Noah: Thriller (German Edition)
Im nächsten Moment kam ihr ein furchtbarer Gedanke.
Es sei denn, sie plant, mich mundtot zu machen.
»Ich will jetzt gehen«, sagte Celine und sprang auf.
»Und ich will eine Tankfüllung für 99 Cent. Leider erhört Gott lieber die Gebete der Mineralölindustrie, weswegen ich weiter mit der U-Bahn fahre und Sie noch eine Weile hier bei mir sitzen bleiben.«
Sie bedeutete Celine, sich wieder zu setzen.
»Wozu, was wollen Sie von mir?«
Celine sah zu der Rückwand des Getränkeautomaten und hatte mit einem Mal das Gefühl, als hätte sie einen Eiswürfel verschluckt. Kälte breitete sich in ihrem Inneren aus. »Was habe ich Ihnen getan?«
»Nichts, gar nichts. Aber Sie werden gleich etwas für mich tun.«
»Was?«
»Setzen Sie sich wieder.«
Celine überlegte kurz, ob sie sich auf die Fremde stürzen und ihr den Schlüssel (es musste doch einen geben?) abnehmen sollte, aber sie hatte keinerlei Erfahrung mit körperlichen Auseinandersetzungen. Also tat sie, wie ihr befohlen.
Wieder griff Amber in ihre Tasche, wieder zog sie einen Zettel hervor, diesmal einen wesentlich kleineren, und reichte ihn Celine. »Rufen Sie diese Nummer an.«
»Wer ist das?«
»Ihr Freund Noah.«
Celine ließ die Hand mit dem Zettel sinken.
Keine Berliner Vorwahl. Kevin hatte ihr vorhin eine ganz andere Telefonnummer gegeben.
»Das ist nicht die Nummer des Hotels.«
»Es ist sein Satellitentelefon.«
»Er hat ein Satellitentelefon?« Celines Augen weiteten sich vor Erstaunen. »Seit wann denn das? «
»Nun, ich will mich da nicht genau festlegen, aber ich denke, mindestens seit zwei Monaten, eher länger.«
»Moment mal … Sie wollen mir sagen, Sie wussten, wo er steckt? Die ganze Zeit schon? Sie hätten ihn jederzeit erreichen können?«
Amber nickte bei jeder Frage. »Theoretisch schon.«
»Aber dann …« Celine schüttelte ungläubig den Kopf. »Dann war alles ein großer Fake? Die Suche nach dem Maler, von Anfang an nichts als ein Schwindel?«
Der Versuch eines Lächelns tauchte wieder auf. Amber verzog die Mundwinkel. »Ja und nein. Wir kennen den Mann, der das Bild gemalt hat. Aber leider ist der Besitzer des Satellitentelefons in den letzten Wochen nicht mehr an sein Handy gegangen. Die Suchaktion war inszeniert, um Noah aus dem Versteck zu locken.«
Also doch. Ich hab es geahnt. Nicht in diesem Ausmaß, aber ich wusste, an der »1-Million-Vorschuss-Story« ist etwas faul.
»Woher wussten Sie, dass das funktioniert?«, fragte sie fassungslos.
»Wussten wir nicht. Wir wussten noch nicht einmal, wo wir Noah suchen mussten. Mit einer PR-Aktion dieser Größenordnung konnten wir aber sicher sein, dass die Meldung bis in die letzten Winkel der westlichen Welt getragen wird. Dass er sich trotz seiner Amnesie gemeldet hat, noch dazu aus Berlin, ist ein großes Glück.«
»Mein Gott.« Celines Hand fuhr erschrocken zu ihrem Mund. »Ist er ein Schläfer? Habe ich etwa dazu beigetragen, einen Terroristen zu aktivieren?«
Amber schüttelte den Kopf, weshalb Celine wieder ihr Parfum riechen konnte.
»Ich bin immer sehr für die Wahrheit, Mrs. Henderson. Aber wenn Ihnen all das bekannt wäre, was ich weiß, wären Sie so schockiert, dass Sie nicht mehr klar denken könnten, und ohne diese Fähigkeit wären Sie für mich wertlos. Lassen Sie mich jedoch eines klarstellen: Wenn wir Noah in den nächsten Stunden nicht aus dem Verkehr ziehen, ist ein Terroranschlag das Letzte, wovor Sie sich fürchten müssen.«
Aus dem Verkehr ziehen?
»Was soll ich ihm sagen?«
»Die Wahrheit.«
Amber machte keine theatralische Geste. Legte keine Waffe auf den Tisch und zog auch keine Spritze hervor. Weder lächelte sie, noch wurde ihr Blick starr und kalt. Und trotzdem spürte Celine, dass die Frau jedes ihrer Worte ernst meinte.
Todernst.
»Sagen Sie ihm, dass ich Sie töten werde, wenn er sich weiterhin vor uns versteckt.«
29. Kapitel
Er lebte. Aber es ging ihm nicht gut, wobei Totos schlechter Allgemeinzustand nichts mit dem Schusswechsel im Elektronikmarkt zu tun hatte. Die Kugel, die den Rucksack an der Seite zerrissen hatte, hatte den Welpen nicht einmal gestreift. Und dennoch wirkte das Tier dem Tode näher als dem Leben, hier unten in Oscars Versteck.
»Das ist nicht gut, gar nicht gut«, redete Oscar mit sich selbst, während er eine Jeans und einen Norwegerpulli aus einer Plastiktüte zog.
Noah kam es hier unten noch heißer vor als sonst, auch der Gestank nach Diesel und verbranntem Gummi schien ihm
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