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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Laune biegen, formen und benutzen können wie den Knaben Nobusada. Warum hätten sie ihn sonst gewählt? Sie wollen diese Vermählung, ja, um ihr Prestige zu steigern und um den Hof und das Shōgunat einander anzunähern. Und Sie, ein junges Mädchen, wären natürlich eine willfährige Marionette, um den kaiserlichen Willen zu unterlaufen.«
    »Es tut mir leid, Sie verlangen zuviel von einer Frau. Ich möchte weder mein Heim verlassen noch meinen Prinzen aufgeben.«
    »Der Kaiser bittet Sie darum.«
    »Weil ihn das Shōgunat wieder einmal zwingt zu feilschen, obwohl sie ihm einfach gehorchen sollten«, entgegnete sie bitter.
    »Der Kaiser bittet Sie, ihm zu helfen, sie zum Gehorsam zu zwingen.«
    »Bitte, verzeihen Sie mir, aber ich kann nicht.«
    »Vor zwei Jahren, in dem schlimmen Jahr«, fuhr Wakura ebenso gemessenen Tones fort, »im Jahr der Hungersnot, dem Jahr, in dem Ii die Verträge unterzeichnete, forschten bestimmte Bakufu-Gelehrte in der Geschichte nach Fällen der Absetzung eines Kaisers.«
    Yazu hielt den Atem an. »Das würden sie niemals wagen – das nicht!«
    »Das Shōgunat ist das Shōgunat und im Augenblick allmächtig. Warum sollten sie nicht erwägen, ein Hindernis zu beseitigen? Hat er, nachdem sein wa zerstört war, nicht schon erwogen, zugunsten seines Sohnes Prinz Sachi abzudanken?«
    »Gerüchte!« fuhr sie auf. »Das kann nicht wahr sein!«
    »Ich glaube doch, Kaiserliche Prinzessin«, entgegnete er tiefernst. »Und nun, ganz ehrlich, läßt er Ihnen sagen: Würdest du mir bitte helfen?«
    Völlig außer sich, wußte sie dennoch: Was immer sie sagte, es würde stets auf dieses ›bitte‹ zurückgeführt werden. Nirgends ein Ausweg. Letzten Endes würde sie sich fügen oder Nonne werden müssen. Sie öffnete den Mund, um endgültig abzulehnen, tat es aber nicht. Irgend etwas schien in ihrem Kopf vorzugehen, und zum erstenmal begann sie völlig anders zu denken, nicht länger wie ein Kind, sondern wie eine Erwachsene, und diese Tatsache legte ihr die Antwort in den Mund. »Nun gut«, sagte sie, ihre Meinung für sich behaltend, »ich werde zustimmen – vorausgesetzt, daß ich in Edo so weiterleben kann wie im kaiserlichen Palast…«
    Dieses Gespräch hatte zum Schweigen dieser Nacht geführt, durchbrochen nur von ihrem Schluchzen.
    Yazu richtete sich im Bett auf und trocknete ihre Tränen. Lügner, dachte sie erbittert, alles haben sie mir versprochen, aber selbst damit haben sie mich betrogen. Ein leichtes Geräusch kam von Nobusada; er drehte sich im Schlaf um. Im Lampenschein, ohne den er nicht schlafen konnte, wirkte er noch knabenhafter als sonst, eher wie ein jüngerer Bruder denn wie ein Gemahl – so jung, so furchtbar jung. Freundlich und rücksichtsvoll hörte er stets auf sie, akzeptierte ihren Rat, hatte keine Geheimnisse vor ihr – alles genau, wie Wakura es ihr vorausgesagt hatte. Aber nicht zufriedenstellend.
    Mein geliebter Sugawara, nunmehr unmöglich – in diesem Leben.
    Ein Schauer überlief sie. Das Fenster stand offen. Gegen den Fenstersturz gelehnt, nahm sie kaum wahr, daß das Herrenhaus unten niedergebrannt und eine rauchende Ruine war, daß überall in der Stadt andere Feuer brannten und das Mondlicht auf dem Meer dahinter glänzte – daß der Wind Rauchgeruch herbeitrug und die Morgendämmerung den östlichen Himmel rötete.
    An ihrem heimlichen Entschluß hatte sich seit jenem Tag mit Wakura nichts geändert, und er galt noch immer: daß sie ihr Leben damit verbringen würde, das Shōgunat zu vernichten, das ihr Leben vernichtet hatte, und daß sie vor keinem Mittel zurückschrecken würde, um diesen Männern die Macht zu entreißen und sie dem Göttlichen zurückzugeben.
    Ich werde vernichten, was mich vernichtet hat, dachte sie, zu klug geworden, um es auch nur vor sich hinzuflüstern. Ich habe gefleht, nicht herkommen zu müssen, gefleht, diesen Knaben nicht heiraten zu müssen, und obwohl ich ihn mag, verabscheue ich diesen verhaßten Ort, verabscheue ich diese verhaßten Menschen.
    Ich will nach Hause! Ich werde nach Hause gehen. Das wird mir helfen, dieses Leben zu ertragen. Ganz gleich, was Yoshi tut oder sagt, was jeder andere tut oder sagt – wir werden diesen Staatsbesuch machen. Wir werden nach Hause gehen – und dort bleiben!
     
     

Z WEITES B UCH
     
     

18
    15. Oktober
    Zehn Tage später saß Phillip Tyrer in der strahlenden Mittagssonne an einem Schreibtisch auf der Veranda der Edo-Gesandtschaft. Mit Pinsel, Tinte und Wasser, umgeben von

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