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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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seinen Geist mystisch mit dem des jüngst verstorbenen Kaisers, seines Vaters, vereinigten, nicht mehr sterblich, sondern eine Gottheit, Hüter der Heiligen Symbole – der Scheibe, des Schwertes und des Spiegels.
    »Bitte, entschuldigen Sie«, sagte Yazu demütig, entsetzt über ihr Sakrileg. »Es tut mir leid, daß ich… Bitte, ersuchen Sie den Großkanzler, den Sohn des Himmels zu bitten, er möge mir einen Augenblick seiner Zeit schenken.«
    Jetzt erinnerte sich Yazu tränenüberströmt daran, daß sie viele Tage später vor dem Kaiser und der allgegenwärtigen Vielzahl seiner Höflinge mit tief gesenktem Kopf auf den Knien gelegen und ihn kaum erkannt hatte – es war das erstemal seit Monaten, daß sie ihn sah. Weinend hatte sie gebeten und gebettelt, immer in der erforderlichen Hofsprache, die von Außenseitern kaum verstanden wurde, bis sie erschöpft war: »Aber, Kaiserliche Hoheit, ich möchte nicht fort von Zuhause, ich möchte nicht in diese abstoßende Stadt Edo am anderen Ende der Welt, ich bitte Sie um Erlaubnis, daraufhinweisen zu dürfen, daß wir vom selben Blut sind, wir sind keine Emporkömmlinge und Kriegsherren wie die in Edo…« Am liebsten hätte sie geschrien: Wir stammen nicht von Bauern ab, die nicht korrekt reden, sich nicht korrekt kleiden, nicht korrekt essen, sich nicht korrekt verhalten, die nicht korrekt lesen oder schreiben können und nach daikung stinken – aber sie wagte es nicht. Statt dessen flehte sie: »Ich bitte Sie, lassen Sie mich in Ruhe.«
    »Erstens: Bitte geh und hör dir aufmerksam und ruhig, wie es einer Kaiserlichen Prinzessin geziemt, alles an, was der Großkanzler Wakura zu sagen hat.«
    »Ich gehorche. Kaiserliche Hoheit.«
    »Zweitens: Ich werde nicht dulden, daß dies gegen deinen Willen geschieht. Drittens: Komm am zehnten Tag wieder, dann werden wir uns noch einmal unterhalten. Und nun geh, Yazu-chan.« Es war das erste Mal in ihrem Leben, daß ihr Bruder ihr gegenüber diesen Diminutiv benutzte.
    Also hatte sie Wakura angehört.
    »Die Gründe sind kompliziert, Prinzessin.«
    »Ich bin an Komplikationen gewöhnt, Kanzler.«
    »Nun gut. Im Gegenzug zu der kaiserlichen Verlobung haben die Bakufu ihre Zustimmung zur endgültigen Vertreibung der Gai-Jin und zur Annullierung der Verträge gegeben.«
    »Aber Nori Anjo sagte, daß das unmöglich ist.«
    »Stimmt. Derzeit noch. Aber er hat sofort zugestimmt, mit der Modernisierung der Armee zu beginnen und eine starke Flotte zu bauen. In sieben, acht, vielleicht zehn Jahren werden wir, das hat er versprochen, stark genug sein, um unseren Willen durchzusetzen.«
    »Oder in zwanzig, fünfzig oder hundert Jahren! Die Toranaga-Shōgune sind historische Lügner, man kann ihnen nicht trauen. Seit Jahrhunderten halten sie den Kaiser gefangen und haben sein Erbe usurpiert. Man kann ihnen nicht trauen.«
    »Es tut mir leid, jetzt ist der Kaiser überzeugt, daß er ihnen trauen kann. Die Wahrheit ist, Prinzessin, daß wir keine weltliche Macht über sie haben.«
    »Dann wäre ich töricht, mich ihnen als Geisel anzubieten.«
    »Es tut mir leid, aber ich wollte hinzusetzen, daß Ihre Vermählung zu einer Versöhnung zwischen Kaiser und Shōgunat führen würde, die für die Ruhe im Staat wesentlich ist. Das Shōgunat würde dann auf den kaiserlichen Rat hören und die kaiserlichen Wünsche befolgen.«
    »Aber wie könnte meine Vermählung das herbeiführen?«
    »Würde der Hof durch Sie nicht in der Lage sein, einzugreifen, ja, sogar die Kontrolle über diesen jugendlichen Shōgun und seine Regierung zu übernehmen?«
    Ihr Interesse war geweckt. »Kontrolle? Zugunsten des Kaisers?«
    »Selbstverständlich. Wie könnte dieser Knabe – verglichen mit Ihnen, Hoheit, ist er ein Kind –, wie könnte dieser Knabe Geheimnisse vor Ihnen haben? Natürlich nicht. Mit Sicherheit erhofft sich der Erhabene, daß Sie, seine Schwester, als seine Vermittlerin fungieren. Als Gemahlin des Shōgun würden Sie von allem erfahren, und eine so bemerkenswerte Frau wie Sie könnte durch diesen Shōgun schon bald alle Fäden der Bakufu-Macht in den Händen halten. Seit dem dritten Toranaga-Shōgun hat es keinen starken Mann mehr gegeben. Wären Sie nicht am perfekten Platz, um die wirkliche Macht auszuüben?«
    Darüber hatte sie lange nachgedacht. »Anjo und das Shōgunat sind keine Toren. Sie werden auch diesen Schluß gezogen haben.«
    »Die kennen Sie nicht, Hoheit. Die glauben, Sie sind nichts als ein Schilfgras, das sie genauso nach Lust und

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