde heimsucht.«
Manche von uns wurden nach biblischen Gestalten benannt, andere, indem man Darts auf ein Buch mit Namen warf. Echo war nach einer psychotischen Nymphe aus der griechischen Mythologie benannt. Ich versenkte zwei Kugeln in der rechten Tasche. »Waren deiner Mutter Namen aus ganz normalen Märchen nicht gut genug?«
Echo lachte. »Diese Sagen waren meine Märchen. Ich lernte als Kind die Geschichte hinter jedem Sternbild kennen. Welcher griechische Gott auf wen wütend war. Liebe, Lust, Zorn, Rache. Es hat ziemlich lange gedauert, bis ich endlich beim Einschlafen das Licht ausmachen konnte.«
Ich verpatzte meinen Stoß und schluckte einen Fluch hinunter. Echo kam mit einem kessen Grinsen zum Tisch zurück. Ich lechzte danach, ihr dieses hübsche kleine Grinsen von den Lippen zu küssen. Stattdessen zog ich an einer ihrer roten Locken. Ihr Lachen kitzelte auf meiner Haut.
»Jetzt bist du dran, mir eine Frage zu beantworten«, sagte sie.
»Schieß los.«
»Warum willst du deine Akte sehen?« Sie zielte auf die Acht und lochte ein.
Niemand außer Keesha und Mrs Collins hatte mir seit Jahren eine so persönliche Frage gestellt.
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