Noah: Thriller (German Edition)
der Auftragskiller. »Nun will ich das Gegenteil.«
»Wer sind Sie?«
Altmann stellte den nunmehr leeren Teller auf der Lehne ab und beugte sich nach vorne. »Ich arbeite für die Regierung der Vereinigten Staaten. Oder besser gesagt: Ich habe für sie gearbeitet. Mein Job war es, Konflikte zu lösen, die auf demokratischem Weg nicht aus der Welt zu schaffen sind.«
»Weswegen sind Sie hinter uns her?«, schaltete sich Oscar in das Gespräch. Wieder einmal verblüffte er Noah mit seinen perfekten Englischkenntnissen.
Altmann warf ihm einen Blick zu. »Es gibt kein uns .« Er zeigte auf Noah. »Es gibt nur ihn .«
»Und wieso soll er sterben?«, fragte Celine mit schriller Stimme. »Wieso ist alle Welt hinter ihm her?«
»Das war mir auch lange Zeit nicht klar«, sagte Altmann. Sein Blick wanderte von Celine über Oscar zu Noah. »Ich bekomme niemals konkrete Informationen über den Lebenslauf und den Hintergrund meiner Zielpersonen. Sie wollen ja auch nicht vom Kellner den Kosenamen des Kaninchens erfahren, bevor er es Ihnen serviert.«
Er zog die Nase hoch. »Sorry, wenn ich darüber nachdenke, war das ein geschmackloser Vergleich. Klingt ja so, als wollte ich Sie essen, Noah.« Er kicherte.
»Wie auch immer. Worauf ich hinauswill: Nach allem, was ich gesehen und gehört habe«, er tippte sich mit dem Zeigefinger an die Schläfen, »und das war eine ganze Menge, seitdem Sie über die Attrappe quasi verkabelt waren, ist hier eine gewaltige Verschwörung im Gange. Ein weltweiter Bioanschlag, den Sie womöglich angezettelt haben.«
Er fragte Noah nach einer Ibuprofen und einem Glas Wasser, doch der ignorierte Altmanns Bitte.
»Was wollen Sie von mir?«, wiederholte er schlicht seine Frage und überprüfte das Magazin. Innerhalb einer halben Sekunde hatte er sich davon überzeugt, dass es ausreichend gefüllt war.
Altmann atmete tief aus. Mit einem Mal wirkte er unendlich erschöpft: »Sie sind mir ein Rätsel, Noah. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie ein Wissenschaftler sind, der ein Virus entwickelt hat, das sich anschickt, einen Großteil der Weltbevölkerung zu dezimieren. Mich eingeschlossen. Für einen Akademiker verfügen Sie allerdings über erstaunliche Killerfähigkeiten.«
»Das ist keine Antwort auf meine Frage. Ein letztes Mal: Wieso sind Sie hier, wenn Sie mich nicht töten wollen?«
»Ist das denn so schwer zu erraten?«, fragte Altmann und presste sich mühsam aus dem Sitz. Sein Anzug war zerknittert, das Hemd hing vorne aus der Hose. Er wankte leicht, wie ein Kleinkind, das zum ersten Mal auf beiden Beinen steht.
»Retten Sie mich!« Seine Stimme war klar und eindringlich, aber nicht flehend.
»Wie bitte?«
Um ein Haar hätte Noah vor Verblüffung die Waffe sinken lassen.
Altmann schluckte schwer. Heftige Schmerzen schienen ihm Tränen in die Augen zu treiben. »Ich habe ZetFlu genommen, aber es wirkt nicht. Weshalb?«
»Woher soll ich das wissen?«
»Hören Sie auf, mich zu verarschen, Noah, David oder wie immer Sie heißen. Wenn Sie die Seuche erfunden haben, kennen Sie auch das Gegenmittel. Ich will es haben, sofort.«
»Sonst was?«
Altmann seufzte. »Sonst gar nichts. Ich hab mir nicht eine Stunde lang auf einem geklauten Motorrad den Arsch abgefroren, um Sie hier mit dem Tode zu bedrohen. Ich bin von meinen Auftraggebern aus dem Rennen genommen worden und stelle keine Gefahr mehr für Sie da. Allerdings«, er sah auf die Uhr, »kann ich mir nicht vorstellen, dass der Ersatz für mich nicht längst im Anmarsch ist.«
Wie um den Wahrheitsgehalt dieser bedrohlichen Prophezeiung zu beweisen, zerriss ein Schuss die Stille, die sich nach Altmanns letzten Worten im Bungalow ausgebreitet hatte.
Kurz darauf klingelte das Telefon in Noahs Hosentasche.
24. Kapitel
Manila, Philippinen
Noel schlief. Sein Atem ging so flach und unmerklich, dass sich Alicia alle zwei Minuten über den Fahrradkorb beugte, den Jay im Müll gefunden und zu einer provisorischen Wiege umgebaut hatte, um zu prüfen, ob der Säugling noch lebte. Noel lag darin auf einem Lager aus Zeitungen und Styropor und hatte seit Stunden weder geschrien noch die Ärmchen bewegt.
Er sieht so friedlich aus, dachte Alicia, wusste aber, dass das Licht sie täuschte.
Alles wirkt friedlich bei Kerzenschein.
Es war schon lange dunkel geworden, und es gab mal wieder keinen Strom. Ein weiterer Tag ging seinem trostlosen Ende zu.
So wie das Kind vor meinen Augen.
»… Es ist wahr. Alicia? Hey. Hast du mich
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