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Noble House 02 - Gai-Jin

Noble House 02 - Gai-Jin

Titel: Noble House 02 - Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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dem Tai-Pan. Sei Chinese.
    Malcolm Struan starrte auf den Brief. Seine Zukunft war zerstört, alles war verändert. Also ist sie Tai-Pan! Mutter ist es! Wenn Onkel Gordon es sagt, dann ist es wahr! Sie hat mich um mein Geburtsrecht betrogen, das hat sie getan, das hat meine Mutter getan.
    Aber ist es nicht eigentlich das, was sie all die Jahre gewollt hat? Hat sie nicht immer geschmeichelt, gebettelt, gejammert und intrigiert, was auch immer nötig war, um Vater, mich und uns alle zu beherrschen? Ihre blödsinnige Kirche jeden Tag und sonntags viermal, und uns schleifte sie mit, obwohl einmal am Sonntag mehr als genug ist. Und das Trinken! »Trunkenheit ist abscheulich«, und dann den ganzen Tag die Bibel zitieren bis zum Wahnsinn, kein Spaß in unserem Leben, die Fastenzeit mußte peinlich genau eingehalten werden, das Fasten, das ewige Herumreiten auf der Tüchtigkeit von Dirk Struan, Gott verfluche ihn, und immer sagte sie, wie schrecklich es ist, daß er so jung gestorben ist – dabei hat sie nie erwähnt, daß er bei dem Taifun in den Armen seiner chinesischen Geliebten umkam – immer hat sie mir Vorträge gehalten über das Übel des Fleisches, Vaters Schwäche, den Tod meiner Schwester, meines Bruders und der Zwillinge…
    Plötzlich richtete er sich in seinem Lehnsessel hoch auf. Wahnsinn? Das ist es, dachte er. Könnte ich sie in ein Irrenhaus stecken? Vielleicht ist sie wahnsinnig. Würde Onkel Gordon mir helfen zu… Ayeeyah! Ich bin derjenige, der verrückt ist. Ich bin derjenige, der…
    »Malcolm! Es ist Lunchzeit.«
    Er blickte auf und hörte sich mit Angélique sprechen, ihr sagen, wie hübsch sie sei und ob es ihr etwas ausmachen würde, ohne ihn zu gehen, da er ein paar wichtige Dinge zu entscheiden und Briefe zu schreiben habe – nein, nichts, das mit ihr zu tun habe, wirklich nicht, nur ein paar Geschäftsprobleme –, und die ganze Zeit mahlten in seinem Kopf die Worte ›allein zurückkommen‹ und ›Kotau machen‹ und ›sie ist Tai-Pan‹. »Bitte, Angélique.«
    »Natürlich, wenn du das möchtest, aber bist du sicher, daß mit dir alles in Ordnung ist, mon cher? Du hast doch nicht etwa Fieber?«
    Er erlaubte ihr, seine Stirn zu befühlen, faßte nach ihrer Hand, zog sie auf seinen Schoß und küßte sie, und sie erwiderte seinen Kuß, lachte fröhlich, zog ihr Mieder glatt und sagte, sie werde nach ihrer Klavierstunde zurückkommen; er solle sich keine Sorgen machen, und für das Bild solle er Abendkleidung anlegen. »Oh, du wirst so beeindruckt sein von meinem neuen Ballkleid.«
    Dann war er wieder mit seinen Gedanken allein, und immer dieselben Worte drehten sich in seinem Kopf: ›allein zurückkommen‹, ›sie ist Tai-Pan‹. Wie konnte sie es wagen, den Auftrag für die Gewehre zu stornieren – was versteht sie von diesem Markt?
    Auf legale Weise Tai-Pan. Also beherrscht sie wirklich die Compagnie und mich. Ganz bestimmt, bis ich einundzwanzig bin, und für alle Zeit danach. Bis sie nicht mehr… bis…
    Aha. Ist das der Schlüssel? Ist es das, was Onkel Gordon meinte, als er schrieb: Sei Chinese? Wie ist man Chinese? Indem man einfach geduldig ist? Wie würde ein Chinese mit meinem ganzen Dilemma umgehen?
    Unmittelbar bevor er in seinen ganz besonderen Schlaf fiel, lächelte er.
    Da es Samstag und ein angenehmer Nachmittag war, hatte man auf dem Steilufer ein Fußballspiel arrangiert. Der größte Teil der Niederlassung sah zu, und zwar mit den üblichen Streitereien, wenn es ein Foul gab oder die eine oder andere Seite ein Tor schoß. Die erste Spielhälfte war noch nicht zu Ende, und es stand bei vier Toren für die Navy und fünf für die Army.
    Angélique, die mit Sir William und dem General an der Mittellinie saß, war umgeben vom Rest seiner Lunchgäste – Seratard, André und Phillip Tyrer –, die beschlossen hatten, ebenfalls zuzuschauen. Sie wurden umringt von britischen und französischen Offizieren, die um ihre Aufmerksamkeit buhlten, darunter Settry Pallidar und Marlowe. Jamie war in der Nähe. Als sie zu Malcolm zurückgeeilt war, um ihm mitzuteilen, daß sie ihre Klavierstunde abgesagt hatte – die ein weiterer Vorwand war, nicht bei ihm sitzen zu müssen –, und um ihn zu fragen, ob er mit zum Spiel kommen wolle, hatte er noch geschlafen. Also hatte sie Jamie gebeten, sie zu begleiten.
    »Ja, am besten läßt man ihn schlafen – ich hinterlasse ihm eine Nachricht«, hatte Jamie gesagt, dem jede Ablenkung von dem drohenden Desaster willkommen war. »Schade,

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