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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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kommt. Du hast natürlich recht. Vielleicht haben mich die Gefahren, die dich umgeben, ein wenig zu nervös gemacht. Bitte, Sire, würdest du mir gestatten, mich zurückzuziehen?«
    »Gleich, ja. Zunächst aber…« Ein wenig besänftigt bedeutete er ihr, noch einmal Tee einzuschenken, während er es noch immer nicht fassen konnte, daß sie es wagte, ein derartiges Sakrileg auszusprechen.
    »Darf ich noch einen weiteren Gedanken erwähnen, Sire, bevor ich gehe?«
    »Ja. Vorausgesetzt, er ist nicht so dumm wie der letzte.«
    Sie hätte fast laut aufgelacht bei dieser Stichelei eines kleinen, schmollenden Knaben, die nicht einmal ihre äußerste Verteidigungslinie durchdrang. »Du sagtest so weise, Sire, das wichtigste und unmittelbarste Gai-Jin-Rätsel, das gelöst werden muß, sei die Frage, wie man ihre Flotte versenken oder ihre Kanonen von unseren Küsten fernhalten kann, neh?«
    »Ja.«
    »Kann man Kanonen auf Lastkähne montieren?«
    »Eh?« Durch diese ganz neue Wendung von Nobusada abgelenkt, runzelte er die Stirn. »Das könnte ich mir vorstellen. Warum?«
    »Wir könnten vielleicht die Holländer fragen; die würden uns helfen. Wir könnten vielleicht eine Verteidigungsflotte bauen, auch wenn sie schwerfällig ist, und die Kähne vor der Küste verankern – so weit draußen wie möglich in allen strategischen Zufahrten zu unseren wichtigsten Regionen, wie etwa die Shimonoseki-Meerenge, und die Eingänge zu all unseren Häfen befestigen. Zum Glück sind das ja nur sehr wenige, neh?«
    »Das wäre möglich«, gab er zu. Auf diesen Gedanken war er noch nicht gekommen. »Aber ich habe nicht genug Gold, um die entsprechenden Kanonen für unsere Küstenbatterien zu kaufen, geschweige denn, um eine solche Flotte zu bauen. Und nicht genügend Zeit, Kenntnisse und Reichtum, um eigene Waffenmeistereien und Rüstungsfabriken zu bauen – und nicht genügend Arbeiter.«
    »Ja, das ist richtig, Sire. Du bist so klug«, stimmte sie ihm zu. Dann holte sie tief Luft und sagte bedrückt: »Alle Daimyos sind verarmt und verschuldet – wir genauso wie die anderen.«
    »Eh? Die Ernte?« erkundigte er sich in scharfem Ton.
    »Es tut mir leid, daß ich schlechte Nachrichten bringen muß. Weniger als letztes Jahr.«
    »Wieviel weniger?«
    »Etwa ein Drittel.«
    »Das sind furchtbare Nachrichten. Und gerade jetzt, wo ich ein größeres Einkommen brauche!« Er ballte die Faust. »Die Bauern sind alle baka.«
    »Es tut mir leid, aber es ist nicht ihre Schuld, Yoshi-chan, der Regen ist nicht zur rechten Zeit gekommen – er kam zu spät oder zu früh, die Sonne ebenfalls. In diesem Jahr haben die Götter uns nicht gelacht.«
    »Es gibt keine Götter, Hisako-chan, aber es gibt Karma. Karma, daß es eine schlechte Ernte gibt; du wirst die Steuern dennoch erhöhen müssen.«
    In ihren Augen glitzerten Tränen. »In Kwanto wird es vor der nächsten Ernte eine Hungersnot geben, und wenn das bei uns geschieht, im reichsten Reisland von ganz Nippon, was wird dann aus den anderen?« Beide erinnerten sich an die Hungersnot vor vier Jahren. Tausende waren gestorben, Zehntausende an den unvermeidlichen Seuchen, die darauf folgten. Und in der Großen Hungersnot vor zwanzig Jahren hatte es Hunderttausende von Opfern gegeben. »Dies ist in der Tat ein Land der Tränen.«
    Er nickte zerstreut. Dann sagte er mit harter Stimme: »Du wirst die Steuern um ein Zehntel erhöhen, und alle Samurai werden ein Zehntel weniger bekommen. Sprich mit den Geldverleihern. Sie können unseren Kredit erhöhen. Das Geld wird für die Bewaffnung gebraucht.«
    »Selbstverständlich.« Dann setzte sie behutsam hinzu: »Es geht uns besser als den meisten, wir haben nur die Ernte des nächsten Jahres verpfändet.« Ihre Miene wurde verschlossen. »Vielleicht ist es an der Zeit, dem Rat den Vorschlag zu machen, daß wir den ›Zinssatz angleichen‹ könnten, wie es mein Urgroßvater getan hat.«
    Vor über sechzig Jahren hatte der Shōgun, der unter dem Gewicht der Schulden seines Vaters stöhnte und wie alle Daimyos die Ernte schon auf Jahre hinaus hoch beliehen hatte, angetrieben von der ständig wachsenden Arroganz und Verachtung für die Klasse der Kaufleute unvermittelt bestimmt, daß alle Schulden gestrichen werden und alle zukünftigen Ernten schuldenfrei sein sollten.
    In den zweieinhalb Jahrhunderten nach Sekigahara war diese extreme Maßnahme viermal ergriffen worden. Sie stürzte das ganze Land ins Chaos. Alle Klassen litten schwer, vor allem die Samurai. Es

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