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Noah: Thriller (German Edition)

Noah: Thriller (German Edition)

Titel: Noah: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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dem Springbrunnen mit dem Obelisken in der Mitte.
    »Und diese Henderson hat wirklich Adlon gesagt?«, hatte sich Oscar auf dem Weg mehrmals vergewissert. Die Abkürzung durch den Tiergarten war ebenso dunkel wie kalt gewesen. Unterwegs hatte Noah einen feuchten Fleck am Rucksack bemerkt. Toto hatte sein Geschäft verrichtet, und sie hatten den Rucksack notdürftig mit Schnee auswaschen müssen, bevor sie den Marsch fortsetzten.
    »Das ist eine Falle«, unkte Oscar. »Ich weiß nicht, welches Spiel die mit uns spielen, aber ich hab kein gutes Gefühl bei der Sache.«
    Eine Einschätzung, die Noah mittlerweile teilte.
    Er blickte hoch zu der von weißen Marmorgeländern eingefassten Beletage und hatte den Eindruck, im Atrium eines Luxusliners zu stehen. Merkwürdigerweise fühlte er sich hier noch mehr fehl am Platz als in Oscars Versteck unter den U-Bahn-Gleisen, und das lag nicht allein an seinem äußeren Erscheinungsbild.
    »Wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte der Portier, der sie eingeholt hatte. Dass der dürre Kerl in der mausgrauen Uniform mit dem albernen Zylinder auf dem Kopf ihnen tatsächlich helfen wollte, war weniger wahrscheinlich. Seinem gequälten Gesichtsausdruck nach hätte er sich mehr über einen Hundehaufen auf dem chinesischen Teppich unter ihren Füßen gefreut als über die beiden Penner in seiner Lobby.
    »Wir haben reserviert«, übernahm Oscar das Reden und griff sich eine Handvoll Käsehäppchen von dem Tablett eines jungen Kellners, der den Fehler gemacht hatte, einer Frau mit Nerzschal auszuweichen, und dadurch mit seinen Canapés in die Reichweite des Obdachlosen geraten war.
    »Reserviert?« Der Portier zog skeptisch die Augenbrauen hoch.
    »Auf den Namen Henderson.« Oscar hatte Mühe, mit vollem Mund zu reden. »Von der New York News .«
    »Das wird sich sicher klären lassen, solange die Herren draußen warten«, sagte der Portier und deutete mit dem Kinn zum Ausgang. »Wenn ich Sie bitten dürfte …« Er streckte den Arm aus, zögerte aber, die störenden Eindringlinge zu berühren, als sorgte er sich um seine weißen Handschuhe.
    Noah, der noch kein Wort gesagt hatte, knirschte mit den Zähnen und ertappte sich bei dem Gedanken, dass er am liebsten die Hand des Lackaffen gegriffen und sie einmal um hundertachtzig Grad verdreht hätte, so lange, bis der Portier vor ihm auf die Knie gesunken war; doch nicht die Vernunft, sondern eine Stimme in seinem Rücken hielt ihn davon ab.
    »Dr. Morten?«
    Ein kleiner, autoritär wirkender Mann bahnte sich seinen Weg durch eine Gruppe kichernder junger Frauen. Er trug einen perfekt sitzenden, vermutlich maßgeschneiderten Anzug mit rotem Anstecktuch. Erst als er nur noch zwei Schritte entfernt war, konnte man ein Namensschild erkennen. H. Vandenberg zählte offenbar zu den höheren Angestellten der Luxusherberge; jemand, der Uniform und Zylinder längst hinter sich gelassen hatte.
    »Dr. Morten, sind Sie das etwa?«
    Bevor Noah etwas sagen konnte, hatte Vandenberg bereits seine Hand ergriffen und schüttelte sie wie die eines totgeglaubten Freundes. Vandenberg sah aus, als wäre er mehrfach geliftet, seine Haut lag wie ein Latexhandschuh über den Schädelknochen, blaue Äderchen schimmerten durch die Oberfläche. Obwohl er beim Grinsen mehr Zähne zeigte als Julia Roberts, konnte man kaum eine Falte erkennen.
    »Es tut mir aufrichtig leid, ich hätte Sie um ein Haar nicht erkannt. Aber Sie haben sich ja auch vorzüglich getarnt, mein Lieber.«
    Während es Noah vor Verblüffung die Sprache verschlagen hatte, verfinsterte sich die Miene Vandenbergs, der sich zu dem Portier wandte. »Wieso befinden sich die Herrschaften nicht schon längst im Club?«
    »Ich, also, es tut mir leid, ich wusste nicht …«
    »Dr. Morten ist unser geschätzter Stammgast, er checkt wie immer im privaten Rezeptionsbereich ein«, lächelte Vandenberg, ohne dass seine stahlblauen Augen auch nur ein einziges Mal blinzelten. »Sie reisen diesmal nur mit leichtem Gepäck?«
    Er schnipste mit den Fingern und deutete auf Noahs Rucksack, doch der hob abwehrend die Hand. Eher würde er dem Portier die Hand brechen, als ihm Toto auszuhändigen.
    »Wenn Sie dann bitte mit mir kommen würden …«
    Vandenberg schlug geschickt eine Schneise durch die Abendgesellschaft und führte Noah und Oscar zu den Fahrstühlen auf der gegenüberliegenden Seite der Lobby. Der Portier warf Noah zum Abschied einen feindseligen Blick zu und verschwand mit schnellen Schritten in die

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