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Noah: Thriller (German Edition)

Noah: Thriller (German Edition)

Titel: Noah: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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verstanden?«
    »Wie bitte?« Sie löste ihren Blick von dem Säugling und sah zu Marlon, dem sie tatsächlich kaum zugehört hatte, seitdem er vor zehn Minuten die Hütte mit den Worten »Ich habe einen Plan« betreten hatte.
    »Es tut mir leid. Was hast du gesagt?«
    Marlon saß breitbeinig auf dem Sack, der Jay als Bett diente, und rollte entnervt mit den Augen.
    »Ich sagte, ich war bei Edwins Leuten, und die haben es bestätigt: Wir sind komplett eingekesselt. Ein Kurier hat versucht, durch den Stacheldrahtzaun an der Westseite zur Deponie durchzubrechen. Miro, du kennst ihn.«
    »Der Kleine?«
    Er war höchstens fünf und hatte noch alle Milchzähne.
    »Genau der. Er wurde von einer Straßenpatrouille entdeckt. Sie haben ihm in den Kopf geschossen, als er sich ergeben wollte.«
    Alicia schüttelte den Kopf.
    Hatten sie von ihm Geld verlangt, das er nicht besaß?
    Sie dachte darüber nach, ob der Kleine für fünf Dollar getötet worden war, wenn das tatsächlich das Wegegeld sein sollte, wie das schreckliche Ehepaar im Sumpf   behauptet hatte.
    »Das glaube ich nicht, Marlon.«
    »Das solltest du aber«, hörte Alicia hinter sich sagen. Sie schnellte herum.
    »Jay«, rief sie ärgerlich, als ihr Ältester plötzlich in der Hütte stand. »Wo um Himmels willen bist du nur die ganze Zeit gew…?« Ihre Hand wanderte erschrocken vor den Mund, und statt den Satz zu vollenden, fragte sie: »Was ist passiert?«
    »Nichts, Mama.«
    »Nichts?« Sie nahm die Kerze von der Ablage und leuchtete ihrem Sohn ins Gesicht. »Mein Gott, du blutest ja. Und was ist mit deinen Sachen?«
    Tatsächlich war Jays rechte Gesichtshälfte von der Schläfe bis zum Kinn mit Blut verschmiert und sein T-Shirt zerrissen. Und er war barfuß, obwohl seine Turnschuhe nicht mehr neben seinem Bett standen, er also mit ihnen die Hütte verlassen haben musste, während sie kurz eingeschlafen war.
    »Ich wurde überfallen«, gestand Jay zähneknirschend.
    »Überfallen? Von wem?«
    »Nicht so wichtig«, erklärte Jay und warf Alicia einen flehenden Blick zu, ihn nicht weiter zu bedrängen. Nicht vor Marlon. Offenbar war es ihm peinlich, in Gegenwart seines Cousins wie ein Kleinkind bemuttert zu werden.
    »Du hast nach einem Ausweg gesucht«, sagte Marlon anerkennend. Es klang mehr nach einer Feststellung als nach einer Frage. Jay nickte knapp, aber Alicia war sich nicht sicher, ob ihr Junge damit nur das Thema beenden wollte. Normalerweise konnte sie ihm an der Nasenspitze ansehen, ob er sie anlog oder nicht, doch bei Kerzenschein und mit dem vielen Blut im Gesicht war das nicht möglich.
    »Hauptsache, du bist wieder da«, sagte sie und widerstand dem Impuls, Jay durch seine widerspenstigen Haare zu fahren. Sie griff nach einem Topf und füllte etwas Wasser aus einer Plastikflasche hinein. Dann tauchte sie einen Lappen in das Wasser und reichte ihn Jay, damit er sich säubern konnte.
    Ein Hubschrauber näherte sich im Tiefflug, und keiner sprach ein Wort, bis die Rotorgeräusche wieder leiser wurden.
    »Wie geht’s ihm?«, erkundigte sich Jay mit Blick auf Noel in dem Korb.
    Alicia seufzte und rang nach Worten.
    »Wir müssen ihn sofort von hier wegbringen«, antwortete Marlon schließlich für sie. Jay stimmte ihm zu.
    »Ja, aber wohin nur?«
    Und wie?
    Marlon stand auf.
    »Erinnert ihr euch an die Impfung letztes Jahr?«
    Jay nickte, und auch Alicia wusste, wovon Marlon sprach.
    Eine Hilfsorganisation hatte in einem Zelt im Ort eine kostenlose Arztstation aufgebaut und ausschließlich Arme und Bedürftige gegen Polio, Tetanus und Diphtherie geimpft.
    »Die Ärzte von Worldsaver sind wieder da. Diesmal mit etwas, was gegen die neue Grippe hilft, sie haben es im Fernsehen gezeigt.«
    Ein Gegenmittel?
    »Aber wieso sperren sie uns denn hier ein, wenn es Medikamente gibt?«, fragte Alicia erstaunt und sah erneut nach Noel, auf dessen Nasenspitze kleine Schweißperlen glitzerten.
    Wieso stehen wir unter Quarantäne, wenn doch gar keine Gefahr von uns ausgeht?
    »Weil sie nicht genügend von dem Wirkstoff haben«, antwortete Marlon. »Es gab Anschläge auf die Fabriken ihres Eigentümers. Du weißt schon, der mit dem komischen Namen.«
    Zaphire . Alicia erinnerte sich.
    »Seitdem kommen sie mit der Produktion der Tabletten nicht mehr nach. Und die Reichen haben Angst, dass für sie nichts mehr da ist, wenn sich ganz Quezon City auf den Weg macht.«
    Er rieb sich die Augen. Mit einem Mal wirkte Marlon unendlich müde, und Alicia fragte sich, wann er

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