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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Magen schien Feuer auszustrahlen. Gleich darauf war sie schweißüberströmt. Dann hörte das Schwitzen wieder auf, und sie blieb schlaff, klatschnaß und kaum atmend liegen.
    Und wartete. Wie schon zuvor – nichts. Nur eine gallenbittere, süßlichkranke Angst, die sie nach Stunden der Nervosität in einen unruhigen Schlaf gleiten ließ. Ihre Angst wuchs. »Madonna, bitte mach, daß es hilft, bitte mach, daß es hilft«, flüsterte sie unter Tränen.
    Wieder Warten. Immer noch nichts. Die Minuten vergingen.
    Dann, anders als zuvor, ein erschreckend anderer Krampf, unter dem sie sich krümmte. Und noch einer. Gerade noch erträglich. Weitere Krämpfe, immer noch erträglich. Die zweite Hälfte des Kräuteraufgusses fiel ihr ein; sie setzte sich auf und begann schluckweise zu trinken. Es schmeckte schlecht, aber längst nicht so schlimm wie das Zeug in den Flaschen. »Gott sei Dank brauche ich davon nichts mehr zu nehmen«, murmelte sie und trank noch einen Schluck. Und noch einen. Nach jedem Schluck einen Bissen Schokolade…
    Noch mehr Krämpfe, stärker jetzt. In einem sich steigernden Rhythmus. Keine Sorge, alles läuft gut, dachte sie, alles genau, wie André es gesagt hat. Wieder ein paar Schlucke und Krämpfe, dann war der letzte Tropfen getrunken. Der Honigtopf war nahezu leer, die letzte Schokolade gegessen, obwohl selbst diese süße Masse den gallebitteren Nachgeschmack nicht mehr zu kaschieren vermochte. Ein Luftzug von der Boudoirtür ließ die Flamme der Lampe auf ihrem Nachttisch flackern und die Schatten an den Wänden tanzen. Stoisch legte sie sich zurück und sah ihnen zu, während sie mit ihren Händen auf dem Bauch den messerscharfen Schmerz zu dämmen versuchte, verursacht vom Zusammenziehen und Lösen der Muskeln, die unter ihren Fingern immer härter und knotiger wurden.
    »Betrachte die Schatten, denk an was Gutes«, redete sie sich selbst gut zu. »Was siehst du?«
    Schiffe und Segel und die Dächer von Paris, und Brombeersträucher, und sieh doch, da ist die Guillotine, nein, nicht die Guillotine, sondern eine Laube aus Kletterrosen, ach ja, das ist unser Landhäuschen bei Versailles, wo wir im Frühling und Sommer aufgewachsen sind, mein Bruder und ich, die liebe Maman schon so lange tot, Vater wer weiß wohin verschwunden, Tante und Onkel, die uns lieben, aber kein Ersatz sind für die lieben…
    »Heilige Mutter Gottes!« keuchte sie, als der erste wirklich heftige Krampf ihren Leib durchschnitt; dann, beim nächsten, schrie sie auf, stopfte sich angstvoll die Bettdecke in den Mund, um die eigenen Schreie zu dämpfen, die aus ihr herausbrachen und die ganze Gesandtschaft aufgeschreckt hätten.
    Dann kam der Schüttelfrost. Eisnadeln in ihrem Bauch. Und wieder Krämpfe, zehnmal schlimmer als die schlimmsten Monatskrämpfe. Ihr Körper wehrte sich gegen die Pein, ihre Glieder zuckten im Takt mit den Wellen der Qual, die von ihren Lenden ausging und bis in ihren Kopf ausstrahlte. »Ich sterbe… ich sterbe«, stöhnte sie durch die Zähne, die in ihre Decke bissen und die Schreie dämpften, die darauf folgten, dann noch mehr Krämpfe und Schüttelfröste, und noch mehr, und noch mehr, dann hörten sie auf. Urplötzlich.
    Anfangs dachte sie wirklich, sie sei gestorben, dann konzentrierten sich ihre Sinne, und sie sah, daß das Zimmer aufgehört hatte, um sie zu kreisen, daß die Flamme der Lampe klein geworden war, aber noch brannte, und hörte das leise Ticken der Uhr. Die Zeiger standen auf fünf Uhr zweiundvierzig.
    Mühsam, völlig zerschlagen, richtete sie sich in ihrem Bett auf. Ein Blick in ihren Handspiegel entsetzte sie. Aschgraue Züge, strähnige, schweißnasse Haare, von der Medizin verfärbte Lippen. Sie spülte sich den Mund mit dem grünen Tee und spie ihn in den Nachttopf, den sie unters Bett zurückschob. Eisern entschlossen kämpfte sie sich aus ihrem verdreckten Nachthemd, benutzte ein feuchtes Handtuch, um sich so gut wie möglich Gesicht und Hals zu säubern, bürstete sich die Haare und legte sich, zwar erschöpft, aber nach all der Qual um so erleichterter zurück. Erst dann entdeckte sie den roten Fleck auf ihrem Nachthemd, das sie achtlos auf den fadenscheinigen Teppich geworfen hatte.
    Eine eilige Untersuchung ergab, daß sie blutete. Sie schob sich ein sauberes Handtuch zwischen die Beine und legte sich abermals erleichtert zurück. Vor Müdigkeit vermeinte sie in der Matratze zu versinken. Wärme verbreitete sich durch ihre erschöpften Glieder. Der Blutfluß wurde

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