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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Fähigkeiten auf ewig lähmen und unserem Auge die Schärfe nehmen. Bitte, wo ist Hiraga-san?«
    Noriko, die sie beobachtete, verbarg ihr Lächeln. »Katsumata, der große Sensei? Du hast bei ihm gelernt? Shorin hat uns erzählt, daß du mit Schwert, Messer und shuriken umgehen kannst. Ist das wahr?«
    Mit verblüffender Geschwindigkeit fuhr Sumomos Hand in ihren Obi, kam mit einem Shuriken heraus und schleuderte die kleine, rasiermesserscharfe, fünfschneidige Stahlscheibe quer durch den Raum, daß sie sich mit bösartigem Geräusch mitten in einen Pfosten biß. Dabei hatte sie sich kaum bewegt.
    »Bitte, wo ist Hiraga-san?« fragte sie sanft.

17
    Edo
    In jener Nacht führte Hiraga seine Gruppe beim Schein eines halben Mondes lautlos über den Palisadenzaun eines Daimyo-Palastes im zweiten Ring vor den Burgmauern und huschte durch die Gärten zum Hintereingang des Herrenhauses. Alle sechs Mann trugen die gleichen kurzen, schwarzen Nachtkampf-Kimonos ohne Rüstung, alle waren mit Schwertern, Dolchen und Garrotten bewaffnet. Alle waren Choshu-Ronin, die Hiraga für diesen Überfall dringend aus Kanagawa angefordert hatte.
    Das Herrenhaus war von einem weitläufigen Gelände mit Kasernen, Ställen und Dienerquartieren umgeben, in dem normalerweise fünfhundert Krieger sowie die Familie des Daimyo und seine Diener untergebracht waren, die nun aber unheimlich leer waren. Nur zwei verschlafene Wachtposten standen an der Hintertür. Doch diese Männer sahen die Angreifer zu spät, um noch Alarm zu schlagen, und starben lautlos. Dem einen zog Akimoto die Uniform aus, um sie selbst anzulegen; dann schleifte er die Leichen ins Gebüsch und kehrte zu den anderen auf der Veranda zurück. Sie warteten lauschend. Kein Warnruf ertönte, sonst hätten sie den Überfall abgebrochen.
    »Wenn wir uns zurückziehen müssen, macht das nichts«, hatte Hiraga gegen Abend erklärt, als die anderen in Edo eintrafen. »Es reicht, daß wir so dicht an die Burg herankommen konnten. Unser Ziel heute nacht ist Terror. Wir wollen Tod und Terror verbreiten, damit sie sehen, daß niemand und kein Ort vor uns und unseren Spionen sicher ist. Terror, möglichst schnell hinein und hinaus, ein Maximum an Überraschung und keine Verluste. Heute nacht haben wir eine einmalige Gelegenheit dazu.« Er lächelte. »Als Anjo und die Ältesten das sankin-kotai abschafften, haben sie dem Shōgunat das Grab geschaufelt.«
    »Stecken wir den Palast in Brand, Vetter?« erkundigte sich Akimoto erwartungsvoll.
    »Nach dem Mord.«
    »Und wer wird sterben?«
    »Alt, graues, schütteres Haar, dünn und klein, Utani, der roju- Älteste.«
    Allgemeines Atemanhalten. »Der Daimyo von Watasa?«
    »Ja. Nori Anjos Laufhund. Leider habe ich ihn nie gesehen. Jemand von euch?«
    »Ich glaube, ich würde ihn erkennen«, meldete sich ein Achtzehnjähriger mit einer schlimmen Narbe auf der einen Seite des Gesichts. »Dürr ist er, wie ein krankes Huhn, ich hab ihn einmal in Kyōto gesehen. Dann werden wir also heute nacht einen Ältesten über die Klinge springen lassen, einen Daimyo, eh? Gut!« Er grinste und kratzte sich die Narbe, Andenken an einen erfolglosen Choshu-Versuch, sich im letzten Frühling der Palasttore in Kyōto zu bemächtigen. »Nach heute nacht wird Utani nirgendwohin mehr fliehen. Er muß wahnsinnig sein, außerhalb der Mauern zu schlafen und es auch noch bekannt werden zu lassen! Und dazu noch ohne Wachen? Idiotisch!«
    Joun, siebzehn Jahre und immer vorsichtig, sagte; »Entschuldigen Sie, Hiraga-san, aber sind Sie sicher, daß dies nicht eine Falle ist? Yoshi wird Fuchs genannt, Anjo noch Schlimmeres. Auf unseren Kopf sind hohe Preise ausgesetzt, eh? Ich stimme meinem Bruder zu: Wie kann Utani so dumm sein?«
    »Weil er ein heimliches Stelldichein hat, ein sehr geheimes. Von Zeit zu Zeit ist er ein Päderast.«
    Alle starrten ihn verständnislos an. »Warum sollte er das geheimhalten?«
    »Weil der Knabe einer von Anjos Intimfreunden ist.«
    »So ka!« Jouns Augen glitzerten. »Dann würde ich das, glaube ich, auch geheimhalten. Aber warum sollte sich ein hübscher Knabe jemandem wie Utani hingeben, wenn er bereits einen mächtigen Gönner hat?«
    Hiraga zuckte die Achseln. »Geld, was sonst? Anjo ist ein Geizkragen, Utani großzügig – werden denn seine Bauern nicht am schwersten besteuert? Sind seine Schulden denn nicht Gebirge? Ist er nicht dafür bekannt, daß er Gold-Obans wie Reiskörner verbraucht? Anjo wird diese Erde, so oder so, bald verlassen.

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