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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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das ist wie ein Schachspiel, bei dem die Regeln ständig verändert werden, es ist faszinierend – wenn man sich erst mal an ihren Gestank gewöhnt hat.«
    »Heute abend hätten wir tun sollen, was ich tun wollte: ihn töten, die Leiche neben das Wachhaus werfen und sie die Schuld daran tragen lassen.« Gereizt rieb sich Ori mit der Rechten über die Stoppeln, die inzwischen den kahlen Schädel und das Gesicht bedeckten; die linke Schulter war noch immer verbunden, den verletzten Arm trug er in einer Schlinge. »Morgen werde ich mich glatt rasieren, dann fühle ich mich endlich wieder wie ein Samurai. Raiko hat einen Barbier, dem sie vertrauen kann. Aber rasiert oder nicht, Hiraga, diese erzwungene Untätigkeit macht mich noch wahnsinnig.«
    »Und deine Schulter?«
    »Die Wunde ist sauber. Sie juckt, aber es ist ein gutes Jucken.« Ori hob den Arm etwa zur Hälfte hoch. »Weiter geht’s noch nicht, aber ich trainiere täglich. Im Kampf ist er leider noch nicht zu gebrauchen. Karma. Aber dieser Gai-Jin Taira, wenn wir ihn getötet hätten, hätte es weder ein Risiko für uns noch für das Haus gegeben. Du sagtest doch, daß er immer so heimlich tut und bestimmt niemandem gesagt hat, daß er hier war.«
    »Ja, aber er könnte es doch getan haben, und das ist es, was ich nicht verstehe. Sie sind so unberechenbar. Ständig ändern sie ihre Meinung, sagen das eine und tun dann das Gegenteil, aber nicht aus Berechnung, nicht wie wir, ganz und gar nicht wie wir.«
    »Sonno-joi! Sein Tod hätte die Gai-Jin wahnsinnig gemacht. Wir sollten es tun, wenn er das nächstemal herkommt.«
    »Ja, aber erst später – im Augenblick ist er zu wertvoll. Er wird uns ihre Geheimnisse verraten, wie man sie demütigen, zu Hunderttausenden töten kann – nachdem wir sie dazu benutzt haben, die Bakufu zu demütigen und zu zerbrechen.« Wieder hatte Hiraga die Tasse geleert. Fujiko schenkte ihm lächelnd nach. »Sogar im Büro des Führers aller Engländer war ich, höchstens fünf Schritt von ihm entfernt. Ich bin im Zentrum der Gai-Jin-Behörden! Wenn ich nur ihre Sprache besser verstehen könnte!« Er war zu vorsichtig, um Ori das wahre Ausmaß seines Wissens anzuvertrauen oder wie er Tyrer überredet hatte, ihn hinauszuschmuggeln – vor allem nicht in Gegenwart dieses Mädchens.
    Während sie ihnen im Verlauf des Abends immer wieder die Tassen füllte, lächelnd, zuvorkommend, ohne sie zu unterbrechen, lauschte sie aufmerksam, hätte am liebsten hundert Fragen gestellt, war aber viel zu gut ausgebildet, um das zu tun. »Hört einfach zu, lächelt und tut so, als wärt ihr ein bißchen dumm, nichts als ein Spielzeug«, hatten die Mama-sans ihnen allen eingetrichtert, »dann werden sie euch schon bald freiwillig alles erzählen, was ihr wissen wollt. Hört zu, lächelt, paßt auf, schmeichelt ihnen und macht sie glücklich, denn nur dann sind sie großzügig. Vergeßt niemals, daß Glücklichmachen Gold ist, und das ist euer einziges Ziel und eure einzige Sicherheit.«
    »In Edo«, berichtete Hiraga, »war dieser Taira wirklich tapfer, heute dagegen ist er ein Feigling. Fujiko, wie ist er im Bett?«
    Hinter einem Lächeln verbarg sie ihr Erstaunen darüber, daß jemand so indiskret sein konnte. »Wie alle jungen Männer, Hiraga-san.«
    »Selbstverständlich, aber wie war er wirklich, eh? Wie ist es mit den Proportionen – großer Mann, großer Speer?«
    »Ah, tut mir leid.« Sie senkte den Blick und fuhr in bewußt demütigem Ton fort: »Aber die Damen der Weidenwelt haben Anweisung, niemals mit einem Kunden über einen anderen zu sprechen, egal, wer es ist.«
    »Gelten unsere Vorschriften auch für die Gai-Jin?« wollte Hiraga wissen.
    Ori lachte. »Aus der wirst du nichts rauskriegen, aus keiner von ihnen. Ich hab’s versucht. Dann kam Raiko-san und hat geschimpft, daß ich danach gefragt habe. ›Gai-Jin oder nicht, die uralten Yoshiwara-Regeln gelten‹, hat sie gesagt. ›Wir können im allgemeinen reden, aber über einen bestimmten Kunden – Baka-neh!‹ Sie war wirklich ziemlich wütend.«
    Beide Männer lachten, aber Fujiko sah, daß Hiragas Augen nicht lachten. Sie gab vor, es nicht zu bemerken, und fragte sich, wie sie ihm heute abend wohl zu Diensten sein müsse. Um ihn zu beruhigen, sagte sie: »Tut mir leid, Hiraga-san, aber ich habe nur wenig Erfahrung mit jungen, mit alten und mit den Männern in der Mitte. Aber die meisten erfahrenen Damen sagen, Größe ist keine Garantie für Befriedigung für ihn oder für sie,

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