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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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seine Sturheit. Malcolm nickte, war aber trotzdem gekränkt. »Gute Fahrt, Captain.«
    »Danke, Sir. Und… und viel Glück, Mr. Struan, in allem. Und Ihnen auch, Jamie.« Als er zur Tür ging, erbrach Malcolm das erste Siegel der Posttasche, doch ehe der Kapitän den Türknopf berührte, öffnete sich die Tür, und Angélique stand da. Haube, marineblaues Kleid, Handschuhe und Sonnenschirm. Alle drei Männer hielten den Atem an, so strahlend sah sie aus.
    »O Verzeihung, chéri. Ich wußte nicht, daß du beschäftigt bist…«
    »Das ist schon in Ordnung, komm nur herein.« Malcolm war aufgestanden. »Darf ich dir Captain Sheeling von der Dancing Cloud vorstellen?«
    »Ach, M’sieur, was für ein herrliches Schiff, welches Glück Sie haben.«
    »Ja, ja, das habe ich, Miss. Danke«, sagte Sheeling und erwiderte ihr Lächeln. Bei Gott, dachte er, da er sie nie zuvor gesehen hatte, wer könnte Malcolm das verübeln? »Morgen, Miss.« Er salutierte und ging, obwohl er jetzt gern noch ein Weilchen geblieben wäre.
    »Tut mir so leid, daß ich störe, Malcolm, aber du sagtest, ich solle dich zum Lunch abholen, wir essen mit Sir William, und du hast doch nicht vergessen, daß André mir heute nachmittag eine Klavierstunde gibt und ich verabredet habe, daß um fünf unsere Daguerreotypie aufgenommen wird? Hallo, Jamie!«
    »Ein Bild von uns?«
    »Ja. Erinnerst du dich an den lustigen Italiener, der für eine Saison mit dem Postschiff aus Hongkong gekommen ist? Der macht sie, und er garantiert, daß wir sehr hübsch aussehen werden!«
    Der größte Teil von Malcolms Besorgnis war gewichen; er war von ihr betört, obwohl er sie erst vor einer Stunde gesehen hatte beim Kaffee in seiner Suite um elf Uhr, eine Gewohnheit, die sie eingeführt hatte und die er sehr genoß. In den letzten zwei oder drei Wochen war es ihm vorgekommen, als sei ihre liebende Zuwendung noch stärker erblüht, obwohl sie einen großen Teil ihrer Zeit mit Reiten, Bogenschießen, Klavierstunden, der Planung von Abendgesellschaften und dem Schreiben von Tagebuch und Briefen zubrachte – eine in ihren Kreisen übliche Lebensweise. Aber jeden Augenblick, den sie bei ihm verbrachte, war sie so aufmerksam und zärtlich, wie eine Frau nur sein konnte. Seine Liebe und sein Bedürfnis nach ihr wuchsen täglich und überwältigten ihn schier.
    »Lunch ist um eins, chérie, es ist erst kurz nach zwölf«, sagte er, und da er nicht wollte, daß sie ging, fügte er hinzu: »Gibst du uns noch ein paar Minuten?«
    »Natürlich.« In ihrer Anmut schien sie förmlich zu ihm zu tanzen; sie küßte ihn und eilte in ihre benachbarte Suite. Ihr Parfüm hing noch in der Luft wie ein kostbares Andenken.
    Seine Finger zitterten, als er das letzte Siegel brach. Die Tasche enthielt drei Briefe: zwei waren von seiner Mutter, einer für ihn, einer für Jamie. Der dritte Brief stammte von Gordon Chen, ihrem Comprador und seinem Onkel. »Hier«, sagte er und reichte Jamie dessen Brief. Sein Herz klopfte wild, und er wünschte sich, Sheeling wäre nicht gekommen. Die beiden an ihn gerichteten Briefe brannten in seinen Fingern.
    »Ich lasse Sie damit allein«, sagte Jamie.
    »Nein. Bei schlechten Nachrichten braucht man Gesellschaft.« Malcolm blickte auf. »Öffnen Sie Ihren.« Jamie gehorchte und las rasch. Sein Gesicht wurde rot.
    »Ist er privat, Jamie?«
    »Er lautet: ›Lieber Jamie‹ – das ist das erste Mal seit langer Zeit, daß sie mir so schreibt wie früher – ›Sie können dies meinem Sohn zeigen, wenn Sie möchten. Ich schicke Albert MacStruan aus unserem Kontor in Shanghai, sobald ich das arrangieren kann. Sie haben ihn zu Ihrem Stellvertreter zu machen und ihm alles Nötige über unsere gesamte japanische Operation mitzuteilen, damit er, falls nicht zwei Dinge passieren, reibungslos Ihren Posten übernehmen kann, wenn Sie Struan’s verlassen. Das erste ist, daß mein Sohn bis Weihnachten in Hongkong ist. Das zweite ist, daß Sie ihn begleiten.‹« Jamie starrte Malcolm hilflos an. »Das ist alles. Bloß noch eine Unterschrift.«
    »Das ist nicht alles«, sagte Malcolm. Sein Gesicht war heiß geworden. »Wenn Albert eintrifft, kann er gleich wieder zurückfahren, verdammt.«
    »Es schadet nichts, wenn er ein paar Tage bleibt und sich umschaut. Er ist ein netter Kerl.«
    »Mutter ist… ich hätte nie gedacht, daß sie so grausam sein könnte. Wenn ich nicht gehorche und Kotau mache, werden Sie gefeuert, nicht?« Malcolms Blick wanderte unruhig zu seiner Kommode.

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