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Noah: Thriller (German Edition)

Noah: Thriller (German Edition)

Titel: Noah: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Seine Wut entflammte immer wieder neu.
    »Akin hat sich ein Schlauchboot gesucht, um auf den Kontinent zu fliehen, der sein Elend verschuldet hat. Er wird nicht weit kommen, denn immerhin wurden weitere hundert Millionen an Steuergeldern jährlich in Frontex investiert, eine Armee, die keine Sau kennt, weil man nicht so gerne darüber spricht, dass unsere europäischen Bündnispartner gegen die Nussschalen voller verzweifelter Elendsflüchtlinge mit hochgerüsteten Abfangschiffen, Kampfhubschraubern und Überwachungsflugzeugen vorgehen.«
    Zaphire nahm die Brille ab und tupfte sich mit einem Taschentuch etwas Schweiß von der Stirn.
    »Ein mit Nachtsichtkamera ausgestatteter Frontex-Hubschrauber beobachtet Akins Schlauchboot in diesem Moment, während ich zu Ihnen spreche. Die Soldaten haben in den letzten Tagen vier Menschen beim Sterben zugesehen und den Befehl gegeben, keine Hilfe zu holen.«
    Wütend setzte sich Zaphire seine Brille wieder auf.
    »Dank Frontex sind alleine im letzten Jahr siebzigtausend Flüchtlinge im Mittelmeer und Atlantik ersoffen. Und während die Leichen in den Wellen versinken oder die Frechheit besitzen, die Urlauber beim Bräunen zu stören, weil sie zu Dutzenden am Strand von Gran Canaria angespült werden, betanken wir unsere SUVs, fahren durch einen Drive-in und beißen in einen Hamburger, der uns fetter, kränker und dümmer macht. Und weil wir für ihn nicht mehr als einen Dollar ausgeben wollen, obwohl er, sämtliche Umweltschäden eingerechnet, hundertachtzig Euro kosten müsste, werden Jahr für Jahr neue Massenställe und Schlachthofanlagen genehmigt, die nicht nur für die Tiere, sondern für alle Menschen tödlich sind.«
    Applaus brandete auf, den Zaphire ungeduldig überbrüllte.
    »Ghana wollte sich übrigens wehren. Wollte die Importzölle auf eingeführtes EU-Fleisch anheben, damit die einheimischen Viehzüchter eine Chance haben zu überleben. Darauf drohte die Welthandelsorganisation, die WHO, die von vielen Idioten hier im Saal unterstützt wird, mit Sanktionen. Die Folge: Menschen wie Akin sind so verzweifelt, dass sie den Tod in Kauf nehmen, weil sie so oder so sterben: entweder zu Hause oder auf der Flucht. Dank feisten Drecksäcken wie Ihnen, meine Damen und Herren, die glauben, nur weil Sie einmal die Woche im Biomarkt einkaufen und hin und wieder die Spendenbörse aufschnüren, wäre alles im Lot.«
    Zaphire schlug mit der flachen Hand auf das Rednerpult.
    »Aber das ist es nicht. Nichts ist im Lot. Wenn Sie hier und heute Abend aufstehen und sagen: ›Ich mache es so wie du, Jonathan. Ich spende 95 Prozent meines gesamten Einkommens‹, dann könnte ich Ihnen womöglich bei einem Gespräch in die Augen sehen, ohne Ihnen gleich ins Gesicht zu spucken.«
    Er trank einen letzten Schluck Wasser und atmete tief durch. Jetzt war es Zeit, die Bombe platzen zu lassen.
    »Aber da ich nicht annehme, dass Sie Ihr Leben grundlegend verändern wollen, werde ich Ihnen nicht das Impfmittel gegen die Manila-Grippe zur Verfügung stellen.«
    Das Publikum benahm sich wie ein kleines Kind, das unerwartet stolpert. Es wurde ruhig, sah sich um und begann erst nach einer Schrecksekunde zu plärren.
    Der Satellitenstream auf der Leinwand war unterdessen Bildern aus der Intensivstation eines Krankenhauses gewichen. Sie waren noch verstörender als die von dem Boot auf dem Mittelmeer, weil sie dem Beobachter nicht erlaubten, eine Distanz zu dem Grauen aufzubauen. Ein Mann undefinierbaren Alters hustete Blut, während sein Körper von Krämpfen geschüttelt wurde. Ärzte betrachteten ihn hilflos durch eine Glasscheibe.
    »Erst Nasenbluten, dann Halsschmerzen. Was wie eine ungewöhnliche Erkältung beginnt, geht schnell in eine Lungenentzündung über, begleitet von Ganzkörperspasmen, die irgendwann das Gehirn erreichen. Bis zum heutigen Tag sind nach offiziellen Angaben zwölftausendachthundert Menschen infiziert, zweitausend von ihnen sind bereits an den Folgen der Manila-Grippe gestorben. Wenn Sie die Nachrichten verfolgt haben, wissen Sie, dass es Monate gedauert hat, ein wirksames Medikament zu entwickeln, auch weil wir alle so viel antibiotikaverseuchtes Fleisch gefressen und damit resistente Keime gezüchtet haben – aber hey, das waren uns die Chicken Wings doch wert, oder?«
    Zaphire lächelte angesichts der Dummheit der Menschen im Saal. Niemandem fiel auf, dass Antibiotika bei einer viralen Infektion eigentlich gar nicht wirksam waren. Natürlich wäre es korrekter gewesen,

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