Noahs Kuss - - ...Und plötzlich ist alles anders
noch mal aufzuwärmen. Noah folgt mir.
» Was ist los?«, frage ich. Ich habe Angst, dass er etwas gemerkt hat, dass er mich gleich wegen geistiger Untreue vor die Tür setzen wird.
» Ich muss dir was gestehen«, sagt er. » Jetzt mit dir den Film anzuschauen, das fällt mir wahnsinnig schwer.«
» Warum?«
» Das erste Mal, als ich… als ich bei Pitt war, da haben wir ihn nämlich zusammen geguckt.«
Ich blicke in sein gequältes, ernstes Gesicht. Und dann muss ich laut lachen. Nicht weil ich das alles so lustig finde (was es auf einer anderen Ebene natürlich ist). Sondern vor Erleichterung.
» Ich weiß genau, wie du dich gerade fühlst«, sage ich und erzähle kurz von Kyle ( ohne seinen Namen zu nennen und ohne die jüngsten Ereignisse zu erwähnen).
Der Abend ist gerettet.
Wir bleiben für den Rest des Films in der Küche. Noah zieht plötzlich irgendwo ein Pu-der-Bär-Kochbuch heraus, und wir beschließen, Zitronenschnitten zu backen.
» Ihr seid total verrückt«, sagt Claudia, als sie nach dem Film in die Küche kommt und wir dort mit Mehl und Puderzucker bestäubt herumhantieren.
» Danke für die Blumen«, sagt Noah, und ich mache einen Knicks. Dann verkündet Claudia, dass sie jetzt schlafen geht.
Vielleicht liegt es daran, dass Claudias Bett so gut wie direkt über unseren Köpfen steht, aber Noah und ich halten uns danach mit Liebesbeweisen zurück. Wir genießen zufällige Berührungen– wie unsere Körper sich ineinanderschmiegen, während wir gemeinsam die Zitronenschnitten aus dem Backofen ziehen; wie unsere Hände sich übereinander legen, als wir gleichzeitig den Schalter ausstellen wollen; wie unsere Arme sich aneinanderpressen, als wir nebeneinander die Schüsseln abspülen.
Seine Eltern sind noch nicht zu Hause, als es schließlich für mich Zeit ist. Müdigkeit hat sich in unser Gespräch geschlichen.
» Wir sehen uns vor der ersten Stunde«, sage ich und berühre sanft seine Haare.
» Ich werde da sein«, antwortet er, zerzaust mit den Fingern meine und gibt mir einen Abschiedskuss.
Draußen hole ich tief Luft und mache mich auf den Weg nach Hause. Kyle ist noch nicht aus meinen Gedanken verschwunden. Aber ich bin mir jetzt sicher, dass Noah in meinem Herzen den ersten Platz behaupten wird.
Ungesagtes
Als ich Noah am Montagmorgen wiedersehe, spüre ich, dass sich in mir, in ihm, zwischen uns beiden etwas verändert hat. Davor war alles Erwartung und Hoffnung. Jetzt ist alles Erwartung, Hoffnung und Nähe. Ich will ihm nahe sein– nicht aufgrund einer unbestimmten Sehnsucht, einer Ahnung, wie sich das vielleicht anfühlen könnte, sondern weil ich ihm schon nahe war und nicht möchte, dass es aufhört.
Wir reden über den Unterricht und lassen so vieles ungesagt. Ein Tanz der Zwischentöne, des Glücks, uns wiederzusehen. Aber auch ein klein wenig Angst und die Scheu, unsere Zuneigung für alle sichtbar werden zu lassen. Die Glocke zur ersten Stunde schrillt, und ich weiß nicht, wie wir uns jetzt verhalten sollen– ob wir es irgendwie hinkriegen werden, unsere neue Nähe auszudrücken, ohne zu einem dieser Pärchen zu werden, die den Tag nicht verstreichen lassen können, ohne aufdringlich in der Schule miteinander rumzuknutschen.
Noah findet darauf eine Antwort, ohne dass ich die Frage stellen musste. » Wir sehen uns nachher«, sagt er, und als er das sagt, streicht er mit seinem Finger kurz über mein Handgelenk. Eine Berührung wie ein sanfter Lufthauch, die mich zittern lässt, als hätte er mich geküsst.
Ich gehe in meinen Französischunterricht. Ich bin sehr, sehr glücklich.
» Schönes Wochenende gehabt?«, fragt Joni von hinten, kaum habe ich mich hingesetzt.
» Wunderschönes Wochenende«, antworte ich.
» Tut mir leid, dass ich dich nicht angerufen habe. Ich war mit Chuck zusammen.«
Na klar warst du mit Chuck zusammen.
Bevor sie noch mehr sagen kann, beginnt Ms Kaplansky mit der Konjugation der unregelmäßigen Verben. Wir setzen unsere Unterhaltung in zusammengefalteter Form fort, wie man es in der Schule eben so macht.
Chuck und ich waren auf der Driving Range. Ich wollte Minigolf spielen, aber er hat gesagt, das sei was für Schlappschwänze. Er hat mir beigebracht, wie man richtig zum Schlag ausholt. Nach einer Weile hat er mich seinen » Hauptgewinn« genannt. Dann hat er mich in ein echt tolles Restaurant ausgeführt und war total süß. Er hat versucht, für uns was mit Alkohol zu bestellen, aber die Bedienung hat nur kurz gelacht. Chuck hat
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