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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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sein Blick über die Umgebung, das Tor und die Straße unten. Nichts. Noch einmal. Nichts. Dann ein Schimmern, mehr erahnt als gesehen. Sofort schob er die Türen auf und zischte das Codewort. Die sechs Männer sprangen auf und eilten ihm mit dem Schwert in der Hand nach, die wacklige Treppe hinab, durch den Küchentrakt und zur Hintertür hinaus. Dann in sorgfältig geplantem Rückzug über den Zaun und in den Nachbargarten, den nächsten, wieder über einen Zaun und in die Gasse, die Gasse entlang und blitzschnell in einen Durchgang zwischen den niedrigen Hütten. Am Ende dieser Sackgasse wandte er sich nach links und öffnete behutsam eine Tür. Der Speer des aufmerksamen Wachtpostens bedrohte seine Kehle: »Katsumata-san! Was ist geschehen?«
    »Irgend jemand hat uns verraten«, keuchte Katsumata; dann deutete er auf einen jungen Choshu, der ebenso mager und stahlhart war wie er, aber nur halb so alt, neunzehn. »Du schlägst einen Bogen, siehst dich um, dann kommst du zurück. Sieh zu, daß dich niemand bemerkt oder erwischt.«
    Der junge Mann verschwand. Die anderen folgten Katsumata durch den unsauberen Flur in die Hütte selbst. Da dieses Haus auf beiden Seiten unsichtbar mit anderen verbunden war, gab es drinnen viele Zimmer und weitere Shishi. Zwanzig, alle bewaffnet, die meisten Hauptleute. Eine von ihnen war Sumomo, Shorins Schwester und Hiragas Verlobte. Schweigend versammelten sie sich und erwarteten ihre Befehle.
    Während sie aus der Herberge flüchteten, gaben die Dienstboten nicht zu erkennen, ob sie die Shishi oder ihre überstürzte Flucht bemerkten, sondern setzten ihre Arbeit fort, als sei nichts geschehen. Alle jedoch erstarrten plötzlich, als wenige Sekunden später eine Ogama-Patrouille die Haustür aufbrach, durch alle Schlafzimmer stürmte und die Gäste, die Mädchen und die Mama-san aus dem Schlaf riß, während andere die Treppe hinaufsprangen, um die oberen Räume zu durchsuchen. Überraschte Angst- oder Protestschreie, lautes Kreischen von den Frauen, die sich jetzt in jenen vier Zimmern oben befanden, die vor wenigen Momenten noch die Shishi beherbergt hatten – auch das alles ein Teil von Katsumatas sorgfältig ausgearbeitetem Plan.
    Nun folgte ein lärmendes Durcheinander von Schreien und empörten Protesten der Mama-san, und so kräftig der wütende Ogama-Offizier auch fluchte und wissen wollte, wohin die Ronin-Gesetzlosen verschwunden waren, während er ein paar Diener ins Gesicht schlug – es nützte ihm nichts. Alle zitterten und beteuerten lautstark ihre Unschuld: »Ronin? In meinem ehrbaren, anständigen Haus? Niemals!« rief die Mama-san aufgebracht.
    Als die Patrouille dann abgezogen und sie alle in Sicherheit waren, fluchte die Mama-san, fluchten ihre Mädchen, fluchten die Dienstboten, und alle zusammen verfluchten den Spion, der sie verraten hatte.
    »Katsumata-san, wer war es?« fragte Takeda, ein untersetzter, fast halsloser Choshu von zwanzig Jahren – ein Verwandter von Hiraga –, dessen Herz von der waghalsigen Flucht noch immer hämmerte.
    Katsumata zuckte die Achseln. »Karma, wenn wir ihn finden, Karma, wenn nicht. Das beweist nur, was ich euch immer wieder einhämmere: Seid jederzeit auf Verrat, plötzliche Flucht, plötzliche Kämpfe gefaßt, vertraut weder Mann noch Frau, mit Ausnahme von Vollblut-Shishi und sonno-joi.«
    »Was ist mit Herrn Yoshi? Wann nehmen wir uns den vor?«
    »Sobald er sich außerhalb der Mauer befindet.« Die Nachricht von Yoshis Ankunft war in der Nacht eingetroffen, zu spät, um ihn noch abzufangen.
    »Aber, Sensei, wir haben Anhänger hinter der Mauer«, sagte Takeda. »Also wäre das doch der richtige Ort für einen Überfall auf ihn, weil er sich dort sicher fühlt und seine Aufmerksamkeit nachläßt.«
    »Yoshis Aufmerksamkeit läßt niemals nach. Vergeßt das nicht. Und was unsere Leute betrifft, die bei ihm und innerhalb seiner Mauern sind, so haben sie Befehl, sich still zu verhalten und in Deckung zu bleiben; ihre Informationen sind viel zu wertvoll, um sie aufs Spiel zu setzen. Denn für den unwahrscheinlichen Fall, daß Shōgun Nobusada unserem Hinterhalt entkommt, werden wir sie dort um so dringender brauchen.«
    Überall grimmiges Lächeln und Hände, die Waffen fester packten. Der Hinterhalt war für die Abenddämmerung geplant, in fünf Tagen, in Otsu, der letzten Zwischenstation vor Kyōto. Nur wenige Herbergen sowohl an der Nordroute als auch an der Tokaidō-Küstenstraße galten als passende Rastplätze für so

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