Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
Vom Netzwerk:
stärker.

29
    Sonntag, 11. November
    »Illustrious Chen hat gesagt, daß ich dir alles erzählen soll, was für den Tai-Pan möglicherweise wichtig ist, Ältere Schwester«, begann Ah Soh verlegen. »Am vorletzten Abend hat beim Goldenen Schamhaar die Periode eingesetzt, und sie…«
    »Verstehe, deswegen ist sie zu Bett gegangen und wollte meinen Sohn nicht sehen«, fiel Ah Tok ihr ins Wort. Sie saßen in ihrem Zimmer am Ende des Korridors, wo sie vor fremden Ohren sicher waren. »Er war den ganzen Tag wie ein zahnendes Kind, und heute vormittag sogar noch schlimmer. Es wird Zeit, daß wir nach Hause zurückkehren.«
    »Ja. Aber hör zu: Sie sagt, daß es ihre Periode ist, aber ich kenne ihre Zeiten wie meine eigenen. Es ist nicht möglich. Normalerweise ist die Blutung, wie bei jeder jungen, zivilisierten Jungfrau, sehr pünktlich, obwohl…«, Ah Soh spielte nervös mit ihrem Kittel, »obwohl ihre letzte, wie mir gerade einfällt, nur sehr gering war, fast so, als sei sie ausgeblieben.«
    Die ältere Frau rülpste und benutzte einen Zahnstocher. »Daß sie ausbleibt oder gering ist, oder unregelmäßig, ist bei all der Sorge um die Verletzungen meines Sohnes und den widerlichen, mörderischen Barbaren, von denen wir hier umgeben sind, etwas Normales und nicht ungewöhnlich.«
    »Nicht normal aber war, daß ich gestern morgen, als ich ihr Tee und heißes Wasser zum Waschen bringen wollte, mehrmals laut anklopfen mußte, um sie zu wecken, aber sie wollte mich nicht ins Zimmer lassen, sondern schrie durch die geschlossene Tür mit ihrer vulgären Stimme unhöflich: ›Verschwinde!‹ Und dann…«, Ah Soh senkte dramatisch die Stimme, »wenige Minuten später kam Große Spitznase, dieser fremde Teufel der anderen Art, die von unseren fremden Teufeln Franzmänner genannt werden, und hat ganz leise angeklopft, so.« Sie klopfte dreimal, und dann ein viertes Mal. »Den hat sie sofort eingelassen.«
    Ah Tok machte große Augen. »Sofort? Ihn? Den Franzmann? Sie hat ihn eingelassen, dich aber nicht? Du hast ihn gesehen?«
    »Ja, aber er mich nicht.«
    »Ayeeyah! Das war klug. Erzähl weiter, Jüngere Schwester!« sagte Ah Tok, die inzwischen jedes Wort verschlang. »Weiter!«
    »Er blieb ein paar Minuten, und als er herauskam, trug er etwas, das in ein braunes Stück Seide gewickelt war. Wie ein Dieb in finsterer Nacht. Aber er hat mich nicht gesehen.« Wieder machte Ah Soh eine Pause; sie liebte es – wie alle Chinesen –, die Überbringerin von Klatsch und Geheimnissen zu sein. »Und auch nicht gemerkt, daß ich ihm gefolgt bin.«
    »Bei allen Göttern, groß und klein – das hast du getan?« Ah Tok füllte zwei Gläser mit dem Madeira, der so gut schmeckte. »Langes Leben, Ältere Schwester, möge dein Jadetor dir niemals Schwierigkeiten bereiten. Weiter, weiter!«
    »Er ging zum Strand, stieg in ein Ruderboot und ruderte aufs Meer hinaus. Nach einer Weile sah ich, daß er das Päckchen über Bord ins Wasser warf.«
    »Nein!«
    »Ja. Dann kam er zurückgerudert. Aber er hat mich nicht gesehen.«
    »Was könnte das gewesen sein?«
    Ah Soh beugte sich zu ihr hinüber. »Als Missee mich dann einließ, hab ich mich gründlich umgesehen. Ihr Bett und das Nachthemd waren naß von Schweiß, und sie sah aus, als hätte sie das Happy-Valley-Fieber. Ihre Handtücher waren naß, viel nasser als sonst. Sie befahl mir, alles aufzuräumen, ihr heißes Wasser zu bringen und niemanden einzulassen – nicht einmal den Tai-Pan. Sobald ich alles Notwendige erledigt hatte, kroch sie wieder ins Bett zurück und schlief.«
    »Das ist nicht merkwürdig. Merkwürdig ist Spitznase!« Ah Tok nickte weise. »Dies ist wie Eselsmist, außen glänzend, aber immer noch Mist. Eindeutig hat er etwas für sie beseitigt.«
    Ah Soh zögerte. »Dein Ehrenwerter Sohn – könnte es sein, daß er bei ihr gelegen hat?«
    Ah Tok kicherte. »Ich bin sicher, daß er’s versucht hat, aber Goldenes Schamhaar will seinen Einäugigen Mönch nicht ihr Tor aufbrechen lassen, obwohl sie es ihm bei jeder Gelegenheit vor die Nase hält. Ich habe gehört, wie er im Schlaf ihren Namen stöhnte, der Ärmste. Abscheulich! Wenn sie eine zivilisierte Person wäre, könnten wir den Preis aushandeln, und damit fertig.«
    Ah Soh sah zu, wie Ah Tok mit ihren Stäbchen nachdenklich ein Stückchen Fischkopf aufnahm, den Knochen abnagte und in ihre Schale spie. Dann schnitt sie eine Grimasse. »Und wie geht’s der Kaiserin heute?«
    »Gereizt, wie immer. Der Fluß geht weiter,

Weitere Kostenlose Bücher