Noah: Thriller (German Edition)
die Anwesenden über die besondere bakterienähnliche Komponente des Manila-Erregers aufzuklären, aber wozu sich für diese Ignoranten die Mühe machen?
Während die Leinwand schwarz und das Licht im Saal wieder heller wurde, bat er um Ruhe für seine letzte, schwer verdauliche Botschaft des Tages: »Nun will ich Sie nicht nur mit schlechten Nachrichten in Ihr bedeutungsloses Leben entlassen. Die Produktion von ZetFlu läuft auf Hochtouren. Wie Sie vielleicht der Tagespresse entnommen haben, wirkt dieses Mittel nicht allein virostatisch. Das heißt, es hemmt nicht nur die Neubildung und Vermehrung der Manila-Grippe-Viren, sondern es eliminiert und inaktiviert zudem bereits die im Körper vorhandenen Erreger.«
Auf der Leinwand gab es einen Zeitsprung. Der Mann, der sich eben noch in Krämpfen gewunden hatte, saß jetzt auf der Bettkante. Er war noch von der Krankheit gezeichnet, aber es ging ihm immerhin so viel besser, dass er in die Kamera lächeln konnte.
»Wie gewohnt liefern wir den Wirkstoff zum Selbstkostenpreis an über tausend Worldsaver-Stützpunkte in Entwicklungsländern aus. Allerdings erreichen mich aktuell verstörende Nachrichten aus den Favelas von Recife und São Paulo sowie aus den Slums in Bangladesch, Manila, Kairo und anderen Megastädten. Wie es scheint, sperren die Militärs dort unter dem Vorwand der Quarantäne großflächig die Elendsquartiere ab, um die Slumbewohner von der Medikamentenausgabe auszuschließen. Die Reichen haben Angst, das Millionenheer der Armen könnte in die Städte marschieren und ihnen die wirksamen Tabletten wegnehmen.«
Unruhiges Gemurmel füllte den Saal. Beste Voraussetzungen, um die Bombe höchst wirkungsvoll platzen zu lassen.
»Aus diesem Grund überlege ich, die Produktionsströme umzulenken. Seit Wochen liefert Fairgreen die Medikamentenchargen in gleichberechtigt verteilten Mengen an Apotheken, Kliniken und niedergelassene Ärzte. Wegen der besseren Infrastruktur ist die ZetFlu-Versorgung in Europa und den USA natürlich sehr viel zuverlässiger. Ab übermorgen früh, acht Uhr, rechnen meine Controller mit einer Verteilkapazität von über 50 Prozent in der westlichen Welt. Und das, denke ich, sollten wir angesichts der skandalösen Vorfälle in Indien, Südostasien, Südamerika und Afrika sofort ändern.«
»Und wie?«, rief ein Mann mit heller Stimme in den Saal hinein.
»Das will ich Ihnen sagen. Indem ich die Laster und Flugzeuge umlenke und die ZetFlu-Auslieferung ab sofort ausschließlich für Entwicklungs- und Schwellenländer genehmige.«
Das Raunen wurde lauter. Missgestimmter. Die ersten Gäste standen auf und riefen etwas in den Saal hinein, das ohne Mikrophonverstärkung jedoch nicht bei Zaphire ankam.
»Wenn es mir möglich ist, werde ich auch bereits erfolgte Lieferungen rückgängig machen. Es wäre mir eine Freude, wenn es Ihnen genauso erginge wie den Slumbewohnern in Lupang Pangako. Dass Sie sich sterbeelend fühlen, Ihnen das Blut aus der Nase schießt, sie aber nicht an das helfende Medikament kommen. Dann würden Sie endlich lernen, dass man sich mit Geld eben doch nicht alles kaufen kann. Jedenfalls nicht meinen Wirkstoff. Aber ganz sicher mehr von dem Kotelett auf Ihrem Teller, langen Sie da ruhig zu. Vielleicht wirkt ja zufällig eine der Pillen, die das arme Schwein vor seinem Tod herunterwürgen musste. Ich wünsche Ihnen einen guten Appetit.«
Mit diesen Worten wollte Zaphire nach seinen Papieren greifen und vom Pult treten, doch ein lauter Knall hielt ihn davon ab. Es gab einen Schrei, der schnell von noch lauterem Kreischen übertönt wurde. Stühle kippten, Porzellan wurde mitsamt den Tischdecken zu Boden gezogen. Jemand rief um Hilfe.
Zaphire kniff die Augen zusammen und versuchte den Grund des plötzlichen Tumults zu begreifen, als er plötzlich von zwei kräftigen Händen gepackt und zu Boden gerissen wurde.
Cezet?
»Was ist los?«, wollte er seinen Bodyguard fragen, der ihn aus der Schusslinie zog.
Aber aus Zaphires Mund wollten keine Worte mehr kommen. Nur zähes, dickflüssiges Blut.
10. Kapitel
Celine legte ihre Handtasche zusammen mit ihrer Uhr und dem Handy in eine Plastikschale, stellte sie auf das Fließband des Röntgengeräts und passierte die Metalldetektoren. Die Sicherheitskontrollen im New-York-News -Gebäude waren schon immer sehr streng gewesen. Seit dem 11. September aber übertraf das Procedere selbst das der Passagierabfertigung vor Langstreckenflügen. Zuerst musste man seinen
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