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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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nahm zu.
    Johann sagte vorsichtig: »Der alte Bursche fragt, ob Sie dreitausend akzeptieren würden.«
    Sir Williams Gesicht lief puterrot an. »Zehntausend in Gold!«
    Wieder ein Wortwechsel; dann trocknete sich Johann die Stirn. »Mein Gott, sie akzeptieren zehn, zahlbar in zwei Raten in Yokohama, die erste in zehn Tagen, der Rest am Tag vor dem Treffen in Edo.«
    Nach einer betont dramatischen Pause sagte Sir William: »Wenn es ihnen genehm ist, werde ich ihnen in drei Tagen meine Antwort geben.«
    Wieder eingesogener Atem, weitere geschickte Versuche, die drei Tage auf dreißig, auf zehn, auf acht auszudehnen, die jedoch alle ins Leere liefen. »Drei.«
    Höfliche Verneigungen, dann war die Delegation verschwunden.
    Sobald sie allein waren, strahlte Johann. »Zum erstenmal haben wir ein paar Fortschritte gemacht, Sir William, zum allererstenmal!«
    »Ja. Nun, wir werden sehen. Trotzdem, ich begreife die Leute nicht. Offensichtlich versuchten sie uns zu zermürben. Aber warum? Zu welchem Zweck? Sie hatten doch die Schriftrolle, warum zum Teufel haben sie sie mir nicht gleich überreicht, ohne diese ganze verdammte Zeitverschwendung? Ein Haufen beschissener Idioten! Und warum haben sie zwei leere Sänften geschickt?«
    »Mir scheint, Sir«, warf Phillip Tyrer strahlend ein, »daß das zu ihrem Charakter gehört. Hinterlistig zu sein.«
    »Mag sein. Nun, Tyrer, kommen Sie bitte mit.« Er ging voraus in sein Privatbüro und sagte, als sich die Tür hinter ihnen schloß, voll Zorn: »Hat man Ihnen im F.O. denn überhaupt nichts beigebracht? Sind Sie von allen guten Geistern verlassen? Haben Sie nicht genug Verstand, während einer diplomatischen Besprechung ein Pokergesicht zu machen? Sind Sie weich im Kopf?«
    Tyrer war völlig zerknirscht. »Es tut mir leid, Sir, furchtbar leid, Sir. Ich war nur so glücklich über unseren Sieg, daß ich…«
    »Es war kein Sieg, Sie Idiot! Es war nur wieder ein Aufschub, wenn auch allerdings vom Himmel geschickt!« Die Erleichterung darüber, daß die Verhandlungen beendet und wider Erwarten mehr bewirkt hatten, als man sich hätte wünschen können, war Öl aufs Feuer von Sir Williams Reizbarkeit. »Haben Sie Bohnen in den Ohren? Haben Sie nicht diesen Ausdruck ›offenbar gerechtfertigte Beschwerde‹ gehört – das ist das größte Loch, das sie je hätten lassen können, bei Gott! Wir haben einen Aufschub erreicht, mehr nicht, aber das paßt mir zufällig großartig ins Konzept, und wenn das Treffen in Edo in dreißig Tagen stattfindet, würde mich das überraschen. Das nächstemal lassen Sie sich Ihre Gefühle, verdammt noch mal, nicht anmerken, und wenn Sie jemals Dolmetscher werden wollen… sollten Sie besser sehr schnell Japanisch lernen, sonst fahren Sie mit dem nächsten Schiff nach Hause zurück, mit einer Bemerkung in Ihrem Personalbogen, die Ihnen bis an Ihr Lebensende einen Posten im Eskimoland sichert!«
    »Jawohl, Sir.«
    Noch immer schäumend sah Sir William, daß der junge Mann stoisch auf ihn herabstarrte, und fragte sich, was an ihm so anders war. Dann entdeckte er seine Augen.
    Wo habe ich diesen Blick schon einmal gesehen – diesen merkwürdigen Blick, den auch der junge Struan hatte? Ach ja, natürlich! In den Augen der jungen Soldaten, die von der Krim nach Hause kamen, der gesunden wie auch der verwundeten – Freund oder Feind. Der Krieg hatte ihnen die Jugend, die Unschuld mit einer so furchtbaren Plötzlichkeit geraubt, daß sie auf immer verändert waren. Und das zeigt sich nicht in den Gesichtern, sondern immer in ihren Augen. Wie oft hat man mir schon gesagt: vor der Schlacht ein Junge, wenige Minuten oder Stunden später ein Erwachsener, ob Brite, Russe, Deutscher, Franzose oder Türke.
    Ich bin der Idiot, nicht dieser junge Mann. Ich hatte vergessen, daß er kaum über Zwanzig, daß er innerhalb von sechs Tagen beinah ermordet worden ist und so viel Gewalttätigkeit erlebt hat, wie ein Mann nur erleben kann. Oder, bei Gott, eine Frau! Ganz recht, das junge Mädchen hatte diesen Ausdruck auch in den Augen. Dumm von mir, das nicht zu erkennen. Das arme Mädchen, ist sie nicht erst knapp achtzehn Jahre alt? Furchtbar, so schnell erwachsen zu werden. Ich habe großes Glück gehabt.
    »Nun, Mr. Tyrer«, sagte er barsch – und beneidete ihn darum, daß er die Feuertaufe so tapfer überstanden hatte –, »ich bin sicher, Sie werden’s schon schaffen. Diese Verhandlungen können, nun ja, selbst Hiobs Geduld auf die Probe stellen, eh? Ich denke, jetzt

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